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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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Kisten mit Fischen an Deck und in die Kajüten und schicken uns lange Blicke nach. Die Geschichte mit Oscar Matson hat sich überall am Kai herumgesprochen, aber Arbeit bleibt Arbeit.
    Das Motorboot – ich lese den Namen „Isabella“ – liegt fast am Ende des Kais. Es ist verhältnismäßig groß, hat Mast und Kajüte. An Deck geht ein junger Mann auf und ab – einer von Öbergs Leuten.
    Wir springen über Taurollen und steigen ein paar Stufen zur Kajüte herunter.
    Drinnen sind Jacob Öberg, ein älterer Polizist in Uniform mit einem harten, eckigen Gesicht, ein junger Mann in Zivil und der Tote. Die Kajüte ist klein: zwei Kojen übereinander, ein Tisch, ein Schränkchen und eine vom Alter glänzende Bank. Der Tote sitzt auf der Bank mit dem Kopf auf dem Tisch. Ein Arm unter dem Kopf, der andere hängt kraftlos auf den Knien. Man könnte sagen, er schläft, wenn nicht die Blutflecke auf dem Fußboden wären.
    Im Augenblick hockt Öberg vor dem Schränkchen und schiebt behutsam den Inhalt zur Seite. Er richtet sich auf und stellt uns vor. Der Polizist ist der Hafenkommissar, der Zivilist der Gerichtsmediziner vom Hafen, und Öberg erläutert ihm mit ein paar Worten meine Beziehung zu dem Fall. Anscheinend eine recht lose Beziehung, denn Öberg redet nur vorsichtig von dem Unfall bei Garvaregarden. Aber wie dem auch sei, der Hafenkommissar akzeptiert meine Anwesenheit und setzt die Besichtigung fort.
    Nach und nach erfahre ich von Jacob Öberg und ihm, was man schon weiß. Der Tod ist in der Nacht gegen zwei Uhr eingetreten. Oscar Matson wurde aus nächster Nähe erschossen, offensichtlich wurde er völlig überrascht, denn er hat nicht einmal aufspringen können. Alles hat sich ganz schnell innerhalb weniger Minuten abgespielt. Der Mörder hat gewusst, dass Matson hier war. Er ist die paar Stufen hinuntergestiegen, hat die Tür aufgerissen und geschossen. Dann ist er von Bord gegangen und quer über den Kai in den dunklen Winkeln der Lagerschuppen verschwunden. Gefährlich waren für ihn nur die Augenblicke, in denen er das Motorboot betreten und wieder verlassen hat, denn der Kai ist hell erleuchtet, und er hätte gesehen werden können. Aber er ist nicht bemerkt worden. Das Häuschen des Wächters steht am anderen Ende, am Anfang des Kais, und die Motorboote werden in Wirklichkeit nicht bewacht. Es wird nur registriert, wer den Hafen verlässt, aber das machen die Diensthabenden am Kontrollpunkt an der Hafeneinfahrt.
    Ich bleibe neben Öberg stehen und mustere flüchtig die Kajüte.
    „Haben Sie irgendwelche Vermutungen, wer es gewesen sein könnte, oder über die Motive?“
    „Die Motive?“ Jacob Öbergs rundes Gesicht legt sich in düstere Falten. „Alkohol oder teure Drogen. Die Hälfte dieser Motorboote schmuggeln Alkohol. Und alle haben ihre Beschützer.“
    Er brummt noch etwas, woraus ich entnehmen soll, dass sich die Beschützer im Bezirk gut um ihre Schützlinge kümmern. Schließlich hätten Alkohol und Drogen ihre Regeln, und die Leute spielten danach.
    „Also… die Konkurrenz?“, werfe ich ein.
    Der Hafenkommissar hat unser Gespräch verfolgt und lächelt sauer. Sein hartes Gesicht wird noch unfreundlicher. „Was für eine Konkurrenz?“, mischt er sich ein. „Die Grenzen sind abgesteckt, jeder weiß, bis wohin und wie viel!… Die eigenen Leute… haben ihn loswerden wollen.“
    Er ist offenbar der Meinung, dass der Mord an Matson eine Strafaktion ist. Und danach sieht es auch aus. Eine Abrechnung auf so dreiste, offenkundige Art hat für gewöhnlich einen doppelten Zweck: den Schuldigen zu beseitigen und die übrigen von der Kumpanei einzuschüchtern. Wenn man sich nur den unbequemen Mann vom Halse schaffen will, gibt es dafür ein Dutzend Methoden. Darunter solche, bei denen Oscar Matson schlichtweg spurlos verschwindet. Niemand wird ihn mehr sehen, nach ihm suchen wird man erst zehn Tage später. Ergebnislos, versteht sich. Die Suche wird sich endlos hinziehen. Weil alle, die etwas wissen, schweigen werden. Der Inspecteur générale – irgendein junger Mann wie Hedlund – wird sich erst mit Feuereifer an die Arbeit machen, dann allmählich gegen eine Wand stoßen, bis ihm der Fall Oscar Matson zum Halse heraushängt. Nach und nach wird man ihm andere, dringendere Fälle übertragen und der Ordner in den Aktenschränken des Kommissariats immer tiefer sinken. Bis fünf Jahre vorbei sind – das ist die Frist – und die Ermittlungen eingestellt werden. Eine wohlbekannte

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