Der Protektor von Calderon
vorwärts.
Das kam keinen Augenblick zu früh. Erneut regnete das violette Himmelsfeuer herab, und wieder flammte es zu einer blendenden, heißen Lichtkugel auf. Im nächsten Moment war sie verschwunden und hatte einen Kreis verbrannter Erde hinterlassen.
Crassus hatte das Feuer nichts anhaben können: Die blutroten Edelsteine im Griff des Canim-Dolches glitzerten hell.
Der Jubel der Plünderer erstarb abrupt, als Antillus Crassus die Kräfte entfesselte, über die der Sohn eines Hohen Fürsten von Alera verfügte.
Flammen umhüllten seine Klinge und schlugen dann in einer Woge um sich, die über hundert der nichtmenschlichen Kämpfer hinwegschoss. Irgendwo summte ein Balestrum, doch Crassus’ Klinge zerschmetterte das Geschoss in einem Funkenregen. Er stieß einen lauten Schrei aus, und plötzlich bildete sich ein Sturmwind und wirbelte Asche und Steinchen und Staub zu einer dichten Wolke auf, durch welche die Reste der Kohorte Prima vor den Blicken des Feindes verborgen wurden.
Marcus stand auf und packte Maximus an der Rüstung. Er schleppte ihn nach hinten, stieß gegen die Mauer und wurde von den Händen anderer Legionares zur Öffnung geführt. Nachdem er hindurchgetreten war, zitterte er vor Erschöpfung und ging zu Boden.
Sekunden später sprang Crassus durch die Öffnung, und nun eilte ein halbes Dutzend Pioniere vor und legte die Hand auf den Stein. Die Öffnung verkleinerte sich und war Sekunden später verschlossen.
Vor den Mauern plärrten die Hörner der Canim.
»Sie ziehen sich zurück!«, schrie jemand. »Sie brechen den Angriff ab!«
»Heiler!«, keuchte Marcus heiser. Er wandte sich Maximus zu. Der junge Mann blutete und war bewusstlos, sein Körper wies üble Verbrennungen auf. »Heiler!«
»Immer mit der Ruhe«, sagte eine Stimme. »Ganz ruhig, Erster Speer.« Crassus zog Marcus von Maximus zurück. »Na los, Foss.«
Marcus schaute zu, wie sie Maximus davontrugen. Irgendjemand führte ihn zur Seite und setzte ihn mit dem Rücken an die Mauer. Man drückte ihm einen Becher Wasser in die Hände, den er herunterkippte, und dann einen zweiten und einen dritten.
Als Nächstes brachte man ihm etwas zu essen, und obwohl es nur eine einfache Speise aus Haferflocken war, leerte er die Schüssel bis zum letzten Rest und leckte sie dann aus.
Nachdem er die dringendsten Bedürfnisse seines Körpers befriedigt hatte, blickte er auf und kam wieder einigermaßen zu Sinnen.
Fürstin Aquitania stand vor ihm, als Waschweib verkleidet, und starrte ihn ausdruckslos an. Dann machte sie sich wieder daran, Schüsseln mit Essen auszugeben, oder frisches Wasser an Legionares zu verteilen, die überall in der Nähe verstreut herumsaßen. Andere Helfer kümmerten sich um kleinere Verletzungen oder brachten Ersatz für verlorene und beschädigte Waffen. Die kampfmüden Soldaten schlangen das Essen hinunter, tranken Wasser oder lagen einfach schlafend auf dem Boden, wie sie es nach jeder Schlacht und besonders nach einer dermaßen anstrengenden taten. Marcus fühlte sich so zermürbt wie ein alter Stiefel und hätte sich am liebsten zu den müden Legionares gesellt.
Stattdessen kam er auf die Beine, ging herum und suchte im schwindenden Licht nach seinen Männern. Von achtzig Speerführern der Prima waren noch neunundzwanzig dienstfähig, er selbst eingeschlossen. Ein Viertel seiner Männer war verwundet und nicht mehr einsatzfähig. Ein weiteres Viertel war tot oder wurde vermisst - und angesichts des Gemetzels auf dem Schlachtfeld bedeutete »vermisst« wahrscheinlich, dass sie zu schwer verstümmelt waren, um erkannt zu werden, als sich die Legion zurückzog. Das dritte Viertel seiner Männer war leicht verwundet und wartete darauf, von den Heilern behandelt zu werden. Den gnadenlosen Rechenkünsten in der Legion entsprechend wurden diejenigen mit den leichten Verletzungen von den Wasserwirkern vorgezogen, weil sie im Anschluss an die Behandlung sofort wieder zum Dienst antreten konnten. Die Schwerverwundeten wurden nur notdürftig versorgt, damit sie nicht starben, und mussten ansonsten leiden, bis ein Heiler frei wurde.
Als Marcus diejenigen seiner Männer zählte, die bei den Heilern gelandet waren, sah er eine Menge aleranisches Leid.
Des Weiteren suchte er nach den fünfzehn Tribunen der Legion. Drei waren tot. Drei weitere waren schwer verwundet und nicht mehr einsatzfähig - darunter auch Antillar Maximus, der allerdings noch auf seine Behandlung warten musste. Die Größe der Verluste war
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