Der Profi
erpresst. Nein, das alles war viel zu weit hergeholt! Überdies würde ein Bulle die vory niemals auf eine so … indiskrete Weise ermorden.
Der Gedanke an den Polizeibeamten versetzte mich in Unruhe: Korrupte Bullen waren immer eine schlechte Nachricht. Sie bewegen sich mit demselben Eifer in der Illegalität, wie sie ihr Moralgeschwafel gegen das Verbrechen erheben. Schlimmer noch: Sie verfügen über einen mächtigen Apparat, um es zu bekämpfen.
Und das war der Grund, warum ich Cruz Navarro die Information weitergab. Falls Rasputin in den Fall verwickelt war, bräuchte ich die Hilfe von Cruz und Valls, um ihn, sobald seine Identität ermittelt war, ausschalten zu können, ohne zu dramatischeren Mitteln greifen zu müssen. Mit anderen Worten: Ich brauchte die Hilfe der Polizei, um den Polizisten Rasputin zu erledigen.
In diesem Augenblick startete Cruz erneut durch.
»Wenn es ihn wirklich gibt, möchte ich den Namen dieses Rasputin …«
»Seien Sie doch nicht so blauäugig zu glauben, dass all Ihre Kollegen blütenreine Westen haben! Ein Beamter der Kripo stand bei Zagonek in Lohn und Brot, so was kommt viel häufiger vor, als Sie denken. Jetzt ist er uns zu nichts mehr nütze, und ich möchte ihn, genau wie Sie, aus dem Verkehr ziehen. Sobald ich seinen Namen weiß, erfahren Sie ihn als Erste.«
Ausgedehnter Zug an meiner Zigarette.
»Sie spielen ein gefährliches Spiel, Corsini«, warnte sie mit eisiger Stimme. »Ich hoffe für Sie, dass Sie Glück haben!«
Das hoffe ich auch, sagte ich mir.
»Geben Sie mir ein paar Tage Zeit, dann verfüge ich über mehr Informationen. Tun Sie einfach Ihren Job. Ich halte Sie über alles, was ich herausfinde, auf dem Laufenden. Notieren Sie mir Ihre Telefonnummer auf dieser Serviette hier. Sobald ich mehr weiß, melde ich mich bei Ihnen.«
Sie kniff die Lippen zusammen und schüttete in einem Zug den Rest ihres Drinks hinunter.
»Junge, Junge …«, murmelte Cruz.
Die Plaza de la Paja füllte sich in wenigen Minuten mit Einsatzfahrzeugen der Madrider Polizei, Rettungswagen, Feuerwehrautos, Kleinbussen verschiedener Fernsehka näle samt Satellitenschüsseln und einer großen Menge Schaulustiger. Cruz fand Valls immer noch schwer ver letzt am Boden liegend vor: Inzwischen rann ihm auch das Blut aus dem Mund, und er röchelte. Die Rettungskräfte gestatteten es Cruz nicht, den Verletzten im Krankenwa gen zu begleiten, sie musste sich mit dem Namen der Klinik begnügen, in die er gebracht wurde. Bevor Cruz ihnen in die Klinik folgte, setzte sie sich auf eine Bank und rief Jarrete an. Der Kommissar wusste bereits Bescheid und nahm die Nachricht über Valls’ Gesundheitszustand scheinbar besorgt auf. Dann bombardierte er die Hilfskommissarin mit Fragen über das Wie, Wann und Warum des Attentats. Der kritische Zustand von Román Valls rückte dabei schnell in den Hintergrund.
»Wer ist umgekommen?«, wollte Jarrete wissen.
Cruz nannte ihm Timos Namen. Dann erzählte sie in allen Einzelheiten (ohne meinen Namen zu erwähnen), was vorgefallen war.
»Verflucht! Die Pressegeier werden das Thema aus schlachten bis zum Gehtnichtmehr. Und der Staatssekretär … Ich bin schon unterwegs. Bleiben Sie, wo Sie sind, Navarro. Übrigens«, hakte Jarrete nach, »haben Sie end lich diesen Corsini gefunden?«
Cruz hatte gehofft, dass der Kommissar mich in der Zwischenzeit vergessen hatte. Sie verfluchte mich innerlich, entschied sich dann jedoch für den klügsten Weg (zumindest was mich anging): Sie belog ihren Vorge setzten.
»Nein, Señor Jarrete!«
»Waren Sie vor dem Restaurant nicht auf Beobach tungsposten?«
»Doch, Señor Jarrete!«
»Navarro, die von der Bereitschaft teilen mir gerade mit, dass Corsini, Minuten bevor die Bombe hochging, mit den Russen im Restaurant zu Mittag gegessen hat …«
Dann wurde seine Stimme zunehmend lauter. Cruz schloss die Augen. Sie hatte die Kohorte von Ermittlern, die den vory ständig auf den Fersen waren, völlig vergessen. Hatten sie Cruz etwa dabei beobachtet, wie sie hinter mir hergerannt war oder wie sie gemeinsam mit mir die Bar betreten hatte? Cruz hoffte, dass sie inmitten des ganzen Tumults niemandem aufgefallen war.
»Hier geht’s drunter und drüber. Die Detonation und …«
»Und die übrigen vory ?«
»Sind in ihren Fahrzeugen abgehauen. Wir sollten den Richter einschalten zwecks Haftbefehl.«
»Darum kümmern wir uns schon«, erwiderte Jarrete. »Warten Sie auf mich!«
Der Kommissar brauchte genau zwanzig Minuten
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