Der Privatdozent
zurück, als ich mich wieder beruhigt habe.
„Nee”, gibt er trocken zurück. „Nur von durchgeknallten Schwuppen.” Er grinst mich breit an.
Mein Lächeln missglückt aber. Was nimmt das denn jetzt für eine seltsame Richtung?
„Hast du irgendein Problem?” Ich gebe mir Mühe, dass meine Stimme ganz ruhig klingt.
„Du bist schwul!” Lukas sieht mich prüfend an.
„Und?”, frage ich.
Er blinzelt kurz, weil er wohl nicht mit einer Zustimmung gerechnet hat.
„Du hast mich unter der Dusche angeglotzt”, sagt er dann vorwurfsvoll.
„Okay, ich hab dich angeglotzt, dafür hast du mich dann auch angeglotzt, jetzt fühlst du dich von mir bedroht und ich fühl mich dafür von dir verarscht und beide wollen wir uns jetzt eins in die Fresse schlagen, aber keiner weiß, ob er anfangen soll … Können wir den Teil nicht überspringen und wieder ganz normal sein?”
Lukas guckt mich total perplex an. „Hä?”, macht er und schüttelt den Kopf.
„Gut, damit sind wir dann zur Normalität zurückgekehrt.” Ich klopfe ihm auf die Schulter und lasse den armen Jungen einfach stehen. Mann-Mann-Mann, was für ein Tag!
In meinem Zimmer lasse ich das Handtuch fallen und krame in meiner Wäsche nach einer guten Shorts. Da geht hinter mir die Tür auf. Ich drehe mich um und sehe Lukas, der mich wütend und irritiert anschaut.
„Was war das denn eben?”, fragt er.
„Meinst du deine Beleidigung oder meine Deeskalation?”
„Beleidigung?” Jetzt kommt er auf mich zu. „Hab ich dich beleidigt?”
„Oder findest du durchgeknallte Schwuppe besonders nett?”
„Hey, das hab ich doch nicht … also – ich wollte …”
„Kein Problem”, helfe ich.
„Du bist wirklich schwul!”, stellt Lukas schließlich einigermaßen anerkennend fest. „Marek hat ja mal so was vermutet, aber …”
„Aber?”
„Ich hab dich verteidigt!”
Ich muss lachen. „Deswegen müssen Menschen verteidigt werden?”
„Na ja, ich hab gedacht, du bist nicht – so rum, weißt du?”
„Schon klar!”
„Aber okay, wenn du dazu stehst, dann ist es wohl in Ordnung.”
„Danke”, sage ich mit sarkastischer Betonung.
„Wir sind aber nicht schwul, okay?”
Langsam wird es nervig. „Und wenn, dann ist es mir auch egal.”
„Sind wir aber nicht.”
„Na, dann gratuliere ich.”
„Jetzt sei nicht so arschig!”
„Aber du tust gerade so, als hätte sich jetzt die ganze Welt verändert!” Ich schnaube. „Es hat sich gar nichts verändert! Ich war letztes Semester schon schwul und da sind wir ja wohl auch miteinander ausgekommen, oder?”
Lukas druckst herum. „Klar”, sagt er schließlich, „aber sag Marek nichts davon, geht das?”
„Ich werd’s ihm nicht auf die Nase binden, aber wenn er fragt, mach ich bestimmt nicht auf Hetenmacho!”
Lukas sieht irgendwie unsicher aus und ängstlich. Aber er nickt.
„Und jetzt kannst du wieder in dein Zimmer gehen, ich will mich anziehen.”
Erst in diesem Moment scheint Lukas zu bemerken, dass ich schon die ganze Zeit über nackt vor meinem Kleiderschrank stehe. „Sorry, Mann”, murrt er, aber seine Augen streifen noch ein paar Sekunden über meinen Körper. Dann schiebt er endlich ab.
Seufzend lasse ich mich in meinen Kuschelsessel fallen. Wofür will ich mich eigentlich anziehen? Ich bleib jetzt eh zu Hause. Und mein Zimmer verlasse ich heute besser nicht noch mal. Wer weiß, am Ende treffe ich noch die Queen, die mir beichtet, dass sie heimlich in Obamas Frau verliebt ist …
Dann klopft es. Lukas ruft von draußen: „Bist du jetzt angezogen?”
Ich rolle mit den Augen. „Nein!”, brülle ich zurück.
Trotzdem öffnet sich die Tür wieder und Lukas schaut herein. „Ich muss mit dir reden …”
„Verdammte Scheiße!”, schreie ich und springe aus dem Sessel. „Wenn du reden musst, dann komm rein, ich bin bereit!” Mit einem Ruck reiße ich mir die erstbeste Shorts über die Beine, die ich finden kann. „Und jetzt bin ich auch nicht mehr nackt, wir können wirklich über alles reden!”
Lukas glotzt mich mit großen Augen an.
„Was?”, blaffe ich ihn an.
„Ich hab dich wütend gemacht”, sagt er fassungslos.
„Jo, wär’s das?”
Einen Moment starren wir uns schweigend an. Dann muss ich lachen, weil ich mich eigentlich völlig grundlos wie ein Tier aufführe.
Lukas lächelt unsicher. „Ich hab dich noch nie sauer erlebt.”
„Dann bete, dass es nie dazu kommt”, antworte ich und fahre mich wieder herunter. „Was willst du
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