Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Profi

Der Profi

Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
Vom Netzwerk:
bilden die zahlenmäßig größte ausländische Gemeinschaft der Region.) Zählt man die illegalen Einwanderer ohne gültige Papiere dazu, sind es noch sehr viel mehr. Und genau dorthin begab ich mich: Nach Alcalá de Henares, wo ich Bogdan Brezneanu, den Präsidenten einer Ein wanderer-Organisation, treffen wollte. (Die Organisation diente ihm als Deckmäntelchen für seine zahllosen illegalen Geschäfte.) Außerdem war er Chef des lokalen Fußballclubs Steaua de Alcalá und, den Worten meiner russischen Kameraden zufolge, ein mudack, wie er im Buche stand. Ein Gutteil des Geschäfts mit der illegalen Immigration rumänischer Bürger befand sich unter seiner Kontrolle: Er organisierte die Bettler, die sich jeden Morgen an Kreuzungen und Ampeln tummelten, verlieh ihnen Prämien, verkaufte denen, die es sich leisten konnten, Aufenthaltsgenehmigungen und betrieb illegale Kliniken. Ganz allgemein gesprochen, fungierte er als unerbittlicher Anführer, der seine Landsleute ausbeutete. Es war Vormittag, und der Himmel war von demselben Grau wie meine Glock, die ich, für den Fall überraschend auf tre tender Probleme, in meinem Achselholster trug. Es fielen ein paar Regentropfen, weshalb ich meinen Mantelkragen hochgeschlagen hatte. So näherte ich mich einem Hauseingang, auf dem geschrieben stand: »Rumänischer Club – Alcalá de Henares. Vierter Stock.« Ich ging zu Fuß hinauf.
    Nachdem ich eine Tür mit der Aufschrift TRETEN SIE EIN, OHNE ZU KLINGELN ! durchquert hatte, gelangte ich in einen Raum mit gefliestem Boden, an dessen Wänden vergilbte Poster von rumänischen Burgen hingen. Darunter vier Stühle, die vergebens darauf warteten, dass jemand auf ihnen Platz nahm. Eine wuchtige Frau, die unfreundlich dreinblickte (wahrscheinlich die Empfangsdame), las in einem Buch. Ich näherte mich ihr, um mich nach Bogdan Brezneanu zu erkundigen, aber die Frau sah nicht einen Augenblick von den zerlesenen Seiten auf. Ich räusperte mich, doch nicht einmal so gewann ich ihre Aufmerksamkeit. Ich fürchtete, meine innere Ge lassenheit zu verlieren und ausdrucksstärkere Methoden anwenden zu müssen. Zum Beispiel, die Knarre vor ihr auf den Tisch zu legen. (Oder in den Bildschirm ihres PCs schießen zu müssen, falls ihre Fähigkeit, mich zu ignorieren, stärker war als meine Beherrschung.) Am Ende ließ sie es nicht so weit kommen. Sie blickte auf, zog ein übel gelauntes Gesicht und runzelte die Stirn. Dann reckte sie mir ihre Stupsnase entgegen wie jemand, der sich bei einem lästigen Gesprächspartner nach seinen Absichten erkundigt. Ich sah sie bloß schweigend an. Das brachte nun sie aus der Fassung, sodass sie schließlich fragte:
    »Wer sind Sie?«
    »Ein Freund.«
    »Señor Brezneanu ist im Augenblick nicht hier. Ich richte ihm aus, ›Freund möchte mit Ihnen sprechen‹«, sagte sie ohne sich irgendetwas zu notieren.
    Ich begann, mir meine Jacke aufzuknöpfen, aber ge nau in diesem Moment ging links von der Frau eine Tür auf, und ein Mann mit fahler Gesichtsfarbe und hässlichem, ungepflegtem Äußeren trat ein. Er sagte etwas, vermutlich auf Rumänisch, dann drückte er der Empfangsdame ein Blatt in die Hand. Ohne mich wahrzunehmen, drehte er sich auf dem Absatz um.
    »Hey! Wo steckt Brezneanu?«, sagte ich drohend.
    Der Mann blieb stehen und musterte mich wie jemand, der plötzlich entdeckt hat, dass etwas Ekelerregendes an seiner Fußsohle klebt.
    » Ce curu’ meu vrei?«
    »Schau ich aus, als würde ich Rumänisch verstehen?«
    »Bist du von der Polizei?«
    »Nein.«
    »Von der Ausländerbehörde?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann verzieh dich!«
    Mein Besuch beim rumänischen Club trug wenig dazu bei, meine Laune zu bessern.
    »Boris Iwanowitsch Tertschenko schickt mich …«
    »Und was geht’s mich an, gãoazã !«, erwiderte er. Ich verstand, dass er mir ein Schimpfwort entgegengeschleudert hatte.
    Dann verschwand er wieder, woher er gekommen war.
    Die schreiende Empfangsdame hinter mir lassend, folgte ich ihm. Hinter der Tür lag ein längerer Gang, von dem aus man zu beiden Seiten mehrere Büroräume betreten konnte. Der Mann lief entschlossenen Schrittes. Als er mich wahrnahm, blieb er unversehens stehen und ging dann mit erhobener Faust auf mich zu. Er rempelte mich an, während er mich pausenlos in seiner Muttersprache beschimpfte. In solchen Situationen pflege ich Leute nicht lange zu warnen: Ich stieß ihm mit dem Kopf gegen die Nase und zertrümmerte ihm die Nasenscheidewand. Ein blutiges Rinnsal

Weitere Kostenlose Bücher