Der Profi
Leben der Stadt zu integrieren. Eine tolle Leistung, finden Sie nicht?«
Was für eine gelungene und offensichtlich gut vorbereitete Rede Brezneanu hielt! Sie klang wie einem Marketing-Prospekt entnommen. Schweigend beobachtete ich, wie die Jungs im Schlamm um die Wette kickten. Dann sagte ich:
»Sie sind ein großer Menschenfreund, was?«
Mein Kommentar schien Brezneanu nicht besonders zu gefallen. Er schlug einen anderen Ton an.
»Aber Sie sind bestimmt nicht hier, um mit mir über Immigration oder Fußball zu reden. Wie ich sehe, haben Sie bereits Freundschaft mit meinen Angestellten geschlossen!« Das sagte er mit einem Blick auf den Verband, der die Nase meines Begleiters zierte.
»Ja, eine ganz intime Freundschaft! Das können Sie mir glauben.«
Ich beschloss, nicht länger um den heißen Brei herumzureden.
»In Moskau ist man äußerst besorgt über die Morde an den drei vory . Die Führungsriege der Mafia möchte, dass dem Ganzen umgehend ein Ende gesetzt wird!«
Brezneanu setzte eine Unschuldsmiene auf.
»Ich habe vollstes Mitgefühl für Sie, Señor Corsini. Eine ganz fürchterliche Angelegenheit, schrecklich«, sagte Brezneanu und wackelte mit dem wuchtigen Kopf.
»Sie können sich vorstellen, dass Boris Iwanowitsch in der Angelegenheit hart durchgreifen wird.«
»Natürlich.«
»Und Sie werden auch verstehen, dass irgendjemand aus diesem Grund das Zeitliche segnen muss.«
»Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
»Verschiedene Personen beschuldigen Sie der Morde, Señor Brezneanu …«
Obwohl er es hinter seiner martialischen Fassade zu überspielen versuchte, zuckte der Rumäne sichtlich erschrocken zusammen.
»Ich hab mit dieser widerlichen Angelegenheit nichts zu tun. Glauben Sie mir!«
»Ich glaube gar nichts, Señor Brezneanu. Die anderen glauben, dass Sie es waren.«
»Wer denn?«
»Die anderen. Die, die mit dem Finger auf Sie zeigen. Mich bezahlen sie nur dafür, dass ich ihre Probleme löse. Sie entscheiden, wo das Problem liegt, und ich erledige die Arbeit, Sie verstehen?«
Brezneanu hatte inzwischen jedes Interesse an dem Fußballspiel verloren.
»Warum sollte ich die vory denn ermorden?«
»Keine Ahnung. Ehrlich gesagt ist es mir auch egal.«
Brezneanus enorme Fleischmasse ragte unter dem Schirm hervor, weshalb die dicken Wassertropfen allmählich seinen Trainingsanzug befeuchteten. Auf einen Befehl, der mir entgangen war, brachte ihm einer seiner Leibwächter eine bereits brennende Havanna. Brezneanu steckte sie sich zwischen die fleischigen Lippen und ließ den Rauch ausströmen, wobei er darauf achtete, mir nicht nichts ins Gesicht zu blasen – zumindest in dieser Hinsicht war er zuvorkommend.
»Na ja, stimmt schon, dass Zagonek und ich … dass wir nicht die besten Freunde waren. Aber, was sollte ich gegen Tschernekow und Tamaew haben? Nichts. Wir bewegen uns auf völlig unterschiedlichen Territorien. Wenn Boris Iwanowitsch mich killen lässt, bringt euch das auf eurer Suche nach dem Mörder auch nicht weiter.«
Ich ließ mir seine Worte kurz durch den Kopf gehen.
»In Wirklichkeit«, eröffnete ich ihm dann, »bin ich nicht hergekommen, um mir irgendwelche Erklärun gen von Ihnen anzuhören, Brezneanu. Und ich will auch nicht prüfen, ob Sie ein Alibi besitzen. Ich will Ihnen nur klipp und klar mitteilen: Falls wir herausfinden, dass jemand aus Ihrer Familie hinter den Morden steckt, wird sich Boris Iwanowitsch persönlich um die Angelegenheit kümmern.«
Das sagte ich so unterkühlt wie möglich: Denn genauso muss man eine Drohung übermitteln! Zwar ist Brezneanu kein Angsthase, aber ein »Wangenküsschen« von unserem Genossen Boris ist etwas, was auch er ernst nehmen muss.
»Ich bin es nicht gewohnt, dass mich jemand in meinen eigenen vier Wänden bedroht, Señor Corsini«, entgegnete er in eisigem Tonfall. »Sie würden ebenfalls sterben!«
»Señor Brezneanu, ich bin lediglich der Kurier, der Ihnen die Botschaft überbringt. Mein Tod würde Ihnen kaum etwas nützen.«
Auf Seiten einer der beiden Mannschaften wurde Siegesgeheul laut: Jemand hatte ein Tor geschossen. Mehrere Spieler fielen sich auf dem in der Zwischenzeit schlammtriefenden Fußballplatz in die Arme.
»Dann sagen Sie mir …«, fuhr ich fort. »Wenn Sie selbst es nicht waren, wer dann?«
Brezneanu schüttelte den wuchtigen Kopf.
»Ich habe mich unter meinen Leuten umgehört. Keiner von ihnen hat die geringste Ahnung. Aber sie bestätigen mir, dass es sich bei dem Killer um einen
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