Der Profi
bringen. Sicherlich wünscht sich keiner von uns weitere Leichen, habe ich Recht?«
Cruz machte einen halben Schritt auf mich zu.
»Schmeißen Sie uns nicht mit Ihresgleichen in einen Topf, Corsini! Wir gehören nicht derselben Welt an!«
»Selbstverständlich nicht …«, antwortete ich, von ihrem aggressiven Tonfall überrascht. »Na gut, wenn Ihnen das lieber ist, formulieren wir es so: Wir arbeiten am gleichen Fall!«
Valls verhinderte eine zornige Antwort seitens Cruz, indem er mich fragte:
»Dann erzählen Sie doch mal: Worum handelt es sich denn bei diesen ›jüngsten Ereignissen‹?«
»Ich bitte Sie, Hilfskommissar. Sie beleidigen meine Intelligenz. Sie wissen doch genauso gut wie ich, worüber wir reden!«
Valls wechselte das Thema: »Sagt Ihnen der Name Michail Gagarin etwas?«
»Das ist doch offensichtlich, oder?«
»Sie waren gestern Nacht in seinem Haus«, sagte Valls, wobei er einen theatralischen Blick auf die Aufzeichnungen in seinem Notizblock warf. »Sie haben den Ort erst in den frühen Morgenstunden verlassen. Handelte es sich bei diesem Treffen um ein gemütliches Zusammensein?«
»Um Ihnen die ganze Wahrheit zu sagen: Nein. In meinem Job gibt es wichtigere Dinge als die Gemütlichkeit.«
»Dann wechseln Sie doch den Job …«
»Leichter gesagt als getan«, versetzte ich. »Falls es Sie interessiert, ich bin schon seit einer Weile damit beschäftigt, mich aus dem aktiven Berufsleben zurückzuziehen. Aber es will mir einfach nicht gelingen!«
»Worüber haben Sie in Gagarins Villa gesprochen?«
Ich blickte um mich. Ein jugendliches Pärchen kam Hand in Hand von der Plaza de Oriente auf uns zugelaufen.
»Das ist ein Berufsgeheimnis.«
Das verliebte Pärchen lief ganz dicht an dem Hilfskommissar vorüber, und obwohl die beiden nicht in unsere Richtung sahen, wartete er, bis sie sich wieder entfernt hatten.
»Señor Corsini, verraten Sie mir eins: Wie würden Sie selbst Ihre derzeitige Situation beschreiben?«
»Ich würde es so sagen: Sie sind in der Pflicht, einen Mörder zu stellen, und ich muss verhindern, dass es zu weiteren Morden kommt. Ich bin jedenfalls nicht derjenige, den Sie suchen.«
Das war natürlich nur ein Teil der Wahrheit, meine wirkliche Absicht war es, den Mörder festzunageln und ihn eigenhändig ins Jenseits zu befördern, bevor es hieß, die Russenmafia sei ohne die Bullen nicht imstande, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.
»Dann nennen Sie mir einen Namen …«
»Was täte ich lieber, Hilfskommissar! Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wer der Mörder ist.«
»Lassen Sie mich einen Vorschlag machen …«
Ich nickte. »Nur zu!«
»Wladimir Timofeew.«
Da hatte er mich auf dem falschen Fuß erwischt, und man merkte es mir an. Der Hilfskommissar hatte mir einen vergifteten Köder zugespielt, und ich hatte wie ein Anfänger sofort angebissen. Wie waren sie nur auf Timos Namen gekommen? An diesem Punkt angelangt und obwohl ich nicht wusste, wie genau die Ermittler tatsächlich über die internen Grabenkämpfe der vory Bescheid wussten, hielt ich es für sinnlos, den Ahnungslosen zu spielen.
»Señor Timofeew«, erklärte ich, »hat in letzter Zeit ein paar Auseinandersetzungen mit einigen seiner Kameraden gehabt. Ihr Verdacht ist nicht ganz abwegig. Ein paar Gelegenheiten, Geschäfte zu machen, und die Art und Weise, wie diese umgesetzt werden sollten, haben zu Meinungsverschiedenheiten geführt. Aber daraus gleich auf eine Blutrache solchen Ausmaßes zu schließen erscheint mir völlig unwahrscheinlich.«
»Ich habe gehört, dass es sich um etwas mehr als nur Streitigkeiten gehandelt haben soll.«
»Wladimir Timofeew ist ein ehrgeiziger Mann, der mit einem außergewöhnlichen Talent fürs Geschäftliche ausgestattet ist. Er hat viele Neider.«
»Wie ich sehe, bewundern Sie Timofeew.«
»Weit gefehlt. Ich verweise nur auf das Offensichtliche, Hilfskommissar!«
Unser Gespräch fing langsam an, mich zu nerven. Doch bevor ich den Rückzug antreten konnte, fuhr Valls fort:
»Lassen Sie mich eine Theorie wagen: Timofeew empfindet Gagarins Ernennung zu Viktor Stonowitschs Nachfolger als reine Beleidigung. Wenn es stimmt, was in unseren Akten steht, ist Gagarin nicht der am besten geeignete Kandidat, um die Organisation zu lenken. Aber Stonowitsch möchte die Kontrolle nicht verlieren, und Gagarin macht sich unentbehrlich. Timofeew erkennt Stonowitschs Schwäche und sieht seinen Moment ge kommen. Was halten Sie davon?«
»Ihnen unterläuft
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