Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
selbst genau wisse, alle jungen Leute hätten. In der Kassette ist Platz für mein Geld, vielleicht auch für mein Tagebuch, falls ich ein solches führe, und alles andere, was nur mir und sonst niemandem gehört, alles, was nicht einmal meine Eltern etwas angeht.
Es handelt sich um die erste Geldkassette meines Großvaters. Er benutzte sie viele Jahre, als er jung war, und bevor er einen richtigen Geldschrank bei Rosengrens in Göteborg kaufte. Wer weiß, vielleicht werde ich den ja auch bald übernehmen, da Großvater in letzter Zeit etwas kränklich ist. Mama hatte die Kassette von Großvater zu ihrem fünfzehnten Geburtstag bekommen, und jetzt soll ich die Tradition also weiterführen.
Für die Kassette gibt es zwei Schlüssel, und es ist wichtig, dass ich sie sorgfältig aufbewahre. Es sind nämlich die einzigen Schlüssel, die es gibt, und falls ich sie verlege, muss Papa die Kassette aufbrechen, und selbst er schafft das nicht im Handumdrehen.
Mama schlägt vor, dass ich den einen Schlüssel an meinem Schlüsselbund trage und den zweiten an dem heimlichen Ort verstecke, den ich für solche Zwecke verwende. Woher auch immer sie das wissen mag, denke ich und beschließe, mir umgehend einen neuen zuzulegen, gleichzeitig will ich Schnaps, Zigaretten und alle anderen heimlichen Dinge, die ich besitze, in der Kassette unterbringen, die ich gerade bekommen habe.
Bereits am zweiten Weihnachtstag habe ich die praktischen Dinge erledigt. Mama, Papa und meine kleine Schwester sind eingeladen. Ich habe eine Ausrede gefunden, um nicht wieder an einem weihnachtlichen Mittagessen bei den Tanten und Onkeln in Sundbyberg teilnehmen zu müssen. Eine Facharbeit in Religion nimmt angeblich alle meine freie Zeit in Anspruch.
»Gut, dass du deine Hausaufgaben machst«, sagt Mama. »Aber du musst mir versprechen, an deine Augen zu denken. Versprich mir, rechtzeitig Bescheid zu sagen, wenn du merkst, dass du eine Brille brauchst. Ich weiß, wie das ist, wenn man nichts sieht.«
Fast stehen ihr die Tränen in den Augen, obwohl sie diverse Brillen für die verschiedensten Zwecke besitzt. Lesen, Nähen, Kochen und normale Spaziergänge. Außerdem solche, die sie benötigt, wenn sie sich in der Sonne aufhalten will oder zum Schutz der Augen beim Autofahren, falls es zu einem Unfall kommen sollte.
Ich habe keine Zeit für ein schlechtes Gewissen, es gibt Dringlicheres. Erst schleppe ich die Kassette in meine Kleiderkammer, anschließend ziehe ich eine Kette durch den seitlichen Handgriff und kette sie mit einem Vorhängeschloss an dem dicken Wasserrohr fest, das an der Wand entlangläuft. Anschließend leere ich alle meine Geheimverstecke: Schnaps, Zigaretten, Tagebuchaufzeichnungen und alle anderen privaten Überlegungen, die ich niedergeschrieben habe. Sogar einige Liebesbriefe, die ich aufgehoben habe, sowie, am allerwichtigsten, mein geheimes Kapital. Ordentlich mit Büroklammern gebündelt, Zehner, Fünfer, Fünfziger, sogar einige Hunderter sowie ein Fünfzigdollarschein, den ich einem Touristen im Hotel gewechselt habe. Zusammengenommen habe ich gut tausend Kronen, die nur mir gehören, von denen sonst niemand etwas weiß und die jetzt sicherer verwahrt werden als je zuvor.
Vorher hatte ich mehrere Verstecke, die sogar meine Mama nicht gefunden hat. Jetzt komme ich mit meiner neuen Kassette aus und muss nicht immer wie ein Irrer rumwetzen, wenn ich von meinem heimlichen Besitz etwas hervornehmen oder wieder verstecken will.
Jetzt fehlt nur noch ein kleines Detail zur Vervollständigung meiner Geheimniskrämerei. Den Rest des Nachmittags verbringe ich damit, mir ein Versteck für meinen Reserveschlüssel und den Schlüssel für das Vorhängeschloss auszudenken. Kein großes Problem, da beide recht klein sind. Vorsichtig mache ich die Fußleiste hinter dem Bett los, lasse sie dahinter verschwinden und schlage die Nägel wieder ein. Dann überprüfe ich, dass man der Leiste nichts ansieht und dass sie auch nicht von der Wand vorsteht.
Ich habe eine ausgezeichnete Arbeit geleistet, ich bin zufrieden mit mir, und als die übrige Familie von ihrem Essen zurückkehrt, bin ich in ein Buch über den Dom in Uppsala vertieft, das ich aufgeschlagen habe, als ich den Schlüssel im Schloss hörte.
Das Einzige, was ich nicht begriffen habe, ist, dass meine Mutter bedeutend verschlagener ist als ich. Es wird fast ein halbes Jahr dauern, bis ich mir über diese Sache klar werde.
Da ich meinen sozialen Verpflichtungen – es gibt immer
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