Der Problemmann (German Edition)
groß, nur leider hatte sich inzwischen die Schwerkraft daran zu schaffen gemacht. Ohne BH konnte Marion sich schon seit langer Zeit nicht mehr auf die Straße trauen, abgesehen davon, dass die Last durch einen BH abgefangen werden musste. Sie legte nie sehr viel Wert auf teure Unterwäsche. Eine Frotteeunterhose tat ihren Zweck und war zudem auch noch sehr bequem. BHs waren in der Regel teuer, sie sah es nicht ein mehr als nötig dafür zu bezahlen, zumal es ohnehin niemand außer Christian zu sehen bekam, und der wusste schließlich wie sie aussah. Das war doch schließlich der angenehme Aspekt einer Ehe. Nie mehr musste sie sich über ihr Aussehen Gedanken machen. Bis zu diesem Zeitpunkt. Sie stand vor dem Spiegel und fragte sich aus welchem Grund Christian mit ihr hätte schlafen sollen? Sie war dick geworden, geradezu unförmig. Nichts war von der Frau, die sie einmal gewesen war übrig geblieben. Aber hätte er sie nicht trotzdem lieben sollen? Sie war immerhin seine Frau, die er zu lieben hatte so wie sie war. Seine Worte kamen ihr in den Sinn. Sie sei hässlich geworden, weil sie sich ihm gegenüber hässlich verhalten hatte. Fast hätte sie laut angefangen zu lachen. Was für ein Hohn? Er tat die hässlichen Dinge, er betrog sie. Und was meinte er mit ‚Differenzen‘? Sie hatten außer seiner Untreue keine Differenzen. Was sollte sie mit sich ausmachen? Er war doch schließlich derjenige, der ständig fremdging. Wieso drehte er es so, dass sie ein schlechtes Gewissen bekam? Sie hatte darüber nachgedacht ihn zu bestrafen, indem sie ihn nicht auf die Party begleiten würde. Aber war es nicht genau das, was er wollte? Dann hätte er sich ungestört mit der anderen Frau treffen können. Das konnte Marion nicht zulassen. Während sie sich anzog, versuchte ihr Verstand zu ihr durchzudringen. Rette deine Ehe, hatte sie leise in den tiefen ihrer Hirnwindungen gehört. Zieh dir etwas Schönes an und beweise ihm, dass du nicht hässlich bist. In dir steckt noch immer die Frau, in die er sich verliebt hat. Wie in Trance griff Marion nach einem kurzen Rock, den sie lange nicht getragen hatte. Sie hielt ihn mit ausgestrecktem Armen vor sich. Ob ihr der noch passen würde? Wie zu erwarten war, konnte sie den Reißverschluss nicht schließen. Enttäuscht schmiss sie den Rock auf den Boden. Was sollte sie anziehen, um ihn davon zu überzeugen wenigsten später mit ihr zu schlafen? Es half alles nichts, sie konnte nichts im Schrank finden, was dem Anlass entsprechend gewesen wäre. Sie zog sich eine Jeans und eine Bluse an, die sie weniger zuknöpfte, als es gut gewesen wäre. Ein tiefer Einblick würde sich jedem Betrachter bieten. Marion stand vor dem Spiegel und war entsetzt über ihr Aussehen. Was versuchte sie zu beweisen? Plötzlich und unerwartet brachen Tränen aus ihr heraus. Laut schluchzend ließ sie sich auf den Fußboden vor ihrem Kleiderschrank fallen. Das war das Ende. Tiefer hätte sie unmöglich sinken können. Kurz darauf steckte Christian seinen Kopf durch die Tür des Schlafzimmers, er hatte ein Krachen gehört und wollte nachsehen was passiert war. Der Anblick seiner Frau rührte ihn, trotzdem konnte er sich nicht überwinden und zu ihr gehen.
„Soll ich dich mitnehmen oder bleibst du hier?“
Marion nahm die Hände von ihrem Gesicht und sah Christian an. Er sah gut aus. Wieso sah er so gut aus, während sie dick und hässlich auf dem Boden saß und ihre Gestalt beweinte?
„Willst du mich denn überhaupt dabei haben?“
Marion meinte es in diesem Augenblick nicht so, wie es sich anhörte. Sie dachte vielmehr daran, dass ein gut aussehender Mann sicher keine dicke, hässliche Frau an seiner Seite wissen wollte.
„Lass das. Ich warte jetzt noch fünf Minuten. Dann ruf ich ein Taxi.“
„So meinte ich das nicht …“
Marion konnte ihren Satz nicht beenden, Christian hatte die Tür hinter sich geschlossen und sie mit ihrem Schicksal allein zurück gelassen.
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Zu viert betraten sie eine große Halle, die festlich geschmückt worden war. Klaudia und Markus verbreiteten guten Laune, während Marion und Christian sich bemühten höflich miteinander umzugehen. Im Taxi hatte Christian sie darum gebeten vor ihren Freunden keine Szene zu machen.
„Versuch nur ein einziges Mal dich wie ein gut erzogener Mensch zu verhalten,“ hatte er gesagt.
Diese Bösartigkeit hätte Marion unter normalen Umständen keinesfalls auf sich sitzen lassen. Sie war jedoch noch immer damit beschäftigt ihren
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