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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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»Tatsächlich erscheint mir die Unfähigkeit der Befehlshaber hier …«
    »Bitte um Verzeihung, Senator«, sagte Tavi und bemühte sich, höflich zu bleiben. »Ich würde mich glücklich schätzen, deine Fragen oder die der anderen Cives beantworten zu dürfen.« Er sah Arnos an, lächelte jedoch nicht. »Aber wenn ich mich nicht irre, habe ich zurzeit dem Protokoll nach das Wort.«
    Arnos drehte sich zu Tavi um, während ihm die Röte in die Wangen stieg.
    »Wohl richtig, Hauptmann«, murmelte Gaius von seinem Platz aus. Obwohl er ruhig sprach, ließ seine Äußerung keinen Zweifel daran, dass er über das Benehmen des Senators ganz und gar nicht erfreut war. »Senator, darf ich dich um Geduld bitten? Jeder erhält Gelegenheit, angehört zu werden, das versichere ich dir. Hauptmann, wenn du bitte mit deinen Ausführungen über die unerwartet großzügige Geste des Canim-Kriegsherrn, Aleraner aus den besetzten Gebieten abziehen zu lassen, fortfahren würdest.«
    Tavi neigte den Kopf. »Das hat mit Großzügigkeit nichts zu tun, Majestät. Es ist schlicht und einfach eine geniale Maßnahme.«
    Gaius nickte und ließ den Blick auf Arnos ruhen. »Darf ich um eine Erklärung bitten?«
    »Dadurch verschafft er sich einen weiteren Vorteil«, erwiderte Tavi. »Das größte Problem im gesamten besetzten Gebiet ist die
Versorgung mit Lebensmitteln. Durch die Kämpfe wurden viele Felder verwüstet, und in der gesamten Gegend ist es praktisch unmöglich, die Ernte einzufahren. Stellt euch jetzt über hunderttausend hungrige Canim dazu vor. Natürlich wird jeder versuchen, sich so viele Vorräte wie möglich zu beschaffen.«
    Die Fürstin Placidus hob die Hand. »Entschuldige, Hauptmann. Hunderttausend? Wenn ich die bisherigen Schätzungen richtig verstanden habe, sollen es nur ungefähr halb so viel Canim sein.«
    »Hunderttausend ist schon eine zurückhaltende Schätzung, Hoheit«, antwortete Tavi und neigte den Kopf höflich vor der Hohen Fürstin. »Die Canim sind nicht nur mit ihrer Streitmacht nach Alera gekommen, sie haben auch ihre Angehörigen mitgebracht. Die Weibchen und die Jungen. Ich sage einhunderttausend, doch eigentlich kenne ich die wirkliche Zahl nicht. Die kennt niemand. Sie geben sich große Mühe, sie für sich zu behalten.«
    Leises Gemurmel erhob sich im Raum.
    Tavi räusperte sich und hob die Stimme ein wenig. »Indem er die Aleraner in den besetzten Gebieten freilässt, löst Nasaug mehrere Probleme gleichzeitig und bereitet uns im Gegenzug neue. Die dortigen Aleraner sind am besten mit den Elementaren der Gegend vertraut und wären deshalb am ehesten befähigt, sie gegen die feindliche Streitmacht einzusetzen. Indem er sie sich vom Hals schafft, beraubt er den Widerstand seiner größten Kräfte, außerdem schont er seine Vorräte, weil die Zahl der hungrigen Mäuler schrumpft, und er bürdet uns diese Flüchtlinge auf. Jetzt müssen wir uns darum kümmern, dass sie zu essen bekommen, und außerdem einen Teil unserer Armee zu ihrem Schutz abstellen, wodurch wir bei unserem Vorgehen gegen die Canim behindert werden.
    Das ist ein kluger und sehr charakteristischer Zug für Nasaugs Denken. Und er hat Erfolg damit. Bislang musste zwar noch niemand an Hunger sterben, doch die Mangelernährung könnte im letzten Winter dazu geführt haben, dass manche sonst vielleicht
harmlose Krankheiten Todesopfer forderten. Die Nachschubkolonne, die von der Wehrhöferin Isana von Calderon organisiert wurde, könnte - ich betone: könnte - uns bis zur Ernte weiterhelfen, doch das Flüchtlingslager neben der Stadt ist nur eines von einem Dutzend, die sich an den Grenzen der von den Canim besetzten Gebiete befinden.«
    Jetzt stellte sich nachdenkliche, ja besorgte Stille ein.
    »Hauptmann«, sagte Gaius und beendete mit seiner wohlklingenden, ruhigen Stimme die ängstliche Pause. »Ich nehme an, du hast versucht, die strategischen Legionsrichtlinien in den bisherigen Schlachten gegen die Canim umzusetzen?«
    »Ja, Herr«, antwortete Tavi.
    »Und wie würdest du die Wirksamkeit beschreiben?«
    »Diese Richtlinien sind nur von begrenztem Wert, Majestät.«
    Gaius blickte sich im Raum um. »Warum?«
    »Die Canim halten sich nicht an die Regeln, Majestät«, erwiderte Tavi.
    Die Fältchen in Gaius’ Mundwinkeln vertieften sich ein wenig. »Erkläre uns das.«
    »Sie verwenden keine Elementarkräfte, Majestät«, stellte Tavi klar. »Sie sind dazu nicht in der Lage und auch nicht darauf angewiesen. Aus diesem Grund denken sie

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