Der Prometheus-Verrat
hatten diesen Kathodenoszillator Mitte der 80er Jahre zum Schutz vor amerikanischen Nuklearwaffen entwickelt. Die Atombomben der Sowjets waren sehr viel simpler gestrickt, das heißt ohne ausgeklügelte Elektronik, also weniger anfällig. Was die Ausrüstung mit so genannten Radiofrequenz-Waffen anging, waren sie darum den Amerikanern weit überlegen. Wenn er aktiviert wurde, sandte ein solcher Apparat einen starken elektromagnetischen Impuls von der Dauer einer Mikrosekunde aus, was ausreichte, um im Umkreis mehrerer hundert Meter sämtliche elektronischen Schaltkreise, Mikrochips und Prozessoren zu zerstören. Es kursierten Gerüchte, wonach eine solche Waffe schon von Terroristen eingesetzt worden sei, die damit etliche Verkehrsflugzeuge hatten abstürzen lassen.
Kraftfahrzeuge mit elektronischer Steuerung konnten nicht mehr gestartet werden, Smart-Guns gaben keinen einzigen Schuss mehr ab, und in Mannings Haus funktionierte fast gar nichts mehr.
Schlimmer noch, Tausende durchgeschmorter Platinen fingen Feuer, das sich rasch ausbreitete. Überall entwickelte
sich ätzender Qualm – so wie damals, Ende der 80er Jahre, als, wie sich Bryson erinnerte, der KGB die US-Botschaft in Moskau mit dieser Waffe in Brand gesetzt hatte.
Aus der Empfangshalle waren Schreie zu hören. Ob sie da ist? , fragte er sich.
Er stieß die Türen zu dem Saal auf, in dem das Bankett abgehalten wurde, und fand sich auf einer Empore wieder. Unten in der Halle war Feuer ausgebrochen. Flammen leckten über die Wände. Aus allen Ecken und Enden quoll dicker Rauch. In Panik hasteten die Gäste auf die Ausgänge zu, zerrten vergeblich an den Türen und schrien durcheinander. Während im Haus alle Schlösser aufgesprungen waren, hatten sich aus irgendeinem Grund sämtliche Ausgänge der Empfangshalle automatisch verriegelt.
War Waller in der Menge? Manning?
Elena?
» Elena! «, brüllte er über den Tumult hinweg.
Keine Antwort.
Wäre sie da unten, hätte sie ihn bestimmt gehört.
»Elena!«, rief er noch einmal.
Nichts.
Er spürte eine kalte Stahlklinge an der Kehle und im selben Moment hörte er, wie ihm jemand mit heißem Atem etwas auf Arabisch ins Ohr flüsterte. Das lange Kampfmesser drückte gegen seinen Kehlkopf. Es war scharf wie eine Rasierklinge und schnitt in seine Haut. Der um eine Sekunde verzögert einsetzende Schmerz war heiß und kalt zugleich und versetzte seinen ganzen Körper in Aufruhr.
Wie auch die gehauchten Worte: »Lügen haben kurze Beine, Bryson.«
Abu.
»Ich hätte dich schon damals in Tunesien erledigen sollen, Verräter, du«, zischte der arabische Terrorist. »Aber zum Glück kann ich das ja jetzt nachholen.«
Bryson war starr vor Schrecken. »Wenn du mir mal kurz zuhören würdest … «, entgegnete er zur Ablenkung, hob dann blitzschnell die 45er, richtete sie nach hinten auf den Gegner und drückte ab.
Es machte nur klick . Die Pistole war leer.
Abu schlug sie ihm mit der Linken aus der Hand. Die Waffe flog scheppernd auf den Boden.
Bryson hatte wertvolle Sekunden verloren. Die Klinge ritzte ihm die Haut am Nacken ein, als er mit der Rechten Abus Hand zu packen bekam, in der er das Messer hielt. Er versuchte es ihm zu entreißen und trat ihm gleichzeitig mit dem linken Fuß in die rechte Kniekehle, worauf Abu einen Moment lang das Gleichgewicht verlor. Abus Handgelenk fest im Griff, ließ sich Bryson zu Boden fallen und verdrehte seinem Widersacher so sehr den Arm, dass dieser das Messer freigeben musste.
Bryson griff danach, doch Abu kam ihm zuvor. Er hielt das Messer jetzt wie einen Dolch gepackt und hackte damit auf Brysons linke Schulter ein.
Bryson stöhnte laut auf und ging vor Schmerzen in die Knie. Der Geraden, die er mit der Rechten auszuteilen versuchte, wich Abu leichtfüßig aus. Er zeigte sich von Brysons Gegenwehr völlig unbeeindruckt. Die Knie leicht angewinkelt, verlagerte er das Gewicht von einem auf das andere Bein, das blutverschmierte Messer mit der rechten Faust umklammert. Bryson richtete sich mühsam auf und trat mit dem rechten Fuß aus. Doch Abu wich reaktionsschnell zurück, ergriff Brysons Bein und zwang ihn zu Boden.
Der Araber schien jede Aktion seines Gegners voraussehen zu können. Als Bryson ihn von den Beinen zu holen versuchte, rammte er ihm einfach den Ellbogen in den Nacken, klemmte seinen Kopf zwischen den Knien ein und schleuderte ihn erneut zu Boden. Bryson schlug mit dem Mund auf und schmeckte Blut. Er glaubte spüren zu können, dass sich ein paar
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