Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
zusammengestückelten Ausrüstung da unten nicht von den Canim aufgestellt worden. Es waren
Aleraner. Es waren Menschen, und Tavi hatte geschworen, Menschen zu beschützen.
    Und trotzdem waren sie auch Feinde. In den vergangenen zwei Jahren hatte er eins gelernt: Gleichgültig wie erfahren die Armee oder wie begabt der Kommandant war, das Wesen des Kriegs hatte eine unveränderliche Konstante: den Tod.
    Über viertausend Aleraner würden sterben, und zwar auf entsetzlichste Weise, dabei hätten sie überhaupt nicht hier sein sollen. Tavi konnte es sich nicht leisten, ein so verlockendes Ziel wie die verwundbare Kolonne der Canim-Krieger vorbeiziehen zu lassen, selbst wenn er dafür die fremde Legion vernichten musste.
    Ihm war klar, was seine Pflicht war.
    Viertausend Aleraner. Er war im Begriff, viertausend Aleraner zu töten.
    »Verfluchte Krähen«, flüsterte er.
    Tavi kämpfte gegen den plötzlichen Drang an, sich zu übergeben, als er die Hand hob und das Zeichen gab, das dann entlang der Signalkette weitergereicht werden würde und den Befehl zum Angriff erteilte.
    Aber bevor er den Arm weit genug gehoben hatte, spürte Tavi ein eigenartiges, schwaches Gefühl von Schock und Überraschung, ohne die Herkunft zu begreifen. Einen Moment lang wunderte er sich, ehe er begriff, dass es nicht seine eigenen Gefühle gewesen waren. Er hatte sie zwar schwach empfunden, doch sie stammten aus einer anderen Quelle in der Nähe, und Tavi drehte voller Panik den Kopf.
    Der feindliche Kundschafter trug lockere, einfache Kleidung, die mit Flecken aus Erde und Pflanzensäften überzogen war. Er war ein kantiger Kerl, nicht groß, doch hatte er grotesk breite Schultern und einen Nacken, der tatsächlich dicker war als sein Kopf. Im Gegensatz zu seiner schmutzigen Erscheinung trug er die gewohnten Stiefel eines Legionare , und obwohl sein alter Schwertgurt aus Leder glänzte, weil er so abgewetzt war, steckte ein echter Gladius in der Scheide. An dem kurzen, kräftigen Jagdbogen
in seinen Händen hingegen wirkte nichts alt oder schäbig. Er war nur wenige Schritte entfernt von der Kante aus dem hohen Gras und Buschwerk getreten.
    Tavi brachte die Beine unter sich, riss sein Messer aus dem Gürtel und schleuderte die schwere Klinge dem Fremden noch aus der gleichen Bewegung entgegen. Er hatte keine Zeit, das Messer erst richtig zu fassen, die beste Haltung einzunehmen oder auch nur anständig zu zielen. Das Messer trudelte durch die Luft, und Tavi sah sofort, dass es, selbst wenn es den Oberarm mit der Spitze und nicht mit der flachen Seite getroffen hätte, höchstens einen Kratzer hervorgerufen hätte.
    Doch das war auch nicht der Sinn des Wurfes. Der Kundschafter ließ unwillkürlich den Pfeil fliegen, den er aufgelegt hatte, und wich gleichzeitig dem Messer aus. Der Pfeil ging weit daneben.
    Tavi sprang seinem Messer hinterher, senkte den Kopf und rammte dem Kundschafter die gepanzerte Schulter in den Bauch. Die Wucht verzerrte seine Schulter und seinen Hals, und der Kundschafter gab einen ekligen Laut von sich, als er zu Boden ging. Tavi warf sich auf ihn, packte ihn mit beiden Händen an der schlichten Tunika und ließ seine behelmte Stirn in das Gesicht des Gegners krachen. Durch den Stahl spürte Tavi den Hieb, und er hörte, wie die Nase des Kundschafters mit einem Knacken brach.
    Der Mann reagierte, indem er eine eisenstarke Hand hob und damit Tavis Hals umklammerte. Tavi spürte die elementargestützte Kraft des Gegners und wusste, wenn ihm nicht sofort etwas einfiele, würde der Erdwirker ihm das Genick brechen.
    Tavi riss sein gepanzertes Knie heftig zwischen die Beine des Kundschafters hoch, und für einen kurzen Moment lockerte sich der tödliche Griff. Tavi schlug dem Mann erneut den Helm ins Gesicht, und nun sackte er schlaff zu Boden.
    Der gesamte Kampf hatte nur ungefähr drei oder vier Sekunden gedauert.
    Tavi ließ von dem Mann ab; seine Kehle brannte wie Feuer. Es fiel ihm schwer zu atmen, und einen Moment lang befürchtete
er schon, der Kundschafter habe ihm den Kehlkopf zerquetscht, doch einige Sekunden später konnte er wieder Luft holen.
    Max hatte sein Schwert gezogen und war schon auf dem Weg, doch Tavi war schneller gewesen. Der große Antillaner war ganz blass. »Verfluchte Krähen«, zischte er. »Hauptmann?«
    »Mir geht es gut«, würgte Tavi hervor. »Haben die was bemerkt? Oder etwas gehört?«
    Max erhob sich ein wenig, blickte sich um und duckte sich wieder. »Da hätten sie inzwischen Alarm

Weitere Kostenlose Bücher