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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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kommen selten zufällig ums Leben. Und man ist ihm gefolgt, jeder seiner Schritte wurde aufmerksam beobachtet.
    Dieser Unfall ist eine doppelte Falle. Ort und Opfer sind ausgewählt. Ebenso ist vorausberechnet, wie sich alles Weitere entwickeln würde. Für den zu Klump gefahrenen Wagen würde sich niemand mehr interessieren. Eine technische Untersuchung und Schluss. Jemand kommt auf den Autofriedhof, kauft fünf, sechs Wagen – darunter auch diesen – als Schrott und schickt sie zum Einschmelzen.
    So hätte es sein können. Doch wenn sich herausstellen sollte, dass die Verletzungen nicht tödlich waren? Wenn das technische Gutachten auf sich warten lässt?
    Für diesen Fall ist die zweite Falle vorbereitet. Bresson ist an Herzversagen gestorben. Eine sorgfältig vorbereitete Falle, die ich im Laufe mehrerer Tage werde lösen müssen, bis mir aufgeht, dass der Jemand, der andere, stärker ist…
    Das Telefon klingelt.
    Der gedämpfte Ton füllt augenblicklich das ganze Zimmer aus und trifft auf mein Gehör. Keine Bewegung, ich erstarre in Erwartung.
    Es klingelt abermals. Jetzt nehme ich es schon gefaster auf. Vorsichtig strecke ich die Hand nach dem Hörer aus, als fürchtete ich, einen giftigen Tausendfüßler anzufassen. Dann hebe ich ab.
    Nichts, aber die Verbindung ist da. Am anderen Ende der Leitung ist jemand und wartet. Vielleicht erwartet er, dass ich etwas sage?
    Ich schweige. Wie lange dieses gemeinsame Schweigen dauert, weiß ich nicht, vielleicht zehn Sekunden. Bis der am anderen Ende auflegt. Danach lege ich auf. In der nächsten Sekunde schalte ich die Lampe an, und mein Blick wandert über das Verzeichnis mit den wichtigsten Nummern, das auf dem Nachtschränkchen liegt. Während ich die Nummer der Rezeption wähle, wird mir klar, dass ich da nichts erfahren werde. Die Pension hat eine selbsttätige Zentrale. So ist es. Der junge Mann von der Rezeption, derselbe, mit dem ich vor kurzem gesprochen habe, erklärt mir, dass das Hotel eine automatische Vermittlung habe. Sämtliche Zimmer können von draußen angewählt werden: die Nummer des Hotels plus Zimmernummer. Er bedauert, er wisse nicht, von wo angerufen wurde.
    „Könnte es auch aus dem Hotel sein?“, frage ich.
    Die Stimme ist vollendet höflich. „Ja, mein Herr, das ist durchaus möglich. Wünschen Sie etwas?“
    Ich danke und lege auf. Ich wünsche nichts, aber was wollte der Anrufer? Es war nicht falsch verbunden, bei falsch verbunden entschuldigt man sich wenigstens. Vielleicht hat er mir etwas sagen wollen und es sich überlegt? Oder er wollte meine Stimme aufzeichnen? Deshalb hätte er nicht um halb drei in der Nacht anrufen brauchen.
    Ich muss schlafen, und zwar sofort, wenn ich morgen etwas Vernünftiges zustande bringen will. Es zeichnet sich ein ausgefüllter und anstrengender Tag ab, und da sind Kopfschmerzen wirklich nicht wünschenswert.
    Ich ziehe die Decke hoch, und das letzte, was ich sehe, sind die grünlichen, phosphoreszierenden Zeiger meiner Uhr, die neben dem Kissen liegt. Dann verschwimmen auch sie in der Dunkelheit.
    5. Assistent Charlie Hedlund
     
    Ich wache mit einem merkwürdigen Gefühl auf: Ich habe etwas Wichtiges geträumt, es hat sich aber schon in meinem Bewusstsein verflüchtigt. Ich versuche es festzuhalten, es irgendwie zu überlisten, doch die Anstrengung macht mich endgültig munter, und ich öffne die Augen.
    Es ist bereits Morgen, möglicherweise auch nicht mehr ganz früh. Die Wand vor mir wird von der milden Morgensonne beschienen. Die Landschaft auf dem Bild funkelt. Das ist der Hafen von Krongatan, und über den Lagerschuppen schwebt undurchsichtiger Nebel. Es ist Zeit.
    Mit dem üblichen Gebrumm stehe ich auf, und die folgenden zehn Minuten sind ausgefüllt mit kleinen Torturen, die man für gewöhnlich Körperpflege nennt. Dabei kann sich der Geist ungehindert mit mancherlei Gedanken befassen, philosophischen und anderen. Die Philosophischen drehen sich um den Einfluss der Stimmung auf die Arbeit und die Macht der Autosuggestion. Ich habe verschiedene Broschüren gelesen, wie man sich einreden kann, man sei vergnügt, indem man sich ständig vorsagt, dass man sich freut. Quatsch! Ich weiß nicht, ob es jemand mit diesem System geschafft hat. Ich nicht. Und meine Stimmung weist allerhand dunkle Schattierungen auf, wenn ich mir vorstelle, was mich erwartet. Das wiederum bezieht sich auf die nichtphilosophischen Gedanken, auf jene, die aufs Praktische gerichtet sind.
    Die Orientierung aufs

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