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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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zwar nach den einwöchigen Vernehmungen wegen der Schulbank. Anschließend biss ich die Zähne zusammen, schwieg, litt und verschanzte mich hinter meinem zunehmenden Hass.
    In der höheren Schule ist es anders. Die Einzigen, die uns schlagen, sind die Lehrer in den praktischen Fächern, Werken, Zeichnen, Singen und Musik sowie Turnen. Sozusagen die Unterschicht der Lehrer, sogar laut ihren akademisch geschulten Kollegen, und da war dann ja alles, wie es sein sollte. Dass solche Menschen in Ermangelung von Worten zu den Fäusten griffen.
    Zu meiner Zeit auf dem Realgymnasium war der Zeichenlehrer besonders gefürchtet. Er konnte ziemlich zulangen und war vollkommen unberechenbar. Während er vor unseren Augen durch die Bankreihen geht, können wir sehen, wie er zwischen ausgelassener Freude und stiller Verzweiflung hin und her pendelt, und egal, welche Stimmung ihn gerade beherrscht, kann es plötzlich einfach knallen. Ob das daran lag, dass er trank und Alkohol einfach schlecht vertrug oder dass er außerdem noch psychisch krank und manisch-depressiv war, ist weniger von Interesse. Alle wissen Bescheid, aber trotzdem darf er weiter Lehrer bleiben.
    Der Lehrer in Werken war harmloser. Wenn man sich in seinen Stunden schlecht aufführte, dann musste man ihn zum Holzvorrat begleiten. Seine Handgreiflichkeiten ließen eher auf eine heimliche Veranlagung schließen als auf einen Wunsch, uns körperlich wehzutun. Da war weiter nichts dabei, es war nicht so, dass er seinen Schwanz rausgeholt hätte wie der Kommissar meiner Kindheit. Er packte einen nur vorsichtig am Arm oder Nacken und erklärte dem Übeltäter mit freundlicher Stimme, wie unangebracht es sei, in der Schule heimlich Schlagstöcke zu drechseln oder den Lauf einer Startpistole aufzubohren, um sie in eine richtige Schusswaffe zu verwandeln. Dann gab er einem zum Abschluss einen Klaps auf den Po, und man durfte in den Werkraum zurückkehren.
    In dieser Hinsicht besonders interessant ist jedoch unser Turnlehrer. Er praktiziert seine disziplinarischen Maßnahmen, selbst nachdem die Prügelstrafe an der höheren Schule offiziell abgeschafft wird, als ich in die Oberstufe komme.
    Der Turnlehrer ist Reserveoffizier, wird mit »Herr Major« statt mit »Herr Lehrer« angesprochen und trägt eine altmodische schwarze Trillerpfeife an einem breiten Lederriemen um den Hals. Sobald es Ärger gab, pflegte er den Riemen mit der Trillerpfeife abzunehmen, ihn in der Rechten zu halten und mit der Trillerpfeife in die linke Handfläche zu schlagen, während er darauf wartete, dass es so weit war.
    Früher oder später war dem immer so, da wir in der Regel nur im Kreis liefen und über verschiedene mit Leder bezogene Böcke und Bänke sprangen, wo die fetteren Knaben aus der Klasse unweigerlich hängen blieben und mit einem Schlag mit dem Lederriemen auf Hintern oder Rücken weitergeschickt wurden. Ich kam immer recht ungeschoren davon, da ich damals noch schmal und geschmeidig war.
    Wenn wir nicht über Böcke sprangen oder einfach nur im Kreis rannten, uns an Sprossenwänden oder Seilen festklammerten und dabei blaue Turnhosen und Unterhemden in derselben Farbe trugen, durchliefen wir die militärische Grundausbildung. Antreten, Habtacht, Manöver und Abtreten, und das Ganze endete immer mit Duschen, erst brühheiß, dann eiskalt, Duschinspektion und anschließend »Umziehen in zivile Kleider«. So sieht mein Turnunterricht im Wesentlichen aus. Er dauert sieben Jahre bis zum obligatorischen Grundwehrdienst, mit dem der richtige Ernst beginnt. Denn das hat uns der Major bereits erzählt.
    Der Major hat oft frei. Ist er nicht bei irgendwelchen Reservistenübungen, dann hat er ein paar Tage für Flachrennen und Skifahren im Gebirge freigenommen. Oder auch nur, um eine Woche wegzufahren und »galante« Damen zu treffen. Sein Ausdruck, er erzählt gerne, und wir verstehen, was er meint, obwohl wir sonst sehr wenig von solchen Dingen verstehen. Wie auch immer spielt das keine so große Rolle, da er von einem jüngeren Talent ersetzt wird, der zwar nur Hauptmann ist, aber im Übrigen unserem eigenen Major zum Verwechseln gleicht.
    Im Nachhinein habe ich viel über den Turnunterricht an der höheren allgemeinbildenden Knabenschule, die ich besucht habe, nachgedacht. Ein Lederschwuler unserer Tage hätte sicher ein Vermögen dafür bezahlt, gratis an einer solchen Anstalt arbeiten zu dürfen. Dort gab es eine Vielzahl infernalischer Geräte, lederbezogene Böcke, Tische und Bänke,

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