Der Privatdozent
zurück. Dann reißt er mich ohne Vorwarnung an sich heran und küsst mich noch mal. Kurz bevor der Lift unten ankommt, gibt mich Marco frei, ordnet seine Anziehsachen und guckt wieder so, als wäre nichts passiert.
„Wann …”, fange ich an, doch die Türen gleiten auseinander und ein paar Studenten warten schon darauf, den Aufzug zu entern.
„Kommen Sie in meine Sprechstunde nächste Woche!”, ruft mir Marco Kehlmann zu, als er davoneilt. Verdattert bleibe ich im Lift stehen. Ich realisiere erst, dass mein neuer Liebhaber mich gerade hat stehen lassen, als der Aufzug mit einer Meute von Studenten wieder hochfährt.
Als ich nach gut fünf Minuten wieder im Erdgeschoss bin, habe ich immer noch das Kühlpad in den Händen. Okay, dann will ich der blöden Breuer mal die Freude machen …
„Jahaa!”, quäkt sie als Antwort auf mein Klopfen. Ich betrete das Büro und lege ihr das Gelkissen auf den Empfangstresen.
„Sie!”, schreit sie sofort und springt auf. „Was fällt Ihnen eigentlich ein?”
„Viel”, sage ich knapp. „Hier ist Ihr Kühlpad, ich denke, in den letzten zwei Stunden wird das keiner vermisst haben, oder?”
Die Breuer glotzt mich an, als ob ich ihr ins Gesicht geschlagen hätte. Bevor sie aber was sagen kann, drehe ich mich einfach um und gehe.
„Unverschämtheit!”, höre ich sie noch quieken.
Als ich das Gebäude verlasse, schlägt mir die geballte Hitze der Mittagssonne entgegen. Ich beginne augenblicklich zu schwitzen. Na wenigstens klebe ich dann überall und nicht nur zwischen den Beinen.
„Hey!”, höre ich da plötzlich eine Stimme neben mir. „Wo warst du denn?”
Mara! Die habe ich natürlich total vergessen! „Ich, ähm … Verdammt – ich hab dich vergessen”, gebe ich zu.
Sie sieht mich ein wenig prüfend an. „Du hättest mir aber schon gesagt, wenn du keinen Bock hast, oder?”
„Klar – also, tut mir echt leid, ich hatte gerade …” Ein Sexdate mit dem Kehlmann? „… ein ziemlich seltsames Gespräch mit – meinem Dozenten.”
Sie runzelt die Stirn. „Ja, kann ich mir denken, aber das hat doch nicht bis gerade gedauert …”
„Nein”, wehre ich schnell ab, „nicht mit dem Kehlmann, also – mit ’nem anderen, weil …”
„Egal”, sagt Mara, „ich hab mir schon ein Eis gegönnt. Also, dann bis nächste Woche – vielleicht.”
„Hey, warte doch mal!” Ich halte sie zurück. „Ich habe dich wirklich nicht absichtlich versetzt!”
Sie seufzt. „Du machst es einem Mädchen nicht gern leicht, was?”
„Hmm, eigentlich schon”, antworte ich mit einem Grinsen, „die meisten wissen es zu schätzen, wenn Sie mit mir über Jungs quatschen können.”
Mara lacht. Dann sickert so langsam durch, was meine Anspielung zu bedeuten hat. Ihr Lächeln verschwindet. „Bist du schwul?”
Ich hebe die Schultern. „Tut mir leid …”
Sie sieht mich noch einen Moment an. Ihre wasserblauen Augen schauen plötzlich irgendwie traurig aus. Offenbar ist Marco nicht der einzige, der sich Hoffnungen gemacht hat. Komisch, dabei bin ich gar nicht der Typ, auf den alle stehen.
„Hör auf so blöde Scherze zu machen!”, sagt sie schließlich und boxt mir auf den Arm. „Natürlich ist das kein Grund, sich zu entschuldigen!”
„Aah”, zische ich, als ihre Faust auf meinem Oberarm landet.
Stirnrunzelnd guckt sie mich an. „So fest war das aber nicht …”
„Ich weiß”, sage ich. Mir fällt die Schlägerei mit Marco wieder ein. Er hat mich einmal gut getroffen. Bestimmt habe ich schon einen ordentlichen Bluterguss auf dem Arm. „Hab mich gestoßen.”
Wieder durchbohrt mich ihr misstrauischer Blick. „Du lässt dir gern Geschichten einfallen, was?”
„Wieso?”
„Na, weil dein T-Shirt vom Stoßen kaputt gegangen ist …”
Ich werde rot. Nein, das Stoßen kam erst später. „Ich – ähm …”
Mara lacht. „Du musst nicht alles erklären. Ist schon gut.”
Einen Moment lang weiß ich nicht, was ich sagen soll.
„Ich habe dich übrigens auch angelogen. Ich habe noch kein Eis gegessen …”, sagt Mara schließlich.
„Okay, aber du willst eins?” Ich bin froh, dass wir wieder auf eine weniger unangenehme Ebene zurückkehren.
„Wenn du auch eins willst …”
„Hab gehört, dass es im Kiosk total ekelhafte Wassereissorten gibt. Klingt verlockend, oder?”
„Unbedingt!” Mara grinst und nimmt mich an die Hand. „Und irgendwie habe ich mir das ja schon gedacht, mit den Jungs.”
„So?”
„Du bist nicht der Erste
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