Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
gewesen sein, so drückt Papa das ebenfalls aus, woher auch immer er das wissen will. Schließlich war er ihm nie begegnet. Das muss an etwas liegen, was sie gemein hatten und was er trotzdem versteht, oder an etwas, wovon andere erzählt haben.
Das Telefon unterscheidet sich vollkommen von dem schwarzen Bakelitapparat mit Wählscheibe, der zu Hause in der Diele im Tegeluddsvägen steht. Das hier ist ein kleiner lackierter Holzkasten mit einem Halter aus Metall auf der Oberseite, auf dem der Hörer ruht. Der Hörer hat einen Handgriff, der ebenfalls aus Metall ist, und eine Hörmuschel aus Bakelit. Einmal abgesehen von der Farbe erinnert sie an einen weich abgerundeten Pfifferling, der so gebogen ist, dass er am Ohr anliegt, wenn man den Hörer abhebt und so hält, wie man ihn halten soll, wenn man telefoniert. Am anderen Ende befindet sich ein Sprechtrichter, ebenfalls aus Bakelit und so gebogen, dass er sich vor dem Mund befindet. In dem Trichter befinden sich kleine Löcher, die dafür sorgen, dass man besser zu hören ist, wenn man hineinspricht.
Auf der Vorderseite befindet sich ein ordentliches kleines Messingschild, auf dem »LM Ericsson« steht. Laut Papa hat Lars Magnus Ericsson dieses Telefon erfunden. Ericsson stammte aus Värmland. Der Mann, der auf die Idee kam, sich mit Hilfe von Hörern zu unterhalten, die mit einem langen Kabel verbunden waren, hieß hingegen Alexander Graham Bell. Er war nicht aus Värmland, sondern aus Schottland, denn das habe ich in den Nachschlagewerken der Konsulin gelesen. Danach brauchte ich Papa nicht zu fragen. Außerdem wusste ich das schon lange, bevor wir das Haus in Hogdal gekauft haben.
Das Telefon auf dem Land hat keine Wählscheibe. An der Seite hat es stattdessen eine kleine Kurbel aus Metall. Erst hebt man den Hörer von der Gabel und drückt ihn ans Ohr, dann dreht man ein paarmal an der Kurbel. Dann rauscht und knistert es etwas, bis die ältere Dame, die in der Telefonvermittlung in Hogdal sitzt, Zeit hat zu antworten.
»Hogdal 29«, sagt die ältere Dame von der Vermittlung. »Was kann ich für Sie tun, Hogdal 29?«
Hogdal 29 ist unsere Nummer. Wir haben sie von dem alten Corneliusson übernommen.
Mit unserem Telefon auf dem Land kann man nur zwischen acht Uhr morgens und fünf Uhr nachmittags telefonieren. Will man später telefonieren oder früher, muss etwas Schreckliches passiert sein, weil es sonst extra kostet. Mama braucht ein Telefon, falls sie ernstlich krank werden sollte und einen Krankenwagen vom Lazarett in Strömstad verständigen muss. Aber das kostet nichts. Schrecklich ist gratis.
Papa ruft jeden Samstag kurz vor fünf an. Bald beginnen auch seine Ferien, dann kommt er, und wir fahren zusammen raus und fischen. Außerdem sehe ich ihn vor mir, wie er uns aus der Wohnung in der Stadt anruft. Erst hebt er den Hörer ab und drückt ihn mit der Schulter ans Ohr. Dann nimmt er einen Bleistift, der auf dem kleinen Telefontisch liegt. Mit diesem wählt er die Nummer der Vermittlung in Hogdal. Papas Finger sind zu dick für die Löcher in der Wählscheibe. Die Leute, die das Telefon in der Stadt hergestellt haben, müssen kleinere Finger gehabt haben als Papa, denke ich.
Ich verbringe jeden Sommer von meinem achten bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr in dem Sommerhaus in Hogdal. Die ganzen Sommerferien, und damals waren diese noch unendlich lang. Drei Monate. Anfang Juni beginnen die Ferien, und erst im September fängt die Schule wieder an. Anschließend werden meine Besuche immer kürzer, da ich zunehmend im Sommer arbeite. Nicht etwa weil mich meine Eltern dazu zwingen, obwohl meine Mutter durchaus einsieht, dass dieses Arrangement etliche finanzielle Vorteile hat, sondern weil ich selbst Geld verdienen will. Geld, das ich benötige, um mein neues großes Interesse im Leben pflegen zu können, den Umgang mit Mädchen.
Papas Besuche sind kürzer. Er kommt in seinem vierzehntägigen Urlaub, außerdem nimmt er noch die eine oder andere Woche zusätzlich, wenn auf seinen Baustellen wenig zu tun ist oder wenn er Überstunden abfeiern kann. Wenn er eintrifft, ist das Auto immer voll beladen mit Werkzeug, und bereits im zweiten Sommer ist das Haus in Hogdal nicht mehr wiederzuerkennen. Das Äußere hat er allerdings belassen, die weiße Farbe der Außenwände, die grünen Fensterrahmen und Ecken, alles natürlich frisch gestrichen. Die Fenster sind durch neue ersetzt, allerdings im selben Stil, Sprossen und vier Scheiben pro Fenster. Das Haus
Weitere Kostenlose Bücher