Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
solche, die von Frauen geschrieben wurden und die von Frauen handeln. Romane von Selma Lagerlöf und Elsa Morante, Gedichtsammlungen von Edith Södergran und Karin Boye, um mich mit vier Beispielen für Autorinnen zu begnügen. Das Problem ist, dass sie mir keinen Trost schenken konnten, und wenn ich von Elsa Morante »La Storia« lese, dann raubt sie mir beinahe jegliche Hoffnung darauf, dass wir Menschen fähig sind, in gegenseitigem Respekt zusammenzuleben.
Die Bücher, auf die ich immer wieder zurückgreife, haben auch den eigentlichen Kern meines Inneren gestärkt, sie haben mich verstehen lassen, dass ich nicht allein bin, ganz gleichgültig, wie einsam es sich in meinem Kopf anfühlen mag. Wie sollte ich einsam sein, wenn ich an die Autoren dieser Bücher und die Millionen Leser, die sie gefunden haben, denke?
Ganz abgesehen davon, dass sie mir Lust gemacht haben, noch mehr zu lesen und sogar eigene Bücher zu schreiben.
12.
Der Meisterdetektiv
Natürlich gibt es auch Bücher, die mein Leben und nicht zuletzt auch meine Berufswahl sehr direkt beeinflusst haben. Eine recht häufige Frage, die man mir stellt, seit ich erwachsen bin, ist, warum ich mir so einen seltsamen Beruf gesucht habe. Warum wird man Kriminologe, Verbrechensforscher? Die Antwort ist sehr einfach. Die Eindrücke, die wir als Kinder in uns aufnehmen, hinterlassen die tiefsten Spuren, und in diesem Sinne bin ich nie erwachsen geworden. Als ich ein sehr kleiner Junge war, spielten meine Freunde und ich Räuber und Gendarm, was sogar noch beliebter war als Cowboy und Indianer, und so hat das Ganze seinen Anfang genommen.
Die Rollenverteilung wurde nicht dem Zufall überlassen. Die kleinsten und schwächsten Spielgefährten mussten die Rolle der Räuber oder Indianer übernehmen und konnten damit rechnen, ordentlich Prügel zu beziehen, sobald sich das Spiel seinem Ende zuneigte und es zur Festnahme kam oder dazu, dass die Kavallerie mit schmetternden Trompeten und gesenkten Säbeln einritt. Genau wie in Wirklichkeit mit anderen Worten und mit den wenigen Ausnahmen, die die Wirklichkeit ebenfalls bereithält. Wie das Mal, als Sune verlangte, ebenfalls Räuber sein zu dürfen, und das Spiel nie richtig in Fahrt kam. Wer wollte schon Sune festnehmen und es riskieren, mit geschwollener Lippe und Nasenbluten zum Abendessen bei Mama und Papa zu erscheinen?
Damals gab es auch ein Brettspiel für Kinder, das Dieb und Polizist hieß. Man bewegte sich mit seiner Spielfigur im Kreis, nachdem man gewürfelt hatte, und kam an verlockenden Juwelierläden und unbewachten Luxusvillen sowie der Polizeiwache und dem Arrest vorbei. Im Unterschied zur Wirklichkeit war das Risiko, an einem der beiden letzteren Orte zu landen, sehr hoch. Spiele für Kinder hatten damals immer eine moralische Botschaft und so auch Dieb und Polizist. Aus der pädagogischen Absicht wurde kein Hehl gemacht. Die Polizisten, die man auf dem Brett vorwärtsschob, trugen blaue Uniformen, schwarze Pickelhaube, hatten den Schlagstock erhoben und hielten sich sehr aufrecht. Die Diebe hatten eine Maske vor den Augen und schleppten einen Sack auf ihrem gekrümmten Rücken, aber so einfach ist es in der Welt, die uns umgibt, in der Tat nicht immer.
Am meisten bedeuteten mir jedoch jene Bücher über Verbrechen, die mir mein Vater vorlas, seit ich nur fünf Jahre alt war, die über den Meisterdetektiv Kalle Blomkvist und den Sahnegebäck liebenden Ture Sventon. Kalle Blomkvist ist mir natürlich am liebsten, obwohl er ein Mädchen, das Eva-Lotta heißt, mit sich herumschleppt, was kein richtiger Junge in seinem und meinem Alter eigentlich tun sollte.
Wie auch immer, er war ungefähr genauso alt wie ich, im Unterschied zu Ture Sventon, der erwachsen und bei näherer Betrachtung alles andere als schlau war. Obwohl Ture die ganze Zeit darauf bestand, wie ein Habicht auszusehen, sobald sich die Lage zuspitzte und ihm beispielsweise unter einem Vorhang hervorlugende Schuhspitzen nicht entgingen.
Die Lektüre der Romane und Erzählungen über den größten Detektiv von ihnen allen, Sherlock Holmes, ließ noch einige Jahre auf sich warten. Das erste Buch, das ich über ihn bekam, war der erste Roman Conan Doyles über Holmes, »Eine Studie in Rot«. Ich war etwa zehn Jahre alt. Onkel Bertil schenkte mir das Buch, wer sonst, aber da hatte ich mich bereits für meinen zukünftigen Beruf entschieden. Kalle Blomkvist war der Grund. Dass Sherlock Holmes später mein berufliches Dasein als
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