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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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heute wieder was passiert? Ich habe da nur was im Vorbeigehen aufgeschnappt.«
    »Gestern Abend. Es wurde eine zweite Mädchenleiche gefunden.«
    Der Pfarrer nickte nur. Dann bestellte er einen Wein bei dem Mädchen mit den zerrissenen Jeans. Eine Weile saßen die beiden Männer am Tresen, sagten nichts und ordneten Bierdeckel. Dann wandte sich der Pfarrer langsam, als habe er die ganze Zeit an dieser einen Frage gearbeitet, an Wallner.
    »Hassen Sie den Mörder?«
    Wallner musste überlegen. »Weiß nicht«, sagte er. »Glaube schon. Ich versuche, es nicht zu tun.«
    »Warum? Weil Sie Christ sind?«
    »Weil ich Polizist bin. Gefühle machen blind. Man muss es als Sport betrachten. Klingt zynisch. Ist aber so.«
    »Und wenn der Gegner sich unsportlich verhält?«
    »Sie meinen, wenn man sich ohnmächtig fühlt? Weil man den nächsten Mord nicht verhindern kann?«
    »Zum Beispiel.«
    »Ich würde dem Kerl gerne die Eingeweide rausreißen. Aber das darf nicht die Oberhand gewinnen. Warum fragen Sie?«
    »Ich hatte in der Seelsorge oft mit Inhaftierten zu tun. Manchmal denkt man sich, es ist besser, man weiß nicht, was sie getan haben. Dann wieder denkt man … egal. Ich hab mich vorher immer erkundigt. Ich will wissen, wer mir gegenübersitzt.«
    »Warum? Menschen ändern sich.«
    »Ja. Aber sie haben auch eine Geschichte. Wer mir heute sagt, das damals, das war ich nicht. Das war ein anderer Mensch, der mir heute so fremd ist wie Ihnen – kann sein. Aber der Mensch hat nun mal eine Vergangenheit. Er besteht nicht nur aus dem netten Kerl, der er vielleicht heute ist. Er besteht genauso aus dem Kindermörder, der er mal war. Das muss man sich halt vorher überlegen.«
    »Interessante Ansichten für einen Menschen, dessen Beruf die Vergebung ist.«
    »Im Gegensatz zu den katholischen Kollegen muss ich ja nicht vergeben. Und, bei aller Sympathie für den Katholizismus und die Ohrenbeichte: Ich schlage drei Kreuze, dass ich mir den ganzen Dreck nicht anhören muss. Für Vergebung bin ich im Übrigen auch. Dass wir uns nicht missverstehen. Aber das kann nicht bedeuten, dass dem Sünder hinterher Erleichterung zuteil wird, als wäre nie etwas geschehen.«
    »Interessant.« Wallner suchte im Gesicht des Pfarrers nach einer Antwort auf noch ungestellte Fragen, fand sie aber nicht. »Also sagen wir, da sitzt ein Kinderschänder vor Ihnen. Und der bereut von ganzem Herzen. Und er sagt Ihnen, wie er unter seinen Verbrechen leidet. Was erzählen Sie dem?«
    »Dass er weiter leiden soll, weil er es verdient hat.«
    »Sie sind, mir scheint’s, ein sehr unorthodoxer Pfarrer.«
    »Ehrlich gesagt, bin ich ein ganz beschissener Pfarrer. Cheers!«
    Er hob sein Weinglas und nahm einen Schluck. Wallner nickte dem Pfarrer mit dem Glühwein in der Hand zu, eine männliche Geste von unbestimmter Bedeutung, irgendwo im Graubereich von »Verstehe« und »Ja, Mann, die Welt ist echt hart«. Nachdem man eine weitere Minute männlich geschwiegen hatte, nahm Wallner die Konversation wieder auf.
    »Was ist eigentlich aus dem Skifahrer geworden?«
    Der Pfarrer sah Wallner irritiert an. Offenbar konnte er mit der Frage nichts anfangen.
    »Der Mann, der seine Tochter bei einem Skiunfall verloren hatte. Sie wollten mir bei Gelegenheit erzählen, wie das mit dem weitergegangen ist.«
    »Ach der …«, sagte der Pfarrer und nickte gedankenversunken vor sich hin. »Ja, der war zu mir gekommen und wollte beichten. Eigentlich mehr jemanden beschimpfen. Hatte ich, glaub ich, schon erzählt.«
    »Ja. Und dass Sie das nicht so gestört hat. Weil Sie konnten das irgendwie verstehen. So weit waren wir gekommen.«
    »Er … er hat dann sehr abgebaut. Mental, verstehen Sie.«
    »Inwiefern?«
    »Der Mann hatte eine Versicherungsagentur. Nennen wir ihn Müller, damit er einen Namen hat. Na, jedenfalls hatte er eine Versicherungsagentur. Und da sollte man zuhören können. Die Leute erzählen einem ja ihr halbes Leben, bevor sie eine Hausratversicherung abschließen. Es fing mit einem Zimmerbrand bei der Exfrau von Steuerberater Eves an. Dabei kam auch ein Teppich zu Schaden. Der Teppich war mehr als zur Hälfte verkohlt. Und er war nicht nur antik, sondern auch eine Erinnerung an den Vater von Frau Eves, der den Teppich Mitte der sechziger Jahre aus Afghanistan mitgebracht hatte. Das hat sie wohl auch Müller erzählt und dabei ein bisschen geweint. Also über den Verlust des Teppichs und wegen der Erinnerung an ihren verstorbenen Vater. Daraufhin soll Müller

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