Der Problemmann (German Edition)
aufzustehen. Sie musste sich am Waschbecken festhalten, um nicht umzufallen. Nach dem Zähneputzen überlegte sie, wie sie es anstellen sollte, sich den Mund auszuspülen, ohne sich dabei mit dem Oberkörper vornüberbeugen zu müssen, denn sie wusste, dass es sie auf den Fußboden zwingen würde. Leichte Übelkeit legte sich über sie. Gern hätte sie trocken geschluckt, befürchtete jedoch, dann ersticken zu müssen, da ihr Mund voller Zahnpastaschaum war. Mühsam beugte sie ihren Oberkörper in Richtung Waschbecken, was zur Folge hatte, dass sich ihr Magen anfing zu winden. Irgendetwas drückte ihr auf die Peristaltik. Unter hohen Druck spuckte sie den Schaum aus ihrem Mund und hoffte, dass es lediglich die Rückstände der Zahnpasta waren und nicht ihr gesamter Mageninhalt. Der blieb zu ihrer Überraschung tatsächlich dort, wo er hin gehörte. Sie spülte sich ihren Mund aus und fing leicht an zu weinen. Sie bemitleidete ihre traurige Existenz. Das alles war nicht gut.
Während sie auf den erlösenden Kaffee wartete, versuchte sie Bilder zu dem gestrigen Abend zu rekonstruieren. Sie erinnerte sich daran, dass sie mehr als es gut gewesen wäre, Bier in ihren Körper geschüttet hatte. An den Geschmack konnte sie sich genau erinnern. Früher wäre ihr davon schlecht geworden. Obwohl ihr in diesem Moment übel davon war, empfand sie es am gestrigen Abend als gar nicht so schlimm und sie hatte sogar Geschmack daran gefunden. Trotz der immensen Übelkeit huschte ihr ein Lächeln über das Gesicht. Der Abend mit Tom war sehr nett gewesen und sie hatte viel mit ihm gelacht, auch wenn die Geschichten, die sie ihm erzählt hatte eher traurig waren. Das war jedoch genau der Grund weshalb sie sich so wunderbar amüsierten. Ihre Mine verfinsterte sich, als sie an Michael denken musste. Die Letzte ihrer Geschichten. Bevor es zu einer richtigen Beziehung zu ihm gekommen war, war es bereits vorbei. Wie ein Häufchen Elend saß Anna an ihrem Küchentisch und schaute in das triste Weiß, was sich ihr vor ihrem Fenster bot. Es hatte aufgehört zu schneien. Die Stadt lag still unter ihr. Hörte sie sonst den Straßenverkehr, Menschen, die auf der Straße an ihrem Haus vorbei gingen und generell das pulsierende Leben einer Großstadt, so war es nun auf einmal still. Dumpf hörte sie Autos sich durch den Schnee kämpfen. Jemand versuchte den Gehweg vom Schnee zu befreien. Von diesem Geräusch war sie sehr früh am morgen geweckt worden. Wie gern hätte sie ausgeschlafen. Wach lag sie in ihrem Bett und wünschte sich einfach wieder ins Land der Träume zu sinken. Ihre Augen brannten, da sie sich erst vor knapp vier Stunden hingelegt hatte. Draußen war es stockfinster. Eine Stunde versuchte sie wieder einzuschlafen, wälzte sich in ihrem Bett hin und her. Schüttelte ihr Kopfkissen erneut auf. Drehte ihre Decke um, damit die schön kühle Seite sie in den Schlaf wiegen würde. Sie nahm ihr zweites Kissen zwischen ihre Beine und kuschelte sich in ihre Decke. Nichts half. Sie war wach. Trotzdem müde, öffnete sie ihre Augen und schaute aus dem Fenster. Es war noch immer dunkel. Sie blieb so lange liegen, bis es anfing zu dämmern. Dann endlich verließ sie ihr sicheres Bett und stellte fest, dass sie noch immer betrunken war.
Nun saß sie in der Küche und hoffte darauf entweder schnell zu sterben oder durch den frisch gekochten Kaffee wieder zum Leben erweckt zu werden. Dieses Unwohlsein ließ keinen Platz für weitere Emotionen. Stumpf leidend saß sie in ihrer stillen Küche und versuchte die Geräusche von außen zu lokalisieren. Alles war besser, als daran zu denken, wie Michael sich zum wiederholten Male ihr gegenüber verhalten hatte. Tom hatte Recht. Warum ließ sie sich das nur immer wieder gefallen? Hatte Michael wirklich goldene Eier? Gern hätte sie daran geglaubt. Leider hatte er es ihr in der letzten Nacht nicht beweisen wollen. Das Klingeln ihres Handys dröhnte in ihrem Schädel. Jetzt bekam sie doch Kopfschmerzen. Sehr langsam erhob sie sich. Für einen kurzen Moment dachte sie daran, nicht ans Telefon zu gehen. Egal wer auch immer etwas von ihr wollen würde, müsste warten bis sie sich in der Lage sah zu sprechen. Aber das dröhnende Klingeln ihres Handys trieb sie in den Wahnsinn und ihre Schläfen pochten. Das musste sofort aufhören. Je näher sie dem unerträglichen Klingeln kam, desto mehr glaubte sie, dass ihr Kopf jeden Moment zerplatzen würde. Die Schnelligkeit ihrer Schritte trugen den Rest dazu bei,
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