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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Lederjacke, Pferdeschwanz und selbstgedrehter Zigarette. Melanie bemerkte Wallner zunächst nicht. An der Bar saßen zwei junge Frauen von vielleicht dreißig Jahren, die ihrer Gestik und Mimik nach ein delikates Thema besprachen. Die eine hatte einen Nasenring, die andere ein schwarzes Halsband und darunter eine großzügige Oberweite. Wallner bekam mit halbem Ohr mit, dass der Nasenring die Oberweite aufforderte, ihrem (Nasenrings) Ehemann keine SMS-Nachrichten mehr zu schicken. Neben den Frauen war eine Lücke an der Theke. Auf der anderen Seite der Lücke saß ein etwa fünfzig Jahre alter Mann mit Sakko.
    Jemand rief: »He, Sherlock Holmes, hock dich her!« Wallner wandte den Blick zu einem dichtbesetzten Tisch, an dem Kreuthner Hof hielt. Kreuthner hatte sich als Entdecker der Leiche von heute Morgen zu erkennen gegeben und sofort Kultstatus erlangt. Die halbe Kundschaft des Kakadu saß um ihn herum und lauschte seinen Schauerberichten. Kreuthner wusste Dinge zu erzählen, die Wallner und allen anderen ermittelnden Beamten offenbar entgangen waren. Etwa, dass die Leiche auf das Abscheulichste verstümmelt war und sich bereits Würmer in ihren Augenhöhlen eingenistet hatten. Es war im Übrigen nicht Kreuthner gewesen, der Wallner aufgefordert hatte, sich dazuzusetzen, sondern ein Gast namens Seidlitz, der Wallner eher flüchtig als Angestellter der örtlichen Sparkasse bekannt war. Offenbar sah er sich jetzt, nach Wallners Prominentwerdung, berechtigt, den Kommissar zu duzen. Kreuthner hatte keine Lust auf Konkurrenz und kommentierte Seidlitzens Einladung an Wallner mit den Worten: »Der woaß doch nix. G’funden hab’s ich. Hier …«, Kreuthner deutete auf sich, »hier is erschte Hand!«. Wallner gab Kreuthner recht und ging an die Bar.
    Er setzte sich neben den Mann mit dem Sakko und versuchte, das erregte Gespräch der beiden jungen Frauen nicht mitanzuhören. Als Melanie Polcke Wallner sah, lächelte sie ihn an. Sie hatte einen schwarzen, dünnen Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt an und rotlackierte Fingernägel, die – vermutlich mit Rücksicht auf die Arbeit – nicht zu lang waren.
    »Sie haben Conny nach Hause gebracht?«
    »Hat sich das rumgesprochen?«
    »Sie hat mich angerufen. Vielen Dank. Das war sehr nett von Ihnen.«
    »Keine Ursache. Ich bin immer nett.«
    Melanie stützte sich mit beiden Händen auf dem Tresen auf und sah Wallner interessiert an.
    »Immer? Zu jedem?«
    »Nur zu den Guten. Die bösen Jungs, die … die müssen sich schon warm anziehen, wenn sie es mit mir … ach was, ich bin auch zu denen nett.«
    Sie lachte. Das erleichterte Wallner sehr. Er war um Lockerheit bemüht und hatte Angst zu verkrampfen. Da war es doppelt schwer, locker zu bleiben.
    »Was wollen Sie trinken?«
    »Ein Helles wär schön.«
    »Mach ich Ihnen«, sagte Melanie mit einem kurzen, aber tiefen Lächeln. Sie ging zum Zapfhahn. Wall-ner sah ihr nach und spielte mit dem Bierdeckel. Er blickte kurz nach rechts zu dem Mann mit Sakko. Der lächelte Wallner freundlich an und widmete sich dann dem Glas Wein, das vor ihm stand. Melanie kam mit dem Bier zurück und stellte es vor Wallner.
    »Und? Wissen Sie schon, wer es war?«
    »Nein. Aber wir sind dran.« Er ließ dem nichts folgen und bemühte sich, bedeutsam zu schweigen. Der Cop, der sein düsteres Dienstgeheimnis mit sich trägt, eine Last, die er mit niemandem teilen darf. Melanie nickte verständnisvoll. Er lächelte kurz und unverbindlich, mit einem Schuss Bedauern, dass er nicht mehr sagen durfte. Allerdings musste er jetzt irgendetwas anderes sagen. Sonst war das Gespräch beendet.
    »Ihre Tochter und Sie sehen sich sehr ähnlich. Man … man könnte Sie fast für Schwestern halten.« In dem Moment, in dem er es sagte, wurde ihm das Klischee bewusst. Standardanmache ohne jeden Anflug von Kreativität. Er würde schnell austrinken und verschwinden.
    »Das ist echt nett von Ihnen, dass Sie das sagen«, sagte Melanie Polcke. Sie strahlte dabei. Er gewann wieder Selbstvertrauen. Das hatte schon sein Großvater Manfred gesagt, dass man bei Komplimenten gar nicht übertreiben konnte.
    »Nein, wirklich. Wie ich Sie beim Reinkommen gesehen habe, dachte ich mir: He, die hast du doch gerade nach Hause gefahren.«
    Melanie lachte. Auch Wallner lachte. »Ich könnte Ihnen stundenlang zuhören. Aber ich muss mich um die anderen Gäste kümmern.«
    »Was machen Sie nach Dienstschluss?«
    Ihre Züge verdunkelten sich ein wenig. Sie lachte nicht mehr.
    »Ich

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