Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
werden.
Niemand hat Einwände, die Geschäfte laufen glänzend, und die Hälfte der Kunden lässt meinen »alten Herrn« grüßen. »Gustavs Jung« und sie haben wirklich Glück, dass nicht mein Papa im Wachhäuschen neben der Müllkippe sitzt. Der hätte ihnen die kalte Schulter gezeigt, und breitere Schultern gibt es nicht. Gesetz ist Gesetz, sagt Papa, und sollte es wirklich einmal so schlimm kommen, dass es den Akkord beeinträchtigt, dann ist das eine Frage für die Gewerkschaft. So ist das, wenn man in Schweden wohnt.
Ich selbst verbringe eine Stunde jeden Abend, bevor ich nach Hause gehe, auf der Planierraupe und verteile Kies über dem, was ich mir am Tage habe zuschulden kommen lassen. Wäre ich nach meinem Großvater geraten, dann hätte ich dafür natürlich jemanden angestellt und zugesehen, dass er mir diese Arbeit für eine bescheidene Summe erledigt.
Sollten Archäologen in Zukunft auf die Idee kommen, den schönen waldbedeckten Hügel neben der Ausfahrt der E 4 ein Stück nördlich des Tors zum Haga-Schloss aufzugraben, dann dürfen sie ruhig auch an mich denken. Ein großer Teil der verrosteten Kühlschränke und anderen Unrats, der dort liegt und die Erde mit Fluorchlorkohlenwasserstoffen und Schwermetallen verunreinigt, ist ein Andenken an meinen Sommer im Hagaparken. Das machte man damals nämlich einfach, und je schwärzer der Rauch war, der aus dem Schornstein der Zellulosefabrik zu Hause bei der Verwandtschaft drang, desto besser waren die Zeiten.
Funde, die auf Professor Wille Flügelmutter zurückgehen, der in diesem Sommer erfolgreicher Unternehmer in der Baubranche war und sein Geschäft in der Gegend des Haga-Schlosses betrieb. Andere haben vielleicht andere Erinnerungen an diesen Ort, aber seine Ohren stehen zumindest nicht mehr so weit ab wie noch als Kind. Es half offenbar, eine nasse Serviette um sie herumzubinden.
Ich erinnere mich an meine verschiedenen Sommerjobs. Ich erinnere mich an meine Freunde. Ich erinnere mich an meine erste große Liebe und auch an einige andere Mädchen. Fast alles sind schöne Erinnerungen, zumindest so, wie ich sie im Kopf habe.
Woran ich mich jedoch aus meiner Zeit auf dem Gymnasium am besten erinnere, ist alles, was mich von meinen Schulkameraden in sozialer Hinsicht unterschied. Diese Erinnerungen sind nicht ganz so schön.
35.
Ich wohne auf der falschen Seite der Odengatan
Man kann über Klassenunterschiede lesen. Man kann sie aber auch selbst erleben. Letzteres ist eindrücklicher als Ersteres – ich versichere, dass ich beides ausprobiert habe –, und in meinem Fall werde ich mir ihrer sehr bewusst, nachdem ich auf der höheren Schule angefangen habe. Vorher habe ich keinen Gedanken an diese Frage verschwendet.
In meiner Kindheit war ich das einzige richtige Arbeiterkind im Haus am Tegeluddsvägen, in dem wir wohnten. Die Väter meiner Freunde arbeiteten als Hausmeister, Vorarbeiter, Verkäufer und kleinere Büroangestellte. Einer war Taxifahrer und besaß ein eigenes Taxi. Ein anderer war ein sogenannter Hermodsingenieur, der sein Examen einem Fernkursus verdankte. Wir wohnten alle in identischen Wohnungen, gleich groß und auf dieselbe Art möbliert, und wir hatten alle ungefähr genauso viel Geld zum Leben. Nicht einmal Uffes Papa, der gedruckte Visitenkarten mit dem Titel Verkaufschef besaß, war etwas Besonderes. Die Firma, für die er arbeitete, hatte nur etwa ein Dutzend Angestellte.
Die einzige Person aus der Oberschicht im ganzen Haus war Onkel Bertil, der Junggeselle und laut Papa wie jeder normale und nette Mensch war. Außerdem mochte ich ihn, obwohl er keine eigenen Kinder hatte, mit denen ich hätte spielen können.
Im Haus im Tegeluddsvägen fehlten ganz einfach die gefühlsmäßigen und materiellen Voraussetzungen für Klassengegensätze. Wollte man diese finden, musste man auf die andere Straßenseite gehen und sich auf das alte Trockenklosett hinter den Arbeiterhäusern setzen, obwohl selbst deren Bewohner wie Sune und seine Mutter bereits Badezimmer und Wasserklosett erhielten, als ich in die Volksschule kam, allerdings im Keller und für alle, die im Haus wohnten.
Als wir in die Wohnung in Vasastaden ziehen, ändert sich das, und ich werde mir dessen früh bewusst, da mich einer meiner Klassenkameraden am Realgymnasium darüber unterrichtet, dass ich auf der falschen Seite der Odengatan wohne. Er selbst wohnt auf der richtigen Seite, in Lärkstaden. Sein Vater ist Chirurg und Oberarzt, seine Mutter ist praktische
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