Der Protektor (German Edition)
bewahren, und das fällt ihm nicht schwer, denn man sieht, dass zu jeder Zeit Touristen hieher kommen. Auch jetzt sind die Straßen trotz Nebels belebt.
Unweit des Zentrums finde ich einen Parkplatz, stecke die obligatorische Münze in die Parkuhr und begebe mich auf einen Erkundungsgang. Die Zweigstelle der „Neels - Spedition“ befindet sich sicherlich in der Nähe des Marktplatzes. Solche Unternehmen suchen sich die Lage immer sorgfältig aus.
Meine Vermutung bestätigt sich – die Zweigstelle liegt fast am Marktplatz zwischen den massiven Säulen von Post und Bank und den Schaufernstern von „Coop“, dem unumgänglichen Supermarkt.
Auf dem Korridor sind nicht viele Leute, die gepolsterten Türen sind blind und taub. Ich entdecke das Büro des Direktors und betrete, auf mein Glück vertrauend, das Vorzimmer mit Sekretärin. Eine nicht allzu junge, doch energische Person mit spitzem Gesicht und ebensolchen Gesten spricht über die Sprechanlage und teilt zwischendurch etwas dem Mann mit, der auf dem Besuchersessel sitzt. Ihre grauen Augen tasten mich ab, und an diesem Blick erkenne ich, dass sie sich sofort im klaren ist, von welcher Firma ich komme.
In den nächsten Minuten erfahre ich, dass der Herr Direktor im Moment nicht im Hause ist. Was könne sie für mich tun?
Das System der abwesenden Direktoren kann mich nicht erschüttern. Ich beruhige sie, dass ich nicht unbedingt den Herrn Direktor selbst haben muss, sondern eine Auskunft über die Fahraufträge und Lieferschein von Gabriel Andersson, dem Angestellten der Firma, haben möchte. Eine Formalität, nichts weiter. Sie hört sich meine geradebrechten Beruhigungen an und schickt mich mit einem Druck auf die Taste der Sprechanlage zum Fahrdienstleiter.
Der wenigstens ist in seinem Zimmer, ein kleiner, kahlköpfiger und sehr beweglicher Mann, der mir eher wie ein Südländer vorkommt und mich mit einem dienstlichen Lächeln begrüßt.
„Herr Inspecteur?“ Er erhebt sich hinter seinem Schreibtisch.
„Ach ja, die Fahraufträge. Die Versicherung hat sie schon durchgesehen, bereits vorgestern. Bitte!“
Und er schiebt mir einen ziemlich dicken Hefter zu, der auf seinem Schreibtisch liegt. Die Lieferscheine? Ein weiterer Ordner wird an den Schreibtisch geholt und neben den ersten gelegt. Ob ich sie hier durchsehen und ein ruhiges Zimmer haben möchte?
Dass die Leute von der Versicherung schon da waren, war zwar zu erwarten, aber das freut mich gar nicht. Versicherungsangestellte gibt es alle möglichen, einschließlich solcher im Sold der Wirtschaftsspionage.
„Nur eine Formalität!“, wiederhole ich. „Der Fall ist völlig klar, aber Sie verstehen?“
Wieder „Oh ja, er versteht“. Sofort zeigt er mir Anderssons letzte Fahraufträge, die Lieferscheine jener Unglücksnacht, und all das wird mit den allerschönsten Charakteristiken von „old boy“ Gabriel ergänzt, den alle sehr schätzen.
Ich sehe pro forma die bläulichen Formulare durch mit ihrem Gewimmel von Unterschriften und Zeitangaben, über Be- und Entladen in jener Nacht. Pro forma, denn ich habe jetzt nicht die Absicht, den Inspecteur générale zu spielen, der eine Spur gewittert hat. Für die Auswertung dieser Vordrucke werde ich heute Nacht ein bisschen Zeit abknapsen. Ebenso für die Karte der Fahrstrecken, die unter der Glasplatte des Schreibtisches liegt, wenn ich die Kopien der Fotos vor mir haben werde, die von den Mikrokameras in meinen Manschettenknöpfen aufgenommen worden sind. Es sind parvenühafte Knöpfe, ganz im Stil der Armbanduhr, und das Aufblitzen der großen, unechten Rubine hätte ein Unkundiger für ein Spiel des Lichts gehalten. Ich weiß bloß nicht, ob dieser kahlköpfige und allzu bewegliche Onkel da vor mir so unkundig ist.
Ich schließe die sogenannte Überprüfung ab, inzwischen hatte mein freundliches Gegenüber Zeit, mich zu betrachten, mir einen Kaffee kommen zu lassen und über die Schwierigkeit im Transportgewerbe zu klagen. Die Ölkrise, Sie verstehen, nicht wahr? O ja. Die Preise steigen, doch „Neels - Spedition“ muss ihren guten Ruf verteidigen. Nicht eine Verspätung, kein einziger Auftrag abgelehnt.
Und so fort. Ich schalte mich mit Kommentaren in dieses Lamento ein, trinke den Kaffee (der übrigens trotz der Ölkrise vorzüglich ist) und verabschiede mich schließlich. Er bringt mich fast bis zum Ausgang.
Und am Ausgang stelle ich fest, dass ich beschattet werde. Ein momentanes Gefühl, ein winziger Lichtreflex. Er fällt mir für
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