Der Profi
doch bloß Kleingauner, die das Handy eines unaufmerksamen Gastes gestohlen hatten. Er hätte ihnen Glück wünschen sollen, schließlich gehörten sie derselben Zunft an. Aber er tat es nicht. Seine guten Wünsche hob er sich für sich selbst auf. Der Rest der Welt konnte zur Hölle fahren! Genau wie dieser Russe, den er, ein paar Häuserzeilen weiter, soeben in Rauch und Asche verwandelt hatte. Bei diesem Gedanken machte er ein zufriedenes Gesicht. Nach so vielen Jahren und so vielen Morden einfach auf einen Knopf zu drücken und aus einem elenden Erdenbürger ein Häufchen Staub zu machen erfüllte ihn geradezu mit Stolz. Zum Teufel mit dir, du Dreckskerl von einem vor ! Jetzt gehörst du für immer der Vergangenheit an!
Da summte sein Handy in der Manteltasche. Unbekannte Rufnummer.
»Ja! Apolinar hier«, meldete er sich.
Eine Stimme voll Ingrimm antwortete ihm:
»Bockmist! Konntest du das nicht auf diskretere Art erledigen?«
»Der Tod ist nur selten diskret …«, entgegnete Apolinar und schmunzelte über den gelungenen Spruch.
»Komm mir jetzt bloß nicht mit deiner Kneipenphilosophie, du Schwachkopf! Du hast nicht nur Timofeew erledigt, sondern auch noch seinen Chauffeur erwischt. Außerdem liegt ein Kripobeamter halbtot auf der Intensivstation, die Fensterscheiben von was weiß ich wie vielen Wohnungen in der Umgebung sind zertrümmert, und in der Straße hat sich ein riesiges Loch aufgetan. Dazu gibt es ein halbes Dutzend Verletzte!«
Während Apolinar Estilo weiter die Gran Vía entlanglief, zuckte er gleichgültig mit den Schultern. Er tat einen kräftigen Zug an seiner Zigarette und schnippte sie dann locker aus dem Handgelenk zu Boden.
»Na und? Die Amerikaner nennen so was ›Kollateralschaden‹.«
»Was heißt hier: ›Na und?‹ Die wissen alle längst, wie du heißt!« Dann fuhr sein Gesprächspartner mit ruhigerer Stimme fort: »Du bist in letzter Zeit ziemlich unvorsichtig.«
Der Satz klang wie eine Drohung. Apolinar blieb mitten auf der Straße stehen.
»Was hast du da gesagt?«
»Verflucht, die kennen deinen Namen! Du hast überall Spuren und Fingerabdrücke hinterlassen, und so sind sie im Archiv auf dich gestoßen. Fehlte bloß noch deine Visitenkarte am Tatort …«
Estilo schnalzte mit der Zunge.
»Stimmt das wirklich?«
»Du sitzt in der Scheiße, Junge! Eins schwör ich dir: Mich ziehst du da nicht mit rein, vorher zerstör ich dir dein Leben. Ich schwör dir, du findest keine ruhige Minute mehr!«
Sein Auftraggeber schien die Nerven zu verlieren. Dieses elende Arschgesicht! Aber er hatte Geld, und er zahlte gut.
»Ich bring meinen Auftrag zu Ende. Danach hau ich ab. Mach dir um mich keine Sorgen. Stell nur sicher, dass du das Geld hast, wenn ich es von dir einfordere …«
»Selbstverständlich beendest du deinen Auftrag!«, schrie ihm sein Gesprächspartner durchs Telefon zu. »Dir bleiben noch vier … Ich hoffe, das ist dir klar.«
»Schick mir Namen und Termine, ich nehme mich der Sache an.«
Dann war es still in der Leitung. Der Auftraggeber schien sich zu beruhigen.
»Morgen bekommst du alles, was du brauchst. Ich will, dass die Sache spätestens in vierzehn Tagen vom Tisch ist! Du solltest dich beeilen. Und noch was, Apolinar … keinen Fehler mehr, verstanden!«
Als Fuad das Restaurant betrat, in dem er sich mit Barbara treffen wollte, ging ihm langsam, aber sicher die Puste aus. Das war ein paar Stunden vor der Explosion, in deren Anschluss ich mit Cruz einige Drinks geleert hatte. Fuad betrachtete sich im Spiegel am Eingang und wurde sich bewusst, wie unpassend er für den Anlass gekleidet war – mit Glamour hatte das nur wenig zu tun! Sein marineblauer Anzug, den er jeden Tag im Geschäft anhatte, hing wie ein alter Sack an ihm herab. Sein Haar war ungekämmt, und seine Haut, normalerweise braun gebrannt, wirkte heute irgendwie gelb und kränklich. Er arbeitete schon seit Monaten ununterbrochen und er kannte mit Schrecken, dass sich tiefe Ringe unter seinen schwarzen Augen abzeichneten.
Einige Stunden vorher hatte er sich in seiner Panik seinem Freund Marcial anvertraut. Dieser war aus allen Wolken gefallen, hatte ihm auf den Rücken geklopft und ihn überschwänglich beglückwünscht. »Was sagst du da? Mit Barbara? Mit unserer Sexgöttin? Das gibt’s ja wohl nicht! Hör mal, du wirst das doch nicht etwa geträumt haben? Manchmal hast du ja so hitzige Fantasien …« Fuad versicherte ihm, dass er tatsächlich ein Rendezvous mit Barbara habe. »Wenn
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