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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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und über das wir an weitere Informationen gelangen konnten. Aber ich fand den Betreffenden nicht. Dann kreuzten auf einmal vier Jugendliche meinen Weg. Sie waren noch halbe Kinder und hatten gerade mehrere Videokonsolen aus einem Lager gestohlen. Ich befahl ihnen stehen zu bleiben, ge nau wie man es uns auf der Akademie beigebracht hat. Einer von ihnen hatte sich die Dienstwaffe seines Papis ausgeliehen. Er gab einen Schuss ab. Zu viele Videospiele, zu viele Yankee-Filme, was auch immer … Jedenfalls hatte er in meine Richtung geschossen. Im Grunde war es eine Dummheit, denn die Kugel verfehlte mich weit. Aber ich war müde, nervös, ich war beschissen drauf, also schoss ich zurück!«
    Ich stand auf und goss uns noch einmal Whiskey nach. Cruz hatte schon zu viel getrunken. Aber ich würde nicht derjenige sein, der ihr Bedürfnis nach Betäubung unterdrückte. Außerdem entsprach es ja meinen eigenen Narkosemethoden.
    »Spätere Untersuchungen sprachen mich von jeglicher Verantwortung frei. Aber das Stöhnen des Jungen, während er verblutete, wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Genau wie das Klagegeschrei der Mutter bei seiner Beerdigung. Nein, ich war nicht dort! Aber ich habe alles im Fernsehen gesehen. Die Nachrichtensendungen wiederholten die Bilder ununterbrochen. Sie verfolgten mich noch monatelang.«
    »Und deine Familie?«
    »Mein Vater empfindet einen tiefen Hass auf alles, was ich repräsentiere. Er war entschieden dagegen, dass ich bei der Polizei anfing, und der Hohn der Öffentlichkeit gegen mich war für ihn wie eine späte Rechtfertigung seiner Vorwürfe. Und meine Mutter … na ja, sie gehört ganz zur alten Schule: Bei ihr hat der Mann noch die Hosen an.«
    Der Schmerz der Erinnerung ließ sie stocken.
    Irgendwann sagte ich:
    »Cruz, das ist die Welt, in der wir leben. Wenn du das nicht akzeptierst, dann wird diese Welt dich irgendwann zerstören.«
    Sie trank aus. Und ich stand auf und kniete mich vor den Sessel, auf dem sie saß.
    »Das sage ich, weil ich dir helfen möchte, aber auch weil ich den Eindruck habe, dass du kurz vor dem Zusammenbruch stehst, und ich brauche deine volle Unterstützung, damit wir aus der Geschichte heil herauskommen. Cruz, du musst …«
    Da küsste sie mich auf den Mund, und ich konnte nicht mehr weiterreden. Sie ließ sich nach vorn auf mich fallen, und dann rollten wir gemeinsam über den Boden. Ich verbiss mir den Schmerz, während wir uns auf dem schmuddeligen Teppich der Pension die Kleider vom Leib rissen. Ich stieß mehrmals kraftvoll zu, sie hielt den Atem an. Dann erhob ich mich, während sie die Beine um mich schlang, und trug sie zum Bett. Dort vergaßen wir für eine Weile die Welt und ihre Bewohner, die unser Leben in den letzten Wochen in einen Albtraum verwandelt hatten.
    Danach lagen wir uns in den Armen, und ich sagte mir, dass unser Sex wahrscheinlich das Beste gewesen war, was diese Pension seit Jahren zu sehen bekommen hatte. Als ich das zu ihr sagte, musste Cruz lachen. Ich liebe ihre Art zu lachen, auch heute vermisse ich sie noch manchmal …
    »Wir müssen aufstehen …«, sagte ich irgendwann zu Cruz, die sich an mich schmiegte.
    »Nein, frühestens nächste Woche …«, flüsterte sie mir ins Ohr.
    »Ich fürchte, Fuad und die anderen werden bald hier sein. Wenn all das vorbei ist, weiß ich einen wunderbaren Ort, an dem wir uns erholen können und …« – ich ließ die Hand an ihrem Bauch hinunterwandern – »genau dort weitermachen, wo wir stehen geblieben sind.«
    Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und erhob sich ohne das geringste Anzeichen von Scham vor mir aus dem Bett. Nackt, ohne Brille und mit ihren zerwühlten Haaren war Cruz einfach atemberaubend.
    Eine halbe Stunde später klopfte es ein paarmal diskret an der Zimmertür. Als ich sah, wie sich die drei Unternehmensberater von Brown & McCombie vor der Tür drängelten, musste ich erst einmal bis zehn zählen.
    Noch halb benommen sagte ich: »Fuad … als ich dich darüber informierte hierherzukommen, meinte ich damit nicht, dass du deine sämtlichen Arbeitskollegen mitbringen sollst.«
    »Es ließ sich leider nicht vermeiden«, murmelte er verlegen, als ich die drei hereinließ.
    Sie suchten sich einen Platz, wo sie konnten, das Inventar des Zimmers war spartanisch.
    Das Bett war inzwischen gemacht. Aber Barbara entfernte zuerst ein paar Fussel von den Betttüchern, bevor sie sich daraufsetzte. Marcial und Fuad blieben stehen.
    »Was ist denn mit Ihnen passiert,

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