Der Prometheus-Verrat
Ex-Securitate-Mann in einer dunklen Kellerbar. Wie versprochen, war er allein gekommen, hatte sich aber im Vorfeld – geschuldete Gefälligkeiten reklamierend oder über Bestechung – die nötige Rückendeckung verschafft.
»Sie haben Informationen über die Petrescus«, sagte Generalmajor Radu Dragan, kaum dass Bryson neben ihm in einer dunklen Nische Platz genommen hatte.
Dragan wusste nichts über Bryson. Bryson dagegen hatte seine Hausaufgaben gemacht und sich über diverse Quellen über die Person Dragans erkundigt. Elena hatte seinen Namen erstmalig auf der Flucht aus Bukarest erwähnt, um jenen Polizisten zu beeindrucken, der so sehr an der Fracht des Lieferwagens interessiert gewesen war. Wie sich damals herausstellte, kannte sie Dragans Telefonnummer deshalb auswendig, weil er es gewesen war, der ihren Vater zum Geheimdienst verpflichtet hatte. Aus diesem Grund nahm Dragan den Verrat durch Andrei Petrescu auch persönlich.
»Allerdings«, antwortete Bryson. »Aber zuerst sollten wir uns über die Geschäftsbedingungen unterhalten.«
Dragan war um die sechzig, von kantiger Gestalt und fahler Gesichtsfarbe. Er hob die Brauen und sagte: »Dazu bin ich gern bereit, sobald ich weiß, welcher Art Ihre Informationen sind.«
Bryson schmunzelte. »Verstehe. Was ich zu berichten habe, ist denkbar einfach.« Er schob ein Stück Papier über den Tisch. Dragan nahm es auf, las und war sichtlich irritiert.
»Was ... was soll das?«, fragte er. »Diese Namen…«
»Das sind die Namen aller Mitglieder ihrer erweiterten Familie, auch die der angeheirateten, mitsamt Adresse und Telefonnummer. Als jemand, der den Schutz der lieben Verwandten
selbst organisiert, wird Ihnen sofort klar sein, dass ich, um an diese Informationen zu gelangen, über weit reichende Kontakte verfügen muss. Es leuchtet Ihnen darum bestimmt auch ein, dass ich und meine Kollegen jedes einzelne Mitglied Ihrer Familie jederzeit im Handumdrehen aufspüren könnten, falls Sie sie erneut verstecken sollten.«
» Nu te mai pis a imprás tiat! «, brüllte Dragan. Piss mich nicht an! »Wer zum Teufel sind Sie? Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden?«
»Ich will nur, dass Ihre Putzkolonne zurückgepfiffen wird, und zwar sofort.«
»Sie glauben doch wohl nicht, dass ich mich von Ihnen beeindrucken lasse, nur weil einer meiner Leute den Mund nicht halten konnte.«
»Sie wissen selbst am besten, dass ich meine Informationen gar nicht von Ihren Leuten bezogen haben kann. Sogar Ihr Adjutant, dem sie sonst voll vertrauen, kennt nur einige wenige Namen. Glauben Sie mir, meine Informationen stammen aus Quellen, die sehr viel verlässlicher sind als Ihre Zuträger. Räumen Sie in Ihren Kreisen auf, machen Sie klar Schiff – es wird nichts nützen. Und jetzt hören Sie mir zu. Falls Sie oder Freunde von Ihnen oder Personen, die in irgendeiner Weise mit Ihnen in Verbindung stehen, den Petrescus auch nur ein einziges Haar krümmen sollten, werden meine Leute sämtliche Mitglieder Ihrer Familie ins Jenseits befördern.«
»Raus hier! Machen Sie, dass Sie hier wegkommen! Ihre Drohungen interessieren mich nicht.«
»Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Ausputzer anzurufen. « Bryson blickte auf die Uhr. »Ich gebe Ihnen exakt sieben Minuten Zeit.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»In dem Fall wird jemand sterben, der Ihnen lieb und teuer ist.«
Dragan lachte und schenkte sich Bier nach. »Sie verschwenden Ihre Zeit. Meine Männer hier in der Kneipe halten mich im Auge. Ich brauche nur ein Zeichen zu geben,
und sie werden Ihnen das Maul stopfen, ehe Sie ein einziges Mal telefoniert haben.«
»Nein, Sie sind es, der Zeit verschwendet. Denn Sie wollen , dass ich anrufe. Einer meiner Mitarbeiter befindet sich nämlich zurzeit in einer Wohnung an der Calea Victoriei, und er hält einer Dame namens Dumitra eine Pistole an den Kopf.«
Dragans ohnehin schon fahles Gesicht wurde plötzlich noch bleicher.
»Ja, Ihr Liebchen, die Stripperin aus dem Sexy Club an der Calea 13 Septembrie. Dass Sie schon mehrere Jahre mit ihr liiert sind, lässt auf innige Zuneigung schließen. Mein Mitarbeiter wartet auf einen Anruf von meinem Handy. Wenn er in …« Bryson warf wieder einen Blick auf die Uhr, »… sechs, nein, fünf Minuten nichts von mir hört, wird er ihr eine Kugel durchs Gehirn jagen. Hoffen Sie, dass mein und sein Handy funktionieren.«
Dragan gab sich ungerührt, doch seine Augen verrieten Angst.
»Sie können ihr Leben retten, indem Sie hier und
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