Der Protektor (German Edition)
bekommen, die an dieser Stelle registriert wurden? Oder zumindest in der Nähe?“
Hedlund überschlägt im Stillen etwas, erklärt dann, dass dies nicht schwierig sei, aber doch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Wahrscheinlich eine Stunde oder ein bisschen mehr. Es seien etwa ein Dutzend Unfälle. Die Archive befänden sich bei der Verkehrspolizei.
„Dann machen Sie sich daran!“, ordne ich an. „Wenn Sie fertig sind, finden Sie mich hier.“
Übrigens ist es nicht uninteressant, über die Unfälle Bescheid zu wissen, die sich an dieser Kurve ereignet haben, wichtiger jedoch ist, dass ich allein bleibe. Diese anderthalb Stunden, hoffe ich, werden reichen, um meine Vermutung zu überprüfen.
Hedlund schlägt nach seiner Gewohnheit mit leicht seitwärts gedrehtem Kinn die Arme zusammen und stiefelt los. Ich schließe indessen das Gitter auf, lege das Köfferchen auf den Kofferraumdeckel des Autowracks und nehme ein Gerät aus Adams Zeiten zur Abnahme von Fingerabdrücken heraus nebst einer kleinen, aber starken Lampe. Es beginnt die zweite Aufführung des vorbereiteten Stücks vom Inspecteur und seinem überflüssigen Hobby.
Doch wenn der Jemand, der Andere, das Stück aufmerksam verfolgt, wird er nicht gerade entzückt sein. Denn ich suche nicht nur nach Fingerabdrücken, sondern sehe mir die Glasstückchen an, mit denen die Sitze, Armaturenbrett und Boden übersät sind.
Das ist eine Sisyphusarbeit, und eine absurde dazu, weil ich zwar weiß, was ich suche, aber nicht, wie es in diesem konkreten Fall aussieht.
Es vergehen vielleicht fünfzehn Minuten oder mehr, und mein Rücken schmerzt schon von der unbequemen Haltung. Da kommt mir ein Gedanke: im zusammengedrückten und verborgenen Lüftungsrohr zu suchen. Ich löse das Plastikgitter und finde daneben eine Glasschuppe, die anders aussieht als die übrigen Bruchstücke im Auto. Ich stecke sie sofort ein, krieche hinaus und gehe abermals um das Auto herum, zum einen will ich mir die Beine vertreten, zum anderen die Lage überschauen.
Niemand kümmert sich um mich, zumindest nicht aus der Nähe. Der ältere Polizist steht am anderen Ende der Garage und erklärt einem jungen Mann in Uniform etwas, der auf einem Motorrad sitzt und von Zeit zu Zeit den Motor hochtreibt. Ohrenbetäubendes Heulen erfüllt stoßweise die Garage.
Ich krieche wieder in den zusammengepferchten Wagen.
Die Minuten verrinnen, ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, bis ich eine zweite Schuppe in der Lüftung finde und gleich darauf noch eine. Die Funde verstaue ich in kleinen Röhrchen in meinem Köfferchen, und als Zugabe fängt mein Kreuz an, unerträglich wehzutun. Ich muss eine Pause einlegen.
Also setze ich mich hin und überlege. Meine Hände ordnen mechanisch meine daktyloskopischen Enddeckungen, und von der Seite sieht es wahrscheinlich aus, als sei ich von ihrer Kostbarkeit ganz hingerissen. Doch im Augenblick sind sie das Letzte, was mich beschäftigt. Ich will noch nicht an das glauben, was ich gefunden habe. Alles deutet jedoch auf das Schlimmste hin.
Die doppelte Falle. Dem Anschein nach ist Bresson an Herzversagen gestorben, kurz vor oder während des Unfalls. Es wird Infarkt konstatiert, und diese Feststellung wird zu einer Wand, gegen die jene Ermittlung vergebens anrennt.
Nur die Indizien sind geblieben. Der Jemand, der die Falle vorbereitet hat, hatte keine Zeit, sie vollends zuzuziehen. Was mag ihn gehindert haben?
Wem war Bresson im Weg?
Oder wer hat ihn allzu sehr gebraucht?
So ist es. Man beseitigt einen Menschen, der sehr nötig gebraucht wird. Unter manchen besonderen Umständen.
Von der Anstrengung und den Kreuzschmerzen sind meine Nerven gespannt. Wenn doch…
Es gibt viele Wenn. Das Erste bezieht sich auf diejenigen, die sich für Bresson interessiert haben. Wenn es eine doppelte Falle gibt, überstieg das die Kraft eines einzelnen. Und wenn es Mord ist, so sind solche Morde nichts für Dilettanten. Sie werden von Zentralen geplant und ausgeführt. Sie allein verfügen über diese teure Technik. Und über Gifte, die jemandes kranker Fantasie entsprungen sind. Gegen sie nimmt sich das Gift der Königskobra wie ein harmloses Kopfschmerzmittel aus. Obendrein greift eine Kobra offen an, diese Gifte aber verbergen sich hinter heimtückischen Masken. Sie täuschen verschiedene tödliche Krankheiten vor und haben einen Namen – sie heißen Inkapazitantia.
Ich sitze da, mein Blick gleitet über die ringsum verstreuten Glasstückchen, und ich
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