Der Profi
vieles höher! Warum sollte ich also Geld verlieren, hä? Die Russen können mich mal kreuzweise!«
»Palacios, du bist ja völlig verrückt«, sagte ich.
Dann setzte sich der Juniorchef wieder aufs Bett. Er war am Ende.
»Ihr könnt mich alle mal«, grummelte er erneut. »Schließlich kann ich verkaufen, an wen ich will …«
Cruz trat auf Palacios zu.
»Señor Palacios, wessen Idee war das?«
Doch Palacios hörte uns schon nicht mehr zu. Ich baute mich vor ihm auf. Aber ich hatte keine Zeit mehr, ihn weiter zu vermöbeln.
Mit ohrenbetäubendem Krachen sprang die Haustür aus ihren Scharnieren. Ich stürzte zur Schlafzimmertür und sah, wie Rasputin , von zweien seiner Killer gefolgt, in die Eingangshalle stürmte. Die Haustür hatte unter der Wirkung eines Rammbocks aus schwerem Metall nachgegeben. Einer der Männer hielt ihn noch in der Hand. Gleich darauf pflanzten die Eindringlinge sich wie Polizisten in einem amerikanischen Actionfilm im Gang auf: mit ausgestreckten Armen, die Pistolen im Anschlag. Alle Waffen hatten aufgesetzte Schalldämpfer. Ihr Ziel waren, ohne Zweifel, wir selbst!
Cruz stellte sich neben mich und umklammerte mit aller Kraft meinen Arm. (Ich war heilfroh, dass es der rechte war.)
»Sie haben uns also gefunden«, flüsterte ich. »Sie waren verdammt schnell!«
Es war nur folgerichtig, dass ich, nachdem ich lebend aus dem Loft entkommen war und mir keine weiteren Fährten zur Verfügung standen, zuerst Palacios aufsuchen würde. Rasputin hatte nur zwei und zwei zusammenzuzählen brauchen, und dann hatte er sich auf die Suche nach mir gemacht.
Natürlich hatte ich genau das beabsichtigt!
Es war die einzige Chance, meiner Verbündeten, Hilfskommissarin Cruz Navarro, ihren Intimfeind zu präsentieren: Ich wollte ihr den definitiven Beweis von Rasputins Identität liefern. War mir das erst gelungen, ging es bloß noch darum, lebendig aus der Geschichte herauszukommen. Und das war kein Zuckerschlecken …
»Hier oben! Sie sind hier oben!«
Palacios hatte seine Worte laut geschrien. Rasputin sah hinauf und stellte fest, dass wir jede seiner Bewegungen verfolgten. Ein böses Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. Doch er vermied es, mir direkt in die Augen zu sehen. Ich präsentierte ihm meine Glock. Daraufhin richteten die drei Männer ihre Waffen in unsere Richtung.
» Kommissar Jarrete?« , rief Cruz lauthals. Endlich besaß Rasputin einen Nachnamen! »Wir halten hier oben einen Mordverdächtigen fest, kommen Sie schnell, ich …«
In diesem Moment feuerte Jarrete eine Ladung Blei in unsere Richtung, die neben uns in der Wand einschlug. Er hatte uns verfehlt, aber nur knapp: Farbreste rieselten mir übers Haar. Ich packte Cruz und schob sie ins Schlafzimmer zurück.
»Überlass mir die Angelegenheit«, sagte ich zu ihr. »Kümmere dich darum, dass Palacios sich nicht von der Stelle rührt. Rasputin … äh, Jarrete … wird alles daransetzen, dass wir hier nicht lebend rauskommen.« Dann schrie ich nach unten: »Jarrete! An deiner Stelle würde ich besser nicht die Treppe raufkommen. Ich hab heute nämlich keinen Fluchtweg, aber ich hab auch nicht vor zu sterben …«
Mit größter Vorsicht streckte ich den Kopf zur Tür hinaus: Die Männer waren nach wie vor im unteren Stockwerk, sie diskutierten die Lage und bereiteten ihren Angriffsplan vor. Cruz stand wie gelähmt in der Mitte des Zimmers, die Hände an die Schläfen gepresst, mit zur Zimmerdecke gerichteter Waffe. Palacios lag währenddessen noch immer auf dem Bett und umklammerte ein Kopfkissen, als könne die Federfüllung ihn vor einer verirrten Kugel schützen.
Ich bemühte mich, so beruhigend wie möglich zu sprechen, soweit das unter den Umständen überhaupt möglich war. Gleichzeitig redete ich mit aller Dringlichkeit, zu der ich in der Lage war:
»Hör zu, Cruz! Wir wissen jetzt, wer Rasputin ist. Schauen wir also, dass wir hier lebendig rauskommen. Aber dafür musst du mir hundertprozentig vertrauen, hörst du! Dort unten …« – ich deutete mit meinem Daumen in Richtung Erdgeschoss – »… gesteht dir niemand eine Waffenruhe zu, und es erwartet dich auch keine Gnade. Sie werden uns wie die Hunde über den Haufen schießen, ihre eigenen Spuren beseitigen und sämtliches Material, das auf eine Verbindung zu Palacios hinweist, vernichten. Zum Schluss werden sie die Taschen der Richter bis zum Rand mit falschen Beweisen füllen, die uns in direkten Zusammenhang mit den Verbrechen bringen sollen. Sie werden
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