Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Anfälle, und ich muss auch kein einziges Mal einen Krankenwagen rufen, obwohl das Anrufen gratis ist. Die Versorgung durch den Provinzialarzt und die Krankenschwester in Hogdal genügt. Alle Tabletten, die sie schlucken muss, kommen mit dem Bus, und ich kann sie beim Kaufmann im Dorf abholen. Sobald wir wieder in der Stadt sind, geht es ihr leider wieder schlechter. Irgendwas mit der Luft, sagt Mama. Oder mit dem Essen oder vielleicht etwas anderes, von dem niemand weiß, was es ist, was aber offenbar viel zu ernst ist, als dass Mama es einem Kind wie mir erklären könnte.
An einem Morgen auf dem Land erwache ich mit einer Latte. Ich weiß, dass das so heißt, aber ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll, und ich weiß auch nicht, dass die Sommer meiner Kindheit bald vorüber sind.
28.
Über Blumen und Bienen, Staubgefäße und Stempel und ein Doublé bei der Fuchsjagd
In den zwölf Jahren meines Schulbesuchs hatte ich zwei Mal Unterricht in Sexualkunde. Das erste Mal war viel zu früh, und das zweite Mal war es bereits zu spät. Das erste Mal war in dem Herbst, in dem ich gerade auf dem Realgymnasium angefangen habe. Ich bin elf Jahre alt, und es vergehen noch zwei Jahre, bis ich in die Pubertät komme.
Unser Biologielehrer heißt Hedberg, aber er wird nur der Meisterjäger genannt, da er in seinen Biologiestunden nur von der Jagd spricht. Meist redet er von den Tieren, die er selbst erlegt hat, und wenn es klingelt und der Hase des Tages eben aufgrund einer Salve aus der treuen alten Huskvarna des Meisterjägers sein Leben gelassen hat, endet er rasch damit, die Seiten des Lehrbuchs, die wir bis nächste Woche lernen sollen, anzugeben. Mehr passiert mit Ausnahme der Stunde, die unserem ersten Sexualkundeunterricht gewidmet ist, nicht.
Normalerweise kommt der Meisterjäger während einer Unterrichtsstunde mit jeweils einer Schautafel aus. Vor Beginn der Stunde geht der Klassensprecher zum Hausmeister hinunter und lässt sich die Schautafel aushändigen, auf der das Tier zu sehen ist, das der Meisterjäger an diesem Tag erlegen möchte. Aber dieses Mal ist es anders, denn jetzt hängen plötzlich zwei Schaubilder neben der Tafel.
Auf dem einen ist eine Blume und darunter zwei Bilder von Staubgefäßen und Stempel. Darüber haben wir schon früher gesprochen, aus einem ganz anderen Grund, als wir meinten, und auch ohne dass wir damals sonderlich viel begriffen hätten. Auf dem anderen Schaubild ist die in diesen Zusammenhängen offenbar obligatorische Biene zu sehen, und was die mit der Sache zu tun haben soll, ist uns ebenfalls nicht klar. Der Meisterjäger beginnt mit der Erklärung, dass es sich bei Blumen und Bienen genauso verhalte wie bei den Menschen. Außerdem seien das ernste Dinge. Mit der Sexualität sei nicht zu spaßen, und er müsse dabei unwillkürlich an das Mal denken, als es zu seinem ersten Doppeltreffer auf Füchse gekommen sei. Dieses normalerweise sehr listige Tier sei sogar für einen Mann von seinem Kaliber schwer zu erlegen, aber es sei im Dezember und die übliche Wachsamkeit des Fuchses wie weggeblasen gewesen.
Erst sei die Füchsin gekommen und direkt hinter ihr das Männchen, das nur einen Gedanken im Kopf gehabt habe, und bei diesem Gedanken sei es nicht um ihn, den Meisterjäger, gegangen, obwohl er auf dem alten Ansitz oberhalb des Fuchsbaus Stellung bezogen gehabt habe, als sein treuer alter Hamiltonstöberhund sie oben im Wald aufgespürt und er begriffen habe, dass er Füchse vor sich hertrieb.
»Im Dezember sind die Füchsinnen läufig«, konstatiert Lehrer Hedberg mit ernster, feierlicher Stimme, nickt und sieht uns an. »Wenn die Frauenzimmer es auf einen abgesehen haben, kann alles zum Teufel gehen, wenn man nicht aufpasst. Daran müsst ihr denken, Jungs«, sagt er.
Dann klingelt es zur Pause, und als ich auf dem Korridor stehe, begreife ich womöglich noch weniger als zuvor. Wenn man sich nicht vor Frauenzimmern in Acht nimmt, kann man offenbar auch erschossen werden. Dass es ziemlich dubios ist, was unsere Eltern und andere Erwachsene treiben, noch dazu in größter Heimlichkeit, so viel habe ich begriffen, aber im Übrigen ist mein Kopf vollkommen leer. Ungefähr dasselbe Gefühl, das Ture Sventon gehabt haben muss, als er zum ersten Mal ein Paar spitze Schuhe unter einem Vorhang hervorschauen sah.
Als ich zu Hause bin und abends meinen Vater treffe, erzähle ich ihm, dass wir Sexualkundeunterricht in der Schule hatten. Papa sagt nichts. Er begnügt sich
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