Der Protektor von Calderon
musste Marcus mit ansehen, wie sich das mörderische Spiel wiederholte: Ein Cane schwang die Sichel mit beiden Händen über dem Kopf und ließ sie gerade auf den Helm eines Legionare niedergehen, und durch Kraft und Gewicht des Plünderers durchbrach die einfache Waffe den aleranischen Stahl und spaltete dem zum Tode verdammten Soldaten darunter den Kopf.
Diese Taktik war tödlich für die Aleraner. Der Feind konnte sein Ziel verhältnismäßig leicht anvisieren, und für einen Legionare , der in enger Schlachtordnung kämpfte, gab es kaum eine Möglichkeit auszuweichen.
Marcus brachte seinen eigenen Schild gerade noch rechtzeitig hoch, um eine Sichel abzuwehren, die auf seinen Kopf niederging. Die Klinge schnitt sauber durch den Stahl seines Schilds, obwohl dieser durch Elementarwirken für den Kampf verstärkt war. Marcus knurrte und rief Kraft aus der Erde, um das Material in sich zu verdrehen, wodurch die Waffe stecken blieb. Mit einem kräftigen Stich des Gladius zerschlug er den Holzgriff und verwundete den Cane vor sich, ehe er zurückwich und versuchte, die Waffe aus dem Schild zu entfernen. Ein anderer Legionare schob sich an seine Stelle - und wurde glatt von einer Sichel gefällt - denn der verwundete Cane war ebenfalls von einem anderen ersetzt worden.
Danach entwickelte sich ein Albtraum von einer Schlacht. Die Legionsspeere waren nicht lang genug, um die Canim-Sicheln zu
überwinden, und die vergleichsweise dünnen Holzschäfte wurden von den Klingen leicht durchtrennt. Die Legionares kämpften von den Erdwällen der Palisaden beinahe auf Augenhöhe mit den Canim, was ihnen wenig einbrachte. Die zweite Reihe konnte sich nicht an die Wälle drängen und mit den Schilden ihren Kameraden Deckung geben, und die beliebteste Taktik, unter einer Schildmauer hervor mit mörderischen Schwertstichen vorzugehen, war in dieser Verteidigungsposition nicht einmal im Ansatz zu verwirklichen.
Eine Taktik, mit denen sie den Canim ordentlich hätten zusetzen können, wie Marcus grimmig dachte. Der ständige Druck mit langen Spießen über die Reichweite der Sicheln hinweg hätte die gegnerischen Waffen praktisch nutzlos gemacht - doch weil sie stattdessen aus dieser festen Stellung vorgehen mussten, wurde ein hoher Blutzoll unter den Legionares gefordert.
Die Canim durchbrachen die Reihen auf den Erdwällen beinahe, wie sie wollten, dennoch nutzten sie den Vorteil nie aus. Warum sollten sie auch? Immer mehr Legionares stürzten sich in den Kampf, und immer mehr fielen mit zerschmettertem Helm. Selbst die schweren Rüstungen konnten die Wucht der geschwungenen Sicheln nicht ablenken, und unablässig starben Aleraner oder wurden verwundet.
»Hauptmann!«, rief Marcus Crassus zu. Der junge Offizier befand sich in den vorderen Reihen, und während Marcus zuschaute, trat er über einen verwundeten Legionare , den gerade ein Cane mit seiner verlängerten Sichel töten wollte. Crassus schlug mit dem Schwert zu. Mit einem Streich zerschmetterte er die Klinge, und mit dem nächsten verwundete er den Cane, der sie hielt. Crassus packte den verwundeten Aleraner und zog ihn nach hinten. Andere Legionares nahmen seinen Platz ein.
»Hauptmann!«, schrie Marcus. »Wir müssen sie zurückdrängen, Hauptmann. Wir müssen sie zurückdrängen, sonst machen sie alle Männer nieder!«
»Nein!«, brüllte Crassus. »Die Stellung wird gehalten! Dieser
Wall muss stehen, bis die Pioniere uns das Signal geben, Erster Speer!«
Marcus’ Instinkt und Erfahrung sagten ihm, dass Crassus die falsche Entscheidung traf - dass sein für gewöhnlich zurückhaltendes Vorgehen an diesem Tag in die Katastrophe führen könnte. Einen solchen Fehler durften sich die Aleraner heute nicht leisten.
Andererseits konnten sie es sich auch nicht leisten, dass der Zusammenhalt Risse bekam.
»Ihr habt den Mann gehört!«, brüllte Marcus und drängte seine Männer voran. »Haltet den Wall! Haltet den Wall!«
Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verging. Zweimal wurde er geblendet - einmal vom Blut eines Cane, und dann vom Blut eines Veteranen namens Barus. Einmal wurde er von einer langen Sichel überrascht, und nur der Kamm seines Zenturionenhelms rettete ihn davor, Barus’ Schicksal zu teilen. Die Waffe des Cane hinterließ eine tiefe Beule in seiner Schulterpanzerung, und die Riemen und Kanten schnitten ihm ins Fleisch. Trotzdem kämpfte er weiter und unterstützte seine Männer, brachte verzweifelt die Verwundeten nach hinten und schickte frische
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