Der Prometheus-Verrat
Stellvertreter, die das Unternehmen in seiner Abwesenheit führen. In dieser Notiz heißt es, dass die NSA bei Systematix mehrere Überwachungssatelliten eingekauft hat.«
»Dass so eine Meldung nur am Rande erwähnt wird, ist doch schon wieder auffällig, oder? Wo willst du hin?«
Bryson hatte sich aus dem Liegestuhl erhoben und ging ins Haus. Sie folgte ihm Minuten später und hörte, dass er den Fernseher eingeschaltet hatte. Noch so eine Unart, die sie ihm auszutreiben versuchte: Er hatte eine Satellitenschüssel auf dem Dach montiert, um Nachrichten sehen zu können, und ließ den Apparat häufiger laufen, als ihr lieb war.
Er hatte CNN eingeschaltet und ärgerte sich darüber, nicht gleich geboten zu bekommen, was er zu sehen hoffte, sondern eine alberne Unterhaltungssendung. Er wandte sich Elena zu und sagte: »Ted Waller lebt wahrscheinlich noch. Ich habe alle Akten der Gerichtsmedizin einsehen können; die Toten sind ausnahmslos identifiziert worden, und Ted war nicht darunter.«
»Das wissen wir doch schon seit einem Jahr. Warum kommst du jetzt damit?«
»Ich wette, er hat auch in dieser Sache wieder seine Finger im Spiel.«
Plötzlich tönte eine vertraute Stimme aus dem Fernseher mit den Worten: »Wie ich immer schon gesagt habe: Auf die Instinkte ist Verlass.«
Elena schnappte hörbar nach Luft und zeigte auf den Bildschirm. Bryson fuhr herum. Ihm war, als würde sein Blut in den Adern gerinnen. Ted Wallers Gesicht füllte die ganze Mattscheibe.
»Was soll das?«, hauchte Elena. »Ist das eine Show oder was?«
»Nenne es Reality-TV«, antwortete Waller.
»Man hat versprochen, uns in Ruhe zu lassen«, donnerte Bryson. »Ich weiß nicht, wie du’s angestellt hast, dass wir dich jetzt hier empfangen, auf je den Fall ist es widerrechtlich und nicht hinzunehmen.« Die Fernbedienung in der Hand, zappte Bryson hektisch weiter, doch auf allen Kanälen grinste ihnen Waller entgegen.
»Ich finde es bedauerlich, dass wir nicht Abschied voneinander genommen haben, wie es sich für alte Freunde gehört«, sagte er durch den Fernseher. »Ihr seid mir doch hoffentlich nicht mehr böse.«
Sprachlos sah sich Bryson in dem kleinen Wohnzimmer um. Überwachungskameras gab es mittlerweile in derartig winzigen Ausführungen, dass sie sich überall heimlich installieren ließen und kaum entdeckt werden konnten.
»Ich werde mich irgendwann wieder melden. Dass ich mich jetzt schon bei euch habe blicken lassen, war wohl ein bisschen verfrüht.« Waller schien noch etwas anderes sagen
zu wollen, hielt sich aber zurück und meinte nur schmunzelnd: »Wir sehen uns.«
»Nicht, wenn ich’s verhindern kann«, entgegnete Bryson in schneidendem Tonfall. »Wir haben jede Menge Beweise gegen dich in der Hand, Ted, und werden nicht zögern, sie auch zu verwenden.«
Dem Gesicht auf der Mattscheibe verging das Grinsen.
»Du wirst nicht ungeschoren davonkommen, Ted.«
So plötzlich, wie er in Erscheinung getreten war, verschwand Waller wieder vom Bildschirm. Stattdessen ging es mit der unterbrochenen Unterhaltungsshow weiter.
Noch am selben Nachmittag montierte Bryson die Satellitenschüssel ab. Den Fernsehapparat machte er der Eigentümerin des Inselkaufladens zum Geschenk, gewissermaßen als Ausgleich dafür, dass er seine Tageszeitung bei ihr abbestellt hatte.
Elena unternahm trotzdem weiterhin ihre allmorgendlichen Ausritte ins Dorf. Ansonsten verbrachten die beiden, wie gehabt, die meiste Zeit im Freien, am Strand oder auf der Terrasse. Bryson hatte sein vergangenes Leben endgültig hinter sich gelassen und war an aktuellen Nachrichten nicht mehr interessiert.
Sie hatten einander, und das war ihnen genug.
Titel der Originalausgabe
THE PROMETHEUS DECEPTION
Taschenbuchausgabe 01/2008
Copyright © 2000 by MYN PYN LLC
Copyright © 2001 der deutschsprachigen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN 978-3-641-07203-2
www.heyne.de
www.randomhouse.de
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