Der Profi
im Duett: »Polizei! Keine Bewegung!« Aus meinem Mund hörte sich das ziemlich dämlich an, aber es machte mir Spaß! Wir fanden Palacios in Unterhose und Unterhemd erschöpft auf der Bettkante hockend vor. Ohne sein gewohntes Haargel hing ihm das spärliche Haupthaar schlaff vom Kopf. Er war allein. Auf dem Bett standen ein Laptop und eine Tiefkühlpizza. Den Nachttisch zierten mehrere leere Bierdosen.
Palacios sah uns verdutzt an.
»Mein Name ist Hilfskommissarin Navarro! Sind Sie Oscar Palacios?«
Der Mann nickte stumm. Er hielt noch immer den Telefonhörer in der Hand.
»Das kann ich dir auch bestätigen«, mischte ich mich ins Gespräch ein.
»Halt den Mund, Corsini!«, befahl Cruz. »Und steck deine Knarre endlich wieder ein! Sind Sie der Besitzer der Kette Pink Palace ?«
Palacios nickte erneut.
»Ja, der bin ich.«
»Gut«, sagte Cruz. »Rühren Sie sich nicht von der Stelle, Señor Palacios, wir nehmen an, dass Sie Kontakte mit einem hochrangigen Beamten der Kripo pflegen und ihn wiederholt bestochen haben. Er hat in Ihrem Auftrag mehrere russische Staatsbürger umgebracht!«
Was erwartete Cruz eigentlich, ein Geständnis? Zuerst sah Palacios mich an und dann wieder Cruz.
»Kommissarin«, sagte er dann.»Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss?«
»Nein, ich habe keinen. Falls ich Sie zu Unrecht beschuldige, können Sie jederzeit Anzeige gegen mich erstatten. Aber zuerst geben Sie mir bitte Ihr Handy!«
Palacios schien wenig Lust zu haben, mit uns zusammenzuarbeiten. Also ging ich zum Nachttisch, auf dem das Mobiltelefon bläulich blinkte. Palacios warf aus dem Augenwinkel nervös einen Blick auf sein Handy.
»Vergiss es, Palacios«, sagte ich.
»Du wirst dir noch wünschen, mich niemals kennengelernt zu haben, Corsini.«
»Señor Palacios«, rief Cruz mit lauter Stimme dazwischen. »An Ihrer Stelle würde ich niemandem drohen!«
Daraufhin legte er die Hände in den Schoß, und ich reichte Cruz sein Handy. Die Hilfskommissarin begann sofort, das Nummernverzeichnis zu überprüfen. Palacios’ verzog verächtlich den Mund.
Da sagte ich: »Du glaubst wahrscheinlich, dass deine Verbündeten dich beschützen werden. Aber denk mal drüber nach, was würdest du tun, wenn du in ihrer Lage wärst? Palacios, du bist ein toter Mann!«
»Klingt ganz schön theatralisch«, antwortete er und unterdrückte ein Gähnen. »Sagen Sie, Kommissarin, wissen Sie überhaupt, in was Sie sich da einmischen? Wenn ich mit Ihnen fertig bin, bekommen Sie nicht mal mehr eine Anstellung als Nutte in meinem Bord…«
Ich versetzte ihm einen Faustschlag. Palacios jaulte auf und fiel aufs Bett zurück. Erstaunlicherweise blieb Cruz völlig teilnahmslos. Sie prüfte noch immer das Telefonverzeichnis von Palacios’ Handy, um Rasputins Identität herauszufinden.
Dann sagte sie: »Palacios, Sie sollten lieber ruhig sein. Der Mann da hat diese Woche schon zwei Menschen umgelegt!« Mit ihrer Bemerkung stieg die Hilfskommissarin auf meiner Werteskala um viele Punkte.
Palacios hielt sich die Nase, um den Blutstrom aufzuhalten, der ihm zwischen den Fingern hindurchtropfte. Cruz war bei einem Eintrag des Nummernverzeichnisses von Palacios’ Handy hängen geblieben. Ich reckte den Hals, um zu sehen, um welchen Namen es sich handelte. Aber Cruz ließ mich nicht. Dann ging sie zur Tür hinüber und bedeutete mir, ihr zu folgen.
»Corsini, ich brauch mehr Informationen«, flüsterte sie mir zu. »Aber ohne Gewalt …«
Ich zog die Augenbrauen hoch. Palacios hatte ein Taschentuch aus der Schublade seines Nachttisches gezogen, um den Blutfluss zu stoppen. Ich ging auf ihn zu.
»Also, ich werde dich jetzt noch einmal in aller Höflichkeit bitten«, sagte ich und setzte mich neben ihm aufs Bett. »Der Name deines Kontakts bei der Kripo – wer ist der Mann?«
»Weiß ich nicht …«
Ich versetzte ihm einen weiteren Schlag ins Gesicht. Dabei tat ich alles, um ihn nicht am Auge zu treffen.
»Corsini!«, schrie Cruz, wobei sich ihre Stimme mit der von Palacios vermischte.
»Sie misshandeln mich!«, heulte der Juniorchef mit näselnder Stimme. »Kommissarin, ich verlange, dass Sie umgehend …«
Ich schlug erneut zu.
»Verflucht noch mal, Lucca«, entfuhr es Cruz, aber sie unternahm nichts, um mich zu stoppen. »Und Sie, Palacios, sagen Sie endlich, was Sie wissen«, beschwor sie den Mann von der Zimmertür aus.
Ich war erstaunt, dass sie nicht dazwischenging. Vielleicht war sie mit ihrer Geduld am Ende, vielleicht war sie an
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