Der Profi
poponaru erster Güteklasse handelt! Richten Sie Boris Iwanowitsch aus, dass wir ihn bei der Suche nach dem Mörder unterstützen werden. Könnte ja sein, dass … na ja, dass …«
»Was?«, drang ich in ihn.
»Sie sollten vielleicht unter Ihren eigenen Leuten suchen! Ich habe gehört, dass manche vory nicht gerade das beste Verhältnis miteinander haben. Sie stehen in großem Konkurrenzkampf.«
Da war er wieder: Timo! Falls er nicht selbst der Täter war, gab es zumindest jemanden, der ein großes Interesse daran hatte, ihn als den Schuldigen erscheinen zu lassen.
»Wir wollen unter keinen Umständen Krieg zwischen den Clans, Señor Corsini. Niemand will Krieg!«, schloss Brezneanu.
Ich atmete tief durch und steckte mir eine Zigarette an. Ich inhalierte ein paar Züge; dann verlor ich plötzlich den Geschmack am Tabak und schmiss die Kippe zu Boden.
»Völlig klar«, sagte ich abschließend, drehte mich um und ging zum Stadionausgang.
Es war bereits zwei Uhr mittags. Ich suchte ein Restaurant auf in der Hoffnung, dort einen Calzone zu bekommen. Außerdem musste ich dringend über den weiteren Gang der Dinge nachdenken. Ich hatte auch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Timofeew auf meine Nachricht reagieren würde. Im Moment würde ich bei Timo jedoch nicht weiterbohren. Es gab etwas, worum ich mich zuerst kümmern musste.
Ich hielt eine äußerst wertvolle Information in meinen Händen, die dringend analysiert werden musste: die Terminplaner und Kopien der Festplatten (auf CD -Roms) von Zagoneks und Tamaews Computern. Also rief ich meine persönlichen Hacker-Freunde an (ich wollte auf Nummer sicher gehen, dass sie auch wirklich wach waren, denn sie sind ziemliche Nachtmenschen) und machte ich mich anschließend auf den Weg zu ihrem Schlupfwinkel. Dabei achtete ich sorgfältig darauf, dass mir niemand folgte: Ich parkte den Mietwagen in einer öffentlichen Tiefgarage und begab mich von dort in das Labyrinth der Gänge der Madrider U-Bahn. Ich wunderte mich, dass mir niemand folgte. Die Bullen verloren langsam ihre Reflexe.
Während ich unterwegs war, dachte ich über mein eigenes Leben nach. Mein plötzlicher Drang nach Selbsterforschung beunruhigte mich zunehmend. Wenn ein Söldner wie ich anfängt, seine eigenen Prinzipien in Frage zu stellen, ist das immer ein schlechtes Zeichen! Was war denn so attraktiv daran, ein ganzes Leben lang Menschen zu beschützen, die es im Grunde nicht verdient hatten, selbst wenn man dafür eine Menge Geld bezahlt be kam? In früheren Zeiten verfügte die Mafia wenigstens noch über Stil. Aber heutzutage? Lohnte es sich wirklich, das eigene Leben zu riskieren, um dritt- und viertklassige Mafiosi zu beschützen, die in Unterhemden und Bade schlappen herumliefen? Typen, die zwar stinkreich wa ren, aber weniger Niveau besaßen als die Polizisten mit ihren 1000-Euro-Gehältern, auf die sie verächtlich hinabsahen. Das Las Vegas der Achtziger … das waren noch Zeiten!
Keine Ahnung, warum ich diesen Job mache. Vor einem knappen Jahr war ich fest entschlossen, meine Arbeit hinzuschmeißen und meine eigene Haut zu retten. Ich wollte all die Stonowitschs, Gagarins und Iwanowitschs für immer aus meinem Leben streichen, um meinen inneren Frieden zu finden. (Ich habe ihn, muss ich gestehen, bis heute nicht gefunden.) Also unternahm ich eine große Anstrengung, um mich selbst davon überzeugen, dass es an der Zeit war, mich zurückzuziehen, ein Kunstmäzen zu werden, meine Memoiren zu schreiben … oder was auch immer! Aber während meines Aufenthalts auf jener idyllischen Südseeinsel geschah etwas mit mir, und ich änderte meine Meinung. Vielleicht liegt es an meiner inneren Unruhe, die mich zwingt, ständig gegen den Strom zu schwimmen. Verflucht! Was weiß ich denn, was mit mir los ist? Bin ich wirklich ein derartiger Outsider? Von den Regeln der Gesellschaft fühle mich wie in ein Korsett geschnürt. Und dagegen zu verstoßen lässt meinen Adrenalinpegel in die Höhe schießen. Ich bin nun mal, wie ich bin! Und nur in ganz schwachen Momenten, wenn ich mich frage, was zum Teufel ich eigentlich tue, beginne ich zu zweifeln. Deshalb ziehe ich es vor, mir keine Fragen zu stellen.
Ich tauchte wiederaus der U-Bahn auf, gelangte an die frische Luft. Da es inzwischen zu regnen aufgehört hatte, lief ich zu Fuß die paar Querstraßen bis zum Apartment meiner Hacker-Freunde. Obwohl ich sie über meine bevorstehende Ankunft informiert hatte, empfingen sie mich nicht gerade begeistert.
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