Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Nyheter zu haben. Vielleicht ist das nicht so merkwürdig, da er hochbegabt ist.
Klas und ich trinken immer ein paar Schnäpse zum Mittagessen. Mårten trinkt Milch und ist sauer, weil wir ihn nicht probieren lassen. Klas hat die Idee für ein Preisausschreiben: Welcher schwedische Autor hat das bislang unveröffentlichte und von uns gedruckte Gedicht geschrieben. Um das Ganze interessanter zu gestalten, werden wir die Gedichte schreiben, Klas und ich also, nicht etwa Edith Södergran oder Erik Lindegren, Karin Boye oder Hjalmar Gullberg.
Björn findet diesen Vorschlag geradezu phänomenal. Literarische Metaphysik auf höchstem Niveau, würdig der Zeitung des Landes, die sich um die Volksbildung am meisten verdient mache, und falls wir nur die geringsten Probleme mit Reimen, Ton und Stimmung hätten, dürften wir uns gerne bei ihm melden.
Eine halbe Stunde und eine halbe Flasche Rotwein später bin ich mit dem Beitrag der Woche fertig. Drei kurze gereimte Strophen à vier Zeilen. An die letzte Strophe erinnere ich mich dreißig Jahre später immer noch. Denn diese handelt von mir:
Das Leben wie ein Garngewirr
Ohne Anfang, ohne Ende
Wie ein Kind herum ich irr’
Wer reicht mir seine Hände?
»Was hältst du davon?«, frage ich und reiche Klas den Zettel mit dem Text.
»Nils Ferlin«, stellt er fest. »Gib mir die Flasche, dann liefere ich dir einen hübschen Stig Dagerman. Ich spüre, dass in meinem Kopf große Dinge passieren.«
Der Sommer in der Feuilletonredaktion des Expressen vor über dreißig Jahren. Zu diesem Zeitpunkt ist es die beste Arbeit meines bisherigen Lebens. Ich habe die Geijer-Affäre überlebt, ich bin wieder unter Menschen und habe alle Hände voll zu tun. Ich habe mir auch selbst versprochen – hoch und heilig –, dass ich damit aufhören werde, Kühe auszumalen. Ein Versprechen, das ich halten werde. Schlimmstenfalls muss ich Gedichte schreiben, und Nils Ferlin verzeiht sicherlich selbst jemandem wie mir ein paar Zeilen.
VIII.
Die Achtziger und die
Neunziger, viele Rollen
und chaotische Jahre
59.
Viele Rollen und chaotische Jahre
Späte siebziger und frühe achtziger Jahre. Ich habe die Geijer-Affäre überlebt. Mein Romanerstling war ein großer Erfolg. Ich arbeite noch an der Universität und habe Gutachteraufträge für das Ministerium. Die Polizei hat mich zwar gefeuert, aber ich habe plötzlich mehr Geld als in meinen Tagträumen an der höheren Schule, als ich mich noch auf die richtige Seite der Odengatan sehnte. Meine rein materiellen Voraussetzungen für ein privilegiertes und wohlgeordnetes Leben sind erfüllt.
Stattdessen folgen die zwanzig chaotischsten Jahre meines Lebens, und als sich mein Dasein wieder in eine begreifliche Ordnung fügt, beruht das nicht auf einem Beschluss meinerseits, sondern auf meiner schlechten Gesundheit, die mir die Grenzen aufzeigt. Es sind mein plötzlicher Überfluss, diese vielen Wahlmöglichkeiten, die alles durcheinanderbringen. Ich bin wie ein Bulimiker, den man allein am Weihnachtsbüfett des Operakällaren zurückgelassen hat. Ein erwachsener Mann, der plötzlich von einer zwanzig Jahre verspäteten Pubertät heimgesucht wird, wobei er selbst die Elternrolle übernehmen muss und dabei noch unbegrenzt viel Geld hat.
Alle Aspekte meines Lebens sind von dem Durcheinander betroffen. Mein Privatleben sowie das öffentliche Leben, meine Beziehungen zu meiner Familie und allen anderen, denen ich begegne, meine intellektuellen Interessen und mein Arbeitsleben. Das Chaos ist so groß, dass ich jetzt, viele Jahre später, große Probleme habe, eine übergreifende Beschreibung dieses Lebensabschnitts in Angriff zu nehmen und in einem begreiflichen Text zusammenzufassen.
Nicht etwa weil ich gewisse Dinge nicht erzählen will oder kann oder weil ich in diesen Jahren so oft so viel trinke, dass ich mich einfach nicht mehr erinnern kann. So einfach ist es nicht, und was Letzteres angeht, gehöre ich zu der Art von Süchtigen, die sich in allen Einzelheiten an das erinnern können, was geschah, bevor sie im Nebel verschwanden. Sobald ich wieder munter werde, erinnere ich mich an alles bis zu dem Punkt, an dem ich noch in Schuhen einschlafe. Das ist ganz einfach ein Durcheinander, ein verdammtes Durcheinander, und die einzige Art, auf die es irgendwie begreiflich wird, ist vermutlich, die inneren Impulse und Motive des Lebens, das ich plötzlich führe, zu beschreiben.
Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich finanziell unabhängig, was zur Folge
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