Der Prinzessinnenmörder
Hüttenbuchungen für das Wochenende. Und natürlich die Hüttenbesitzer selbst.«
»Willst du jeden einzelnen Gast oder Mieter danach abklopfen, ob er bei sich zu Hause blutige Klamotten hat?« Tina klang allein bei dem Gedanken daran gereizt.
»Natürlich nicht. Wir ermitteln zunächst mal alle Namen. Gleichzeitig werden wir bei den Internet-Buchhändlern und in den Buchläden des Landkreises checken, wer Literatur über die Rosenkreuzer gekauft hat. Dann machen wir einen Datenabgleich. Wenn ein Name auf beiden Listen auftaucht, wird die Sache interessant.«
Tina sah skeptisch drein.
»Ist ’ne Chance. Wenn’s nicht funktioniert, nehmen wir uns zunächst die Leute von den Hotel- und Hüttenbuchungen vor, die aus der Gegend sind. Aber das Ganze hat bis morgen Zeit. Wenn wir Glück haben, weiß ich bis dahin, wer Pia Eltwangers geheimnisvoller Freund ist.«
Als Wallner das Polizeigebäude verließ, war es bereits dunkel. Der Föhn zerrte immer noch an Ästen und Straßenlaternen und zerzauste Wallner das Haar. Der Wind kam von Süden über die Alpen. Von da, wo jetzt der Orion über den Bergen stand. Die Nacht war sternenklar. Direkt unter dem Gürtel des Orion musste der Spitzingsee liegen. Wallner stand auf dem nächtlichen Parkplatz und betrachtete seinen Wagen, dessen Schatten sich mit dem Licht einer schwankenden Laterne bewegte. Es war immer noch warm. Sicher zwölf Grad. Der seit Wochen festgebackene Schnee auf dem Asphalt begann zu tauen. Doch unter dem wässrigen Matsch lauerte blankes Eis, und Wallner tastete sich vorsichtig über den Parkplatz. Er hatte wenig Lust, nach Hause zu fahren. Wallner sah noch einmal zum Orion hinauf. Schließlich stieg er in seinen Wagen und nahm die Straße Richtung Hausham.
Nach zwei Kilometern bog er links ab zum Krankenhaus Agatharied. Er fragte an der Rezeption, ob Conny Polcke noch im gleichen Zimmer liege. Das wurde bestätigt. Doch auf dem Zimmer war nur eine sehr gebrechliche Dame, der man die Mandeln herausgenommen hatte und die von ihrer Tochter mit Eis gefüttert wurde. Das Mädchen sei irgendwo im Krankenhaus unterwegs, sagte die Tochter.
Er fand Conny Polcke im Aufenthaltsraum. Sie stand im Bademantel am Fenster und starrte in die Nacht hinaus. Als Wallner ins Zimmer kam, drehte sie sich um. Das Mädchen war blond mit kurzen, etwas strähnigen Haaren. Unverkennbar die Tochter ihrer Mutter. Sie hatte helle Haut mit ein paar Sommersprossen, die auch um diese Jahreszeit nicht verschwanden, volle Lippen, hellbraune Augen und etwas Burschikoses an sich. Wallner stellte sich vor. Das Mädchen nahm seinen Dienstausweis stumm zur Kenntnis.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Wallner.
»Nicht so gut.«
»Kann ich Ihnen Fragen stellen?«
Sie nickte.
»Pia Eltwanger hatte ihren Eltern gesagt, sie sei mit Ihnen übers Wochenende beim Skifahren. Wussten Sie davon?«
Conny Polcke überlegte eine Weile und bejahte schließlich die Frage.
»Warum haben Sie Ihre Mutter nicht eingeweiht? Es hätte doch sein können, dass Pias Eltern bei ihr anrufen.«
»Die haben nie angerufen.«
»Wo war Pia Eltwanger in Wirklichkeit?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie waren Pias beste Freundin. Sie haben sie doch bestimmt gefragt, was sie macht.«
»Ja, hab ich.«
»Und?«
»Sie wollte das Wochenende mit ihrem Freund verbringen.«
»Wer ist das?«
»Das weiß ich nicht. Das wusste niemand.«
»Nicht einmal Sie als ihre beste Freundin?«
»Nein. Sie wollte einfach nicht sagen, wer es ist. Ich hab sie immer wieder gefragt. Aber sie wäre eher gestorben, als es mir zu verraten.«
»Warum sollte niemand davon wissen?«
Conny Polcke hielt ihr Gesicht ganz dicht ans Fenster und versuchte, draußen in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Vor ihrem Mund bildete sich ein Fleck mit Kondenswasser auf der Scheibe. Schließlich wandte sie sich wieder Wallner zu.
»Pia hat gesagt, das wäre das Ende ihrer Liebe.«
»Warum sollte es das sein?«
»Das wollte sie nicht sagen.«
»Was vermuten Sie?«
Conny Polcke setzte sich auf eine der Plastikbänke und blickte ins Leere. Sie rang sichtlich mit den Tränen. Wallner sah, dass es besser war, ihr Zeit zu lassen.
»Soll ich Ihnen einen Kaffee holen? Oder einen Kakao oder Tee?«
»Einen Kakao bitte.«
Während Wallner zum Automaten ging, warf er immer wieder einen Blick zu Conny Polcke, die auf der Plastikbank saß, das Gesicht auf den Händen abgestützt, und ihren Gedanken nachhing. Wallner zapfte einen Kakao und brachte Conny Polcke
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