Der Professor
Internetverbindung bot.
So wie der Lieferwagen, den sie verwendet hatten, war auch der Computer gestohlen. Er hatte ihn vor drei Tagen von einem Tisch im Speisesaal an der Universität geklaut. Es war ein Kinderspiel gewesen. Er schnappte sich den Computer einfach, als ein Student aufstand, um sich einen Cheeseburger zu besorgen. Mit Fritten, tippte Michael. Das Entscheidende bei der Aktion war gewesen, ihn sich nicht einfach zu nehmen und damit wegzurennen und unnötig Aufmerksamkeit zu erregen. Stattdessen hatte er ihn in eine schwarze Laptoptasche aus Neopren gesteckt und war damit zu einem Tisch auf der anderen Seite des Saals gegangen, hatte dort gewartet, bis der Student zurückkehrte, den Verlust entdeckte und brüllte. Er hatte das Diebesgut in einem Rucksack versteckt und war zu der kleinen Gruppe zurückgekehrt, die den wütenden Studenten umringte.
»Mann, du musst sofort den Sicherheitsdienst verständigen«, hatte er im Brustton des älteren Semesters geraten. »Ich würde da keinen Moment warten.« Diese Ansicht war allgemein auf zustimmendes Gemurmel gestoßen, und in der kurzen Zeit danach, in der Handys gezückt wurden und Wirrwarr herrschte, hatte sich Michael einfach mitsamt Rucksack und Laptop dezent aus dem Staub gemacht. Danach war er forsch durch die Studentencliquen marschiert, die draußen auf dem Parkplatz standen, wo Linda auf ihn wartete.
Mancher Diebstahl, dachte er, war unglaublich einfach. Mit Hilfe des Laptops hatte Michael binnen Sekunden einen Fahrkartenschalter für die Trailway-Buslinien nach Boston gefunden. Anschließend hatte er die Kreditkartennummer der Visa-Karte eingetippt, die er aus Jennifers Brieftasche hatte. Er nahm an, dass es sich bei »M. Riggins« um ihre Mutter handelte. Er kaufte eine einfache Fahrkarte für einen Bus, der um 2 Uhr morgens nach New York fuhr. Es ging darum, für den Fall, dass jemand nach Jennifer suchte, eine erste Spur zu legen.
Eine Spur, die bald im Sande verlief,
dachte er.
Danach hatte er den Gang eingelegt und den Rastplatz verlassen. Er kannte einen Müllcontainer hinter einem großen Bürogebäude nicht weit von Boston, der frühmorgens geleert wurde, und wollte den Laptop dort unter jeder Menge Abfall entsorgen. Sollte jemand clever genug sein, die Reservierung zurückzuverfolgen, so würde er eine ziemlich seltsame IP -Adresse finden.
Die nächste Station war der Busbahnhof von Boston. Es handelte sich um ein wuchtiges, quadratisches Gebäude, das sich in Diesel- und Ölschwaden und grelles Neonlicht hüllte. Es herrschte ein unablässiger Gezeitenwechsel aus Passagieren und Bussen, die in die Straßen und die Sehenswürdigkeiten der City strömten, bevor sie auf der Route 93 nach Norden oder Süden beziehungsweise auf der 90 nach Westen weiterfuhren. Es erinnerte ihn daran, wie sich, wenn man ein Thermometer auf einen harten Boden fallen lässt, die winzigen silbernen Quecksilberkügelchen in alle Richtungen ausbreiten.
Die Busstation verfügte über eine elektronische Fahrkartenausgabe, doch er wartete, bis sich mehrere Leute um den Apparat scharten, der einem Bankautomaten glich. Er stellte sich an, zog die gestohlene Visa-Karte durch und bekam den Fahrschein. Es stand »M. Riggins« drauf. Er hielt den Kopf gesenkt. Er wusste, dass sich ein großer Teil des Busbahnhofs im Visier von Überwachungskameras befand, und konnte sich vorstellen, dass ein Cop die Zeitangabe auf dem Fahrschein mit einer Videoaufzeichnung vergleichen und feststellen konnte, dass von Jennifer weit und breit nichts zu sehen war.
Achtung,
sagte eine warnende Stimme in seinem Kopf.
Sobald er den Fahrschein hatte, ging er zur Herrentoilette. Drinnen vergewisserte er sich, dass er allein war, dann schloss er sich in eine Kabine ein. Er öffnete seinen Rucksack und zog eine Jacke heraus, dazu einen Topfhut mit schlaffer Krempe sowie einen falschen Backen- und Schnurrbart. Er brauchte nur wenige Sekunden, um sein Äußeres zu verwandeln, wieder hinauszugehen und eine dunkle Ecke zu finden, in der er wartete.
An dem Bahnhof herrschte rund um die Uhr Polizeipräsenz, die allerdings einen eher gelangweilten Eindruck machte. Die Hauptaufgabe der Bullen bestand darin, die Augen nach Obdachlosen offen zu halten, die hierher kamen, um die Nacht an einem warmen, sicheren Ort zu verbringen, jedoch die vielen Asyle, welche ihnen zu Gebote standen, mieden. Die andere Aufgabe der Bullen war es wohl, Übergriffe zu verhindern, die unerwünschte Schlagzeilen nach sich
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