Der Profi
behaupten, dass ich Apolinar Estilo bei den Morden an den vory unterstützt habe und dass du – sie allein wissen, wie sie das hinkriegen, aber es wird ihnen gelingen – meine Komplizin warst. Oder sie lassen deine Leiche einfach irgendwo verschwinden … Das Ergebnis ist unterm Strich das gleiche.«
Dann riskierte ich einen weiteren flüchtigen Blick nach unten, um zu sehen, was Rasputin und seine Schergen als Nächstes unternehmen würden.
Als ich mich wieder umdrehte, stand Cruz noch immer an derselben Stelle. Wir durften keine weitere Zeit verlieren!
»Cruz? Cruz, sieh mich an!«
Ihre Augen folgten mir wie in Zeitlupe. Sie war leichenblass. Ich packte sie, und um sie aus ihrem Schock (oder das meinte ich zumindest!) wach zu rütteln, küsste ich sie plötzlich direkt auf den Mund, geradezu aggressiv, damit keiner von uns beiden diesen Moment jemals vergaß. Ich jedenfalls werde den Augenblick nie vergessen, weil ich vor Schmerzen nur noch Sterne sah. Sie reagierte nicht, aber sie machte sich auch nicht von mir los.
Als ich sie wieder freigab, hauchte sie mir zu: »Der Plan? Was hast du vor?«
»Das weiß ich selbst noch nicht. Du wirst die Erste sein, die es erfährt, wenn mir etwas einfällt.«
Sie murmelte eine anzügliche Bemerkung.
»Als Erstes solltest du vielleicht mal Palacios’ Laptop beschlagnahmen!«
Da öffnete Palacios die Augen und warf sich auf seinen Computer. Cruz reagierte sofort und entriss ihm das Gerät.
»Keine Bewegung!«, sagte sie drohend. »Und nun? Was machen wir jetzt?«
»Jetzt improvisieren wir!«
Mit einem Sprung war ich am Bett, packte Palacios an der Gurgel, lief mit ihm zur Tür und wagte mich mit ihm als menschlichem Schutzschild ein Stück hinaus.
Dann schrie ich die Treppe hinab: »Jarrete, lass uns gemeinsam die Lage überdenken …«
In derselben Sekunde zuckte Palacios heftig zusammen und stöhnte leise auf. Gleich danach fiel er mit seinem ganzen Gewicht auf mich. Ich stand kurz davor, zu Boden zu gehen, bevor er schließlich in sich zusammensackte. Ich sprang zur Seite. Palacios lag mit offenem Mund und überraschtem Gesichtsausdruck vor mir auf dem Boden. Zwei rote Kreise waren auf seiner Brust zu sehen, in Sekundenschnelle war sein weißes Hemd vollständig mit Blut durchtränkt. Seine Augen suchten mich, er wollte mir noch etwas sagen, aber seine letzten Worte blieben ihm im Hals stecken. All das spielte sich in wenigen Sekunden ab. Aber im Grunde dauerte es viel zu lange. Als ich mich gerade bücken wolte, zog ein wahres Kugelgewitter über meinen Kopf hinweg und verfolgte mich bis ins Innere des Schlafzimmers.
»Schlechte Nachrichten …«, sagte ich zu Cruz. »Wir haben soeben unser letztes Verhandlungspfand verloren. Dann kommt jetzt eben unser Alternativplan …«
»Haben wir überhaupt einen Alternativplan?«, fragte Cruz. »Und wag es nicht noch einmal, mich auf den Mund zu küssen, Corsini!«
Ich streckte einen Arm zur Tür hinaus und gab insgesamt vier Schüsse ab, die wie die Donnerschläge einer Kanone widerhallten. Danach schoss ich einmal in die Luft. Ich wollte nicht unbedingt schon wieder jemanden verletzen: In derselben Nacht zwei Polizisten umzulegen bedeutete, sich selbst in größte Schwierigkeiten zu bringen, selbst wenn es gute Gründe dafür gab!
»Corsini!«, brüllte Cruz. »Bist du wahnsinnig geworden? Hör sofort auf zu schie…«
Da wagte ich mich einen halben Schritt aus dem Zimmer, zielte mit größter Vorsicht und schoss zweimal auf ein kleines Fenster mit verspiegelten Scheiben gleich neben der Eingangstür. Es zerbarst in tausend Splitter. Danach hörte ich ein raues Husten. Ich ging wieder in Deckung.
»Was machst du da, Corsini?«
»Lärm, was sonst?« Dann schrie ich erneut ins Treppenhaus hinaus: »Jarrete, was glaubst du eigentlich? Die Guardia Civil ist längst auf dem Weg! Und vergiss den Wachmann von der Einfahrt nicht! Oder willst du den auch umlegen? Ich frage mich, wie du das hier alles später erklären willst?«
Cruz stellte sich neben mich.
» Lärm . Ach so!« Plötzlich glaubte ich aus ihren Worten Zustimmung herauszuhören.
Die Gruppe der Angreifer rief sich untereinander Kommandos zu. Jarrete tobte vor Zorn:
»Hör zu, Corsini, du bist ein toter Mann. Ich mach dir das Leben zur Hölle, bis du auf den Knien angekrochen kommst, du elender Scheißkerl!«
Dann zogen sie ab.
Cruz kniete sich nieder und überprüfte, was sowieso längst klar war: Palacios war tot. Wir mussten verschwinden, bevor
Weitere Kostenlose Bücher