Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
plötzlich und nimmt meine Hand. »Du weißt schon, dieser Trottel mit den Påmm Fritt.«
»Es ist ihm sicher gut ergangen«, meine ich begütigend.
»Ich frage mich, was er für den Benz gekriegt hat«, sagt Papa.
11.
Lesen als Trost und Bestätigung, mein Bedürfnis der Einsamkeit
Ich sehe das Bücherbord vor mir, das Papa über dem Schrankbett im Esszimmer aufgehängt hat. Ich sehe es ganz deutlich. Er hat es in die Wand geschraubt. Ein breites, sorgfältig glatt gehobeltes und poliertes Brett, das er lackiert, mit drei Stützen verleimt und in der Wand festgeschraubt hat. Er hat es selbst im Heizkeller getischlert. Dort hat er sich eine kleine Werkstatt eingerichtet, seine Hobelbank und seine Werkbank aufgestellt und alle seine Werkzeuge in ordentlichen Reihen aufgehängt.
Viele Jahre später erinnert es mich an alle Bücher, die ich gelesen habe. Nicht an die Bücher, die auf dem Bord standen, sondern an das eigentliche Lesen. Ich muss im Laufe meines bisherigen Lebens über zehntausend Bücher gelesen haben. Ich habe mehr Zeit mit Lesen als mit Schlafen verbracht, und ich habe dieser Tätigkeit sehr viel mehr Zeit gewidmet als allem anderen. Ich war beispielsweise sehr viel weniger mit meinen Kindern zusammen.
Während des Lesens habe ich nie einen Gedanken an diese Tätigkeit verschwendet. Ich hatte genug damit zu tun, an das Buch zu denken, das ich gerade las. Ob es gut oder schlecht war, egal, wovon es handelte und woran es liegen konnte, dass es gut oder schlecht war. Ein Interesse, das fast schon an Besessenheit grenzte, aber über das eigentliche Lesen nachzudenken musste warten, bis ich nicht mehr mit einem Buch in den Händen dasaß. Warum habe ich all diese Zeit und Mühe darauf verwendet, Bücher zu lesen, die von anderen geschrieben worden waren?
Gibt es unter diesen Büchern irgendeines, das mein Leben in einer bestimmten, greifbaren, ausreichend abgegrenzten und vorzugsweise positiven Richtung beeinflusst hat? Manchmal heißt es ja, dass richtig gute Bücher diese Wirkung auf ihre Leser haben können. Sie können das eigene Leben zum Besseren verändern und dich sogar in einen besseren Menschen verwandeln.
Es gibt sechs Romane, zu denen ich in all meinen Jahren als Leser öfter zurückgekehrt bin als zu anderen. Sie sind alle von Männern verfasst worden und handeln von Männern. Die Auswahl zeugt nicht von sonderlicher Originalität, da sie zu den meistgelesenen Büchern der Literaturgeschichte der westlichen Welt gehören, aber bedenkt man, was ich sonst alles gelesen habe, so muss es sich doch um den Ausdruck einer bewussten Wahl handeln und nicht um eine Ernte des Zufalls. Es handelt sich um die beiden großen Romane von Marcel Proust und Robert Musil, »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« und »Der Mann ohne Eigenschaften« sowie um vier Romane von Tomasi di Lampedusa, Joseph Roth, Ernest Hemingway und J.D. Salinger, »Der Leopard«, »Radetzkymarsch«, »Tod am Nachmittag« und »Der Fänger im Roggen«.
Warum ich diese ausgewählt habe? Warum ich ständig auf diese Bücher zurückgekommen bin und zumindest Teile von ihnen in all diesen Jahren unzählige Male gelesen habe? Keines dieser Bücher hat mein Leben in einem wesentlichen, konkreten und positiven Sinn beeinflusst. Dass mich die Lektüre dieser Bücher zu einem besseren Menschen gemacht hat, weise ich mit Nachdruck von mir. Es wäre vermessen, so etwas auch nur anzudeuten.
Die Gründe sind andere. Diese Bücher haben mir das Bild, das ich mir von mir gemacht habe, bestätigt. Sie haben mich getröstet, mir geholfen, meine eigenen Gedanken zu durchleben, mich geschützt und mir sogar den Mut gegeben, mein Bedürfnis nach Einsamkeit zu bejahen.
Die Hauptpersonen in diesen Romanen, genauer gesagt, die Personen, die die Handlung vorantreiben, sind alle Männer und Beobachter. Das gilt auch für den jungen Holden Caulfield, die Hauptperson in »Der Fänger im Roggen«. Er ist noch kein Mann, aber da ich genauso alt bin wie er, als ich über ihn lese, weiß ich en détail, welches Leben uns beide erwartet. Ein Leben als Beobachter, und zwar einer, der ständig der Verlockung widerstehen muss, sich in einen normalen Flaneur mit normalem Beobachtungsvermögen und angemessener Empathie zu verwandeln. Wer wünscht sich schon ein solches Leben? Das Bild, das ich von mir habe, erhebt höhere Ansprüche als das.
Natürlich habe ich Bücher gelesen, die zumindest teilweise besser sind als die, die ich aufgezählt habe. Auch
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