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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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herumstöbern wird. Zuerst muss der Verletzte geborgen werden.
    „Jaaa“, sagt Lundgren gedehnt und nimmt einen Schluck aus seinem Glas. „Ich weiß, was Ihnen durch den Kopf geht, ich habe auch mit der Polizei zu tun, nur von der anderen Seite… Dass der Unfall kein Unfall ist, nicht wahr?“
    Ich erstarre mit dem Glas in der Hand.
    „Warum meinen Sie das?“
    „Ich weiß nicht.“ Lundgren wiegt den Kopf. „Einfach so… Uns Journalisten hat der liebe Gott auch mit Intuition begabt… genau wie Sie.“
    Zum Teufel mit ihm! Einfach so!
    „Irgendetwas schien Ihnen nicht in Ordnung, ja?“
    „Ihnen scheint es doch wohl nicht in Ordnung? Ein normaler Mensch hat nichts getrunken und nichts… und auf einmal lässt er sich von diesem Dinosaurier überrollen!“
    In mir regt sich leise Gereiztheit, freilich überflüssigerweise.
    „Bloß, dass Sie hier etwas anderes schreiben.“ Ich zeige auf den Ausschnitt. „Dass immer diese Ausländer schuld wären. Sie setzten sich betrunken ans Lenkrad und was nicht noch alles.“
    „Ach, na ja!“ Lundgren winkt friedfertig ab. „Das ist Handwerk. Sind Ihre Journalisten etwa mit der Wahrheit verheiratet?… So warten Sie doch!“, fährt er rasch fort, als er meine Reaktion sieht. „Ist es denn so wichtig?“
    Ich bin fest entschlossen, ihm etwas über Lügen und Handwerk zu verdeutlichen, doch Lundgren kommt mir zuvor: „Na schön. Verlangen Sie eine Richtigstellung?“
    „Was für eine Richtigstellung?“
    „Na eben so eine. Unser Reporter hat sich geirrt… die Indizien waren unklar… Oder nein!“
    Hinter den Brillengläsern blitzt es auf.
    „Ich hab’s!“ Er knallt das Glas auf den Tisch. „Auf der ersten Seite. Fett! ,Ein Experte widerlegt die >Krongatan Tidning    Seine Unverschämtheit ist so ehrlich, dass sie einen unerwarteten Effekt zeitigt: Ich fange einfach an zu schmunzeln, und meine Gereiztheit klingt ab.“Ich weiß“, sage ich, „Ihre hundert Zeilen für morgen, nicht?
    Daraus wird nichts. Das Interview des Jahres muss warten. Wir rechnen anders ab.“
    Er plinkert. Wer weiß, was er denkt.
    „Ich will den Film haben, den Sie an Ort und Stelle aufgenommen haben.“
    „Okay!“ Er gibt augenblicklich nach. „Wir laufen rasch zur Redaktion rüber, und Sie haben ihn. Noch einen Forte auf die Aussöhnung?“
    „Nein. Wenn Ihnen an der Aussöhnung liegt, dann gehen wir gleich. Ich muss diesen Film haben.“
    Ich stehe auf. Lundgren legt eine Banknote auf den Tisch und stemmt sich ebenfalls hoch, wenn auch widerwillig. Die beiden in den Jeans prüfen uns ein letztes Mal mit einem schrägen Blick. Danach schreiben sie uns ab.
    Wir gehen über die Straße, und mich umgibt wieder der Geruch frischer Druckerschwärze. Jetzt befindet sie sich schon auf den Zeitungsseiten. Ein flinker junger Mann öffnet die Käfige und legt die neue Nummer auf jeden Schreibtisch. Unten stampft die Maschine noch. Die Korridore sind bereits leer und halbdunkel. Nur über den Türen leuchten müde bläuliche Lampen.
    Lundgren geht voran, er führt mich in seinen Käfig. Er ist für zwei Personen, hat zwei kahle Schreibtische, Telefon und eine Wanduhr mit Ziffern wie auf dem Bahnhof. Alles in allem unbehaglich.
    „Machen Sie sich’s bequem“, fordert er mich auf und zeigt auf den Stahlrohrstuhl vor dem Schreibtisch. „Einen Moment!“
    Er setzt sich hinter den Schreibtisch, zieht die Schublade auf und fängt an, darin zu kramen.
    „Schließen Sie hier nicht ab?“, frage ich behutsam.
    „Weshalb?“, grinst Lundgren. „Wer sollte so verrückt sein, meine Manuskripte zu klaun?“
    Ich denke nicht gerade an Manuskripte, ich habe besondere Interessen. Bin aber still. Inzwischen bringt Lundgren ein paar Filmrollen zum Vorschein und wirft sie achtlos auf den Schreibtisch. Dann fängt er an, sie eine nach der anderen vor der Lampe auseinanderzuziehen.
    „Aha!“, sagt er und gibt mir eine. „Das ist sie.“
    Ich stecke sie in die Tasche und bedanke mich. Lundgren steht auf und bringt mich zur Tür.
    „Eigentlich…“, setzt er an, „habe ich hier auch nichts mehr zu tun. Wo wohnen Sie, ich kann Sie hinfahren.“
    Viel Lust habe ich nicht, aber die andere Variante ist auch nicht gerade ein Vergnügen – an der Ecke auf ein Taxi zu warten. Immer noch besser mit Lundgren.
    Zwei Minuten später fahren wir im Auto durch die Straßen. Der angeheiterte Lundgren fährt ganz ordentlich, er ist es wohl gewöhnt, so nach Hause

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