Der Protektor (German Edition)
zierlich, sehr hell und hat ein zartes Gesicht. Sie gehört zu jenem Typ Frauen, deren Alter sich schwer bestimmen lässt, und die, wie älter gewordene junge Frauen wirken. Der gestärkte Kittel schimmert, das Haar wird von einer strengen Haube zusammengehalten. Sie hat große, graue Augen, die mich ernst ansehen. Nicht feindselig, aber auch nicht sonderlich freundlich. Sie führt mich den Korridor entlang, vorbei an einer Reihe Wandschränke und öffnet einen.
„Ich muss Sie bitten, sich das hier überzuziehen.“
Die Kittel hängen in Leinenbeutel nebeneinander und verströmen den scharfen Geruch von Formalin. Die Prozedur wird unter den kritischen Blicken der grauen Augen mit einer Kappe und Pantoffeln abgeschlossen.
Schließlich gelangt Frau Engström zu dem Ergebnis, dass ich jetzt würdig bin, die Nebenstelle zu betreten.
„Die Brutkästen für die Tiere sind im anderen Flügel“, erklärt sie, aber es ist auch für die Büros erforderlich, wie Sie verstehen werden. Mit wem möchten Sie übrigens sprechen?“
„Mit jemandem, der Einzelheiten über die Versuche des verunglückten Doktor Bresson weiß.“
„Dann also mit mir“, sagt Frau Engsström. „Mein Vater ist im Augenblick mit den Tieren beschäftigt. Bitte!“
Wir gehen durch den Korridor, und unsere Schritte sind nicht zu hören, die Gummipantoffeln verschlucken das Geräusch. Nur der gestärkte Kittel raschelt bei jeder Bewegung und hüllt mich in seinen scharfen Geruch.
Frau Engström öffnet eine Tür und bittet mich herein. Ich trete hinter ihr ein und brauche einen Augenblick, um meine Überraschung zu verarbeiten. Drinnen ist Hanna Falk. Sie schreibt etwas in ein Journal, das aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegt. Sie hebt den Kopf, und mein Erscheinen verwundert sie offenbar nicht.
Ich gebe mir Mühe, dass mein Nicken bei der Vorstellung durch Frau Engström wohlgemessen ausfällt.
„Oh, wir kennen uns, der Herr Inspecteur générale und ich!“ Frau Falk lacht nur mit den Lippen. „Aber ich habe nicht erwartet, dass wir uns hier sehen würden. Ich bin fertig, Elsa, dann will ich nicht stören.“
„Sie würden mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Sie blieben. Nur für ein paar Minuten, nicht länger.“
Und ich lege die schon bekannte These von der Wiederholung dar, erkläre ihnen, dass wir daran interessiert sind, die Arbeit unseres Kollegen fortzuführen und abzuschließen.
Frau Falk glaubt mir kein Wort, in ihren grünen Augen liegen Ärger und Spott. Sie ist schön, heute sieht sie beinahe noch besser aus als gestern. Sie hat etwas von der vollkommenden Schönheit junger Athenerinnen der Antike – streng, vollkommen und kalt.
Die Hausherrin fordert mich zum Platznehmen auf und setzt sich wortlos in den anderen Sessel. Der Empfang ist nicht der allerfreudigste.
„Nur ein paar Einzelheiten, über die ich mir Klarheit verschaffen möchte“, lege ich meine Platte auf. „Sonst hätte ich mir nicht erlaubt… Wann hat die Serie begonnen, deretwegen Doktor Bresson in den letzten Tagen herkam?“
„Ja.“
„Hat er Sie vorher darüber in Kenntnis gesetzt, dass er kommen würde?“
Die blonde Frau Engström starrt mich mit großen Augen an: „Das war nicht nötig. Mein Vater und ich, wir sind ständig hier. Wir wohnen hier.“
Und sie erläutert, dass diese Tiere fortwährend Pflege brauchen, die Jungen würden alle drei Stunden gefüttert. Immer sei einer von ihnen im Dienst. Alles wird ganz sparsam erklärt, wie für einen Menschen, der die Verhältnisse nicht kennt.
„Hat Doktor Bresson allein gearbeitet?“
„Das hätte er nicht gekonnt, hier arbeitet niemand allein. Ich habe ihm geholfen, falls Sie das interessiert.“
„Und wie lange blieb er… ich meine, wie lange dauerte ein Versuch?“
„Etwa anderthalb Stunden, manchmal zwei, aber nicht länger.“
„Ich danke Ihnen.“ Damit erhebe ich mich.“Das ist alles. Ich würde nur gern, wenn das möglich ist, einen Blick ins Laborjournal werfen.“
„Bitte!“ Frau Engström steht auf. „Dort, bei Frau Falk.“
Es folgt eine Szene, in der ich, ähnlich wie bei der „Neels – Spedition“, einen nicht sonderlich, gewissen Inspecteur générale spiele, der formal Daten sammelt und sich nicht groß vertieft, was er durchsieht.
„Doktor Ivarsson hat Doktor Bresson begleitet, nicht wahr?“, frage ich nebenbei, während ich das Journal durchblättere.
„Nicht immer“, antwortet Frau Engström. „Er hat auf einem anderen Gebiet
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