Der Prometheus-Verrat
palästinensischen Terroristen ermordet.«
»Das war 1972. Sie werden damals noch ein Säugling gewesen sein.«
Ihr Blick war immer noch gesenkt. »Ich war gerade zwei Jahre alt«, antwortete sie und errötete.
»Sie haben ihn also nie kennen gelernt.«
Sie blickte auf. Ihre Augen waren voller Wut. »Meine Mutter hat dafür gesorgt, dass er für mich lebendig blieb. Sie hat ständig von ihm erzählt und mir Bilder von ihm gezeigt.«
»Sie haben bestimmt einen starken Hass gegen Palästinenser entwickelt.«
»Nein. Im Gegenteil, ich kann sie gut leiden. Sie sind Vertriebene, heimat- und staatenlos. Ich verabscheue die Fanatiker, die irgendwelcher Hirngespinste wegen unschuldige Menschen töten. Seien es der Schwarze September oder die Rote Armee Fraktion, Israeli oder Araber. Ich hasse Eiferer jedweder Couleur. Ich war noch ein Teenager, als ich einen jungen Soldaten der israelischen Armee geheiratet habe. Yaron und ich waren verliebt ineinander, wie man es nur in so jungen Jahren sein kann. Als er dann im Libanon ums Leben kam, habe ich den Entschluss gefasst, für den Mossad zu arbeiten. Um gegen Fanatiker zu kämpfen.«
»Sie sind noch nicht auf den Gedanken gekommen, dass der Mossad selbst eine Bande von Zeloten ist?«
»Zugegeben, viele sind fanatisch, aber nicht alle. Seit ich als Freie für den Dienst arbeite, kann ich mir meine Jobs aussuchen. Was mir nicht passt, lehne ich ab.«
»Man scheint große Stücke auf sie zu halten; sonst hätten Sie diesen Freiraum nicht.«
»Man kennt meine Fähigkeiten als Undercover-Agentin und meine guten Beziehungen. Und vielleicht bin ich die Einzige, die so verrückt ist, auch riskantere Aufträge zu übernehmen.«
»Warum haben Sie sich auf diesen Einsatz an Bord der Spanish Armada eingelassen?«
Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite und sah ihn überrascht an. »Wo, wenn nicht auf diesem Schiff, wurden all die Waffen gekauft, mit denen so viel Unheil angerichtet worden ist? Dem Mossad liegen eindeutige Informationen vor, wonach gerade auch die Jihad National Front zu Calacanis’ Kundschaft zählte. Die Vorbereitungen, die nötig waren, damit ich endlich an Bord gehen konnte, haben zwei Monate in Anspruch genommen.«
»Und wenn ich nicht dazwischengefunkt hätte, wären Sie jetzt immer noch dort.«
»Und was ist mit Ihnen? Sie haben behauptet, der CIA anzugehören. Aber das stimmt nicht, hab ich Recht?«
»Wie kommen Sie darauf?«
Sie tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze. »Ich habe einen Riecher für so was«, antwortete sie lächelnd.
»Hat mein Deodorant versagt?«
»Was faul riecht, sind ihre Gegner, diej enigen, die Jagd auf Sie machen. Dieses Killerkommando – es verletzt alle Regeln unserer Zunft. Entweder sind Sie ein Freelancer wie ich, oder Sie gehören zu einem anderen Dienst. Jedenfalls nicht zur CIA.«
»Zugegeben«, antwortete er, »ich bin kein CIAler, arbeite aber für sie.«
»Als Freier?«
»Gewissermaßen.«
»Aber Sie sind schon länger im Geschäft. Das verraten die vielen Narben.«
»Ja. Das heißt, ich war lange Zeit im Geschäft. Aber dann musste ich abdanken. Jetzt hat man mich für einen allerletzten Job wieder angeheuert.«
»Der worin besteht?«
Er zögerte. Wie viel durfte er ihr anvertrauen? »Es ist, wenn man so will, eine Mission in Sachen Spionageabwehr.«
»›Gewissermaßen‹ … ›wenn man so will‹ … Wenn Sie lieber nichts sagen wollen, ist mir das auch recht«, entgegnete sie in scharfem Tonfall und blähte die Nasenflügel. »Morgen früh fliegen wir in unterschiedlichen Richtungen davon und werden uns nie wieder sehen. Zu Hause angekommen, werden wir den unerlässlichen Schreibkram erledigen, einen Bericht über unseren Kontakt zu Papier bringen, unseren Vorgesetzten vollständig Rechenschaft ablegen, und das war’s dann auch, was uns betrifft. Es werden Untersuchungen eingeleitet, nach einer Weile ergebnislos abgebrochen und schließlich verschwinden zwei schmale Akten, eine im Mossad-, die andere im CIA-Archiv. Wie Tropfen im Ozean.«
»Layla, ich bin Ihnen so dankbar für alles …«
»Geschenkt«, unterbrach sie ihn. »Ich will keine Dankbarkeit. Sie haben mich missverstanden. Meine Hilfe war alles andere als uneigennützig. Wir beide sind Waffengeschäften
auf der Spur. Unsere Ermittlungen führen in verschiedene Richtungen, haben sich aber nun einmal mehr oder weniger zufällig gekreuzt. Für mich ist immerhin klar geworden, dass diejenigen, die Sie lieber tot sehen, keine
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