Der Problemmann (German Edition)
Dates schon längst abgehakt sein können. Drei Verabredungen hatte er kurzfristig wieder abgesagt, da er zu viel zu tun gehabt hätte. Sie war so gierig auf ihn, dass sie ihm alles glaubte. Ihr Verstand war ebenso vernebelt, wie der Ausblick aus ihrem Fenster.
Um 21 Uhr saß Anna noch immer allein in ihrem Wohnzimmer und stierte auf ihr Handy. Sicher war er in einem wichtigen Kundengespräch und konnte sie nicht anrufen. Warum brachte sie für sein ungebührliches Verhalten immer wieder Verständnis auf? Sie glaubte, dass es nicht anders ginge und wenn sie mit ihm eine Beziehung eingehen wollte, dann müsste sie das aushalten, denn schließlich war er selbstständig. Das redete sie sich pausenlos ein, sonst hätten ihre Gedanken sie in den Wahnsinn getrieben und die Wut, die immer wieder in ihr Aufstieg, hätte überhand genommen. Unter diesen Umständen würde sie niemals Sex mit ihm haben. Leise krochen Gedanken in ihr auf, ob er überhaupt Interesse an ihr hätte, sonst würde er ihr kurz Bescheid geben, wenn er sich verspäten würde. Schnell wischte sie diesen Gedanken beiseite und schenkte sich zum wiederholten Male Champagner in ihr Glas, was sie in einem Zug leerte. Der Alkohol stieg ihr bereits zu Kopf. Sie hätte doch etwas essen sollen, bevor sie sich an die Leerung der Flasche machte. Ach was, dachte sie und schenkte sich nach. Bald würde sie die erste Flasche geschafft haben, bei der sie gehofft hatte ihn bereits zu verführen. Langsam fing sie an zu zweifeln, ob er überhaupt noch kommen würde. Dieses Nichterscheinen war eindeutig. Ein letzter Funken Hoffnung machte sich in ihr breit. Vielleicht hatte er ihre Adresse vergessen? Aber dann hätte er sie anrufen können. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Sie suchte verzweifelt nach einer Tür mit der Aufschrift ‚Lösung aller Probleme‘ in ihrem Hirn.
Um 22:30 klingelte es endlich an ihrer Tür. Sie sprang geradezu vom Sofa und rannte zur Tür. In diesen Sekunden wallten ihre Gefühle über maßlose Wut hin bis zum vollkommen Vergeben, denn er war endlich gekommen. Zu ihr. Er hatte sie doch nicht ganz vergessen. Während sie darauf wartete, dass Michael sich zu ihr in den fünften Stock schleppte, war all ihre Wut auf ihn verschwunden. Komplett außer Atem kam Michael die letzten Stufen zu ihr. Noch immer nach Luft ringend gab er ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund und ging an ihr vorbei in die Wohnung. So als wäre nichts Ungewöhnliches dabei und alles ganz normal. Er war zuvor noch nie bei ihr gewesen und normaler Weise würde man erwarten herein gebeten zu werden. Michael verhielt sich jedoch so selbstverständlich, als wären die beiden schon ewig ein Paar.
„Das riecht aber gut bei dir“, sagte er, nachdem er wieder Luft bekam.
„Wo hast du so lange gesteckt?“
Nur mit größter Mühe und Anstrengung konnte sie einen vorwurfsvollen Ton unterdrücken.
„Sorry, aber ein guter Freund war vorbeigekommen, den hatte ich lange nicht gesehen.“
Was erzählte er ihr da? Sie traute ihren Ohren kaum. Beruhige dich, mahnte sie sich, sonst gibt es heute keinen Sex.
„Hast du Hunger?“, fragte sie statt ihm Vorwürfe zu machen, ob er nicht ganz dicht sei.
Nein, sagte er, nicht wirklich, er wäre gerade noch mit seinem Freund essen gegangen. Darum sei es auch so spät geworden, dafür hätte sie doch bestimmt Verständnis. Nein, eigentlich nicht, hatte sie ihm gesagt und platzte fast vor überschäumender Wut, versuchte sich allerdings immer noch zusammenzureißen und bot ihm statt dessen etwas zu trinken an. Ob sie denn auch Bier im Haus hätte, wollte er von ihr wissen. Auch das musste sie verneinen. Was war nur mit ihm los? Langsam verging ihr die Freude auf die Aussicht mit ihm Körperflüssigkeiten zu tauschen. Maulig sagte sie ihm, sie hätte nur Champagner oder Wein. So, so, sagte er, sie hätte ja unglaubliche Reichtümer, wenn sie sich einfach so Champagner leisten könnte. Langsam wurde es ihr zu dumm und am liebsten hätte sie ihn vor die Tür gesetzt. Den Michael, den sie kannte, wenn auch nur sehr spärlich, war verschwunden. Der Mann, der in ihrem Wohnzimmer saß, war ein völlig anderer. Ohne weiter auf seine Getränkevorlieben einzugehen setzte sie sich auf ihr Sofa und schenkte sich aus dem Kühler, der auf dem Tisch stand, den letzten in der Flasche befindlichen Champagner ein und trank sofort einen Schluck davon.
„Und was ist mit mir?“, wollte Michael wissen, der ihr gegenüber in einem Sessel platz genommen
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