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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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zurück. Sie hatte genug erfahren. Sie hatte ein Verbrechen vor der Nase, das sie nicht beweisen konnte – es wäre Jennifers Wort gegen Scotts, und selbst ihre Mutter würde wahrscheinlich fälschlicherweise ihm Glauben schenken – was aber Jennifers Entschluss,
Pack deine Sachen und sieh zu, dass du wegkommst,
umso verständlicher machte.
    Terri kehrte noch einmal zu den Gedichten für Mister Braunbär zurück. Eins davon begann mit der Zeile
Du siehst, was ich sehe
 …
    Vielleicht hat er das ja,
dachte Terri,
aber mit Sicherheit kann ein Teddybär nicht vor Gericht aussagen.
    Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Es war der Chief, der von ihr ins Bild gesetzt werden wollte. Sie wusste, dass sie ihre Worte sehr sorgfältig abwägen musste. Scott war ziemlich bekannt und hatte viele einflussreiche Freunde im Rathaus. Wahrscheinlich hatte er den halben Stadtrat irgendwann schon mal behandelt, auch wenn Terri das Wort »behandeln« in dem Zusammenhang eher skeptisch sah. »Schon unterwegs«, sagte sie.
    Sie raffte ein paar Notizen zusammen und war schon halb an der Tür, als das Telefon wieder klingelte. Einen leisen Kraftausdruck auf den Lippen, eilte sie zurück und drückte beim fünften Klingeln, gerade noch rechtzeitig, bevor sich der Anrufbeantworter einschaltete, auf den Empfangsknopf.
    »Detective Collins«, meldete sie sich.
    »Mary Riggins«, hörte sie. Schluchzen. Schniefen.
    »Ja, Mrs. Riggins. Ich war gerade auf dem Weg zum Chief …«
    »Sie ist keine Ausreißerin. Jennifer wurde entführt, Detective«, kam es, halb geschluchzt, halb geschrien aus der Leitung.
    Terri fragte nicht sofort nach Einzelheiten oder nach den Gründen für Marys Behauptung, sondern hörte sich schweigend den Schwall an mütterlichen Ängsten zu Ende an und hatte dabei das Gefühl, mit jedem Wort tiefer in den Sog eines Albtraums zu geraten. Nur dass sie noch nicht wusste, worin er bestand.

11
    J ennifer erwachte mit dem Gefühl, dass etwas anders war, doch sie brauchte ein Weilchen, bis sie begriff, dass sie die Hände frei hatte und ihre Füße nicht mehr ans Bett gefesselt waren. Als sie sich durch den Betäubungsnebel kämpfte, fühlte sie sich wie jemand, der einen steilen Berg hinaufklettert und kurz vor dem Gipfel auf allen vieren krabbeln, sich an Erde und Steine krallen muss, während die Schwerkraft ihn in die Tiefe zieht.
    Instinktiv wusste sie, dass Panik ihr nicht weiterhalf, dennoch kostete es sie eine große Willensanstrengung, gegen die Wogen anzukämpfen, die über sie hinwegzuschwappen drohten. Sie atmete schwer, ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Sie registrierte die Schweißausbrüche und Tränen und alle anderen Symptome der Angst. Sie musste alles daransetzen, dass ihre Hände nicht zitterten, während ihr ganzer übriger Körper unwillkürlichen Zuckungen und Krämpfen ausgeliefert war. Ihr kam der Gedanke, dass sie es in diesem Moment mit zwei Jennifers zu tun hatte; derjenigen, die kämpfte und versuchte, sich auf das, was mit ihr passierte, irgendwie einen Reim zu machen, und der anderen, die sich der hoffnungslosen Agonie überlassen wollte.
    Wenn sie am Leben bleiben wollte, musste die erste siegen.
    Sie hob die Hände ans Gesicht und berührte die seidene Kapuze. Sie wollte sie packen, sich vom Gesicht reißen, um zu sehen, wo sie war – doch sie war so geistesgegenwärtig, dem Bedürfnis zu widerstehen. Sie holte tief Luft und merkte, wie sie etwas beengte. Langsam senkte sie die Hände und traf mit den Fingern an ein Halsband. Es bestand aus billigem Leder, war mit spitzen Metallnieten beschlagen und ihr eng um den Hals geschnallt. Sie berührte das Ende einer Stahlkette, mit der sie an irgendetwas festgebunden war, allerdings so, dass sie ein wenig Bewegungsspielraum hatte.
    Sie tastete ihre Haut nach Verletzungen ab, stellte jedoch keine fest. Ihre einzige Kleidung bestand nach wie vor aus ihrer dürftigen Unterwäsche. Sie legte sich wieder aufs Bett zurück und starrte in der Kapuze nach oben – an die Decke, in den Dachstuhl, in den Himmel.
    Sie lag nicht länger mit abgespreizten Armen und Beinen da, war aber dennoch gefesselt. Sie konnte sich so weit bewegen, wie die Kette reichte, doch im Moment verspürte sie noch keinen Drang, von ihrer neuen Freiheit Gebrauch zu machen. Sie merkte plötzlich, dass ihre Blase drückte und sie immer noch schrecklichen Durst hatte.
    Sie wusste, dass sie eigentlich auch Hunger haben sollte, doch die Angst schnürte ihr den Magen zu. Die

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