Der Protektor von Calderon
strategisch in vollkommen anderen Bahnen. Zum Beispiel sind sie nicht auf Dammwege angewiesen wie eine aleranische Legion, wenn sie schnell von einem Ort zum anderen gelangen wollen. Stattdessen vermeiden sie die Dammwege wann immer möglich und zwingen die Legion, über Land zu marschieren, was ihnen im Feld einen bedeutenden Vorteil verschafft. Sie sind schneller als wir.
Das haben wir zum Teil wettgemacht, indem wir Überlandmärsche einüben und weitere Auxiliartruppen Reiterei dazugeholt haben …«
Aquitania murmelte etwas hinten im Raum. Tavi schnappte nur die Worte »nackte Barbaren« auf, dann begannen die Männer in der Umgebung des Hohen Fürsten schallend zu lachen.
»… und«, fuhr Tavi unbeirrt fort, »indem wir eine Kohorte berittener Infanterie aufgestellt haben.«
»Berittene Infanterie?«, fragte der Hohe Fürst Cereus.
»Sie reiten zum Gefecht, kämpfen jedoch zu Fuß, Hoheit«, erläuterte Tavi. »Dadurch können wir ihnen einen festen Block Legionares entgegenwerfen, der die Reiterei und die Ritter unterstützt, außerdem gewährt es uns größere taktische Beweglichkeit auf dem Feld.«
Arnos schnaubte verächtlich. »Das spielt jetzt alles keine Rolle mehr, Gaius, wie wir sehr wohl wissen. Hauptmann Rufus Scipios Taktik und die Strategie von Ritter Cyril haben zugegebenermaßen den Schutz dieser Gegend gewährleistet und die Bedrohung durch die Canim begrenzt. Möglicherweise haben sie sich sogar in Anbetracht der Überzahl des Feindes angemessen behauptet. Doch das ist nun vorbei.«
Der Senator erhob sich und wandte sich dem Raum zu. »Ich habe zwei Legionen der Senatsgarde mitgebracht, die erst vor kurzem aufgestellt wurden und nur aus Veteranen bestehen. Sie haben ihr Lager vor der Stadt aufgeschlagen. Zusammen mit den Resten der Ersten Aleranischen werden wir diese Tiere ins Meer zurücktreiben und dieses demütigende Schauspiel beenden.« Er wandte sich zu Fürst Aquitania um. »Ich gehe davon aus, dass wir diesen Krieg bis zum Mittsommer beendet haben, damit wir danach den Druck auf Kalares verbliebene Truppen erhöhen und die Ordnung im Reich wiederherstellen können.«
Tavi starrte Arnos mit großen Augen an. War der Mann wahnsinnig geworden? Sicherlich verfügten die beiden Legionen der Senatsgarde jeweils über nahezu zehntausend Mann, doch solange die Rechenlehrer an der Akademie Tavi nicht groben Unfug beigebracht hatten, kamen dann immer noch zwei Canim auf einen Aleraner. Natürlich schloss ein solches Kräfteverhältnis den Sieg der Aleraner nicht von vornherein aus, aber es war schon entmutigend - und dabei waren noch nicht einmal die Truppen eingerechnet, die die Canim aus ehemaligen Sklaven aufgestellt hatten.
»Solche weitreichenden Pläne zu schmieden wäre wohl … verfrüht, Senator«, sagte Tavi, »ehe wir nicht mehr über die zusätzlichen Truppen erfahren haben, welche die Canim aufstellen.«
Damit zog er alle Blicke auf sich.
»Was?«, entfuhr es Ritter Miles.
»Die Canim haben mindestens eine Legion aus ehemaligen Sklaven gebildet«, erklärte Tavi. »Wir nehmen an, sie bieten Freiheit im Gegenzug für …«
»Welche Rolle spielt das schon?«, unterbrach ihn Arnos und verbarg jetzt nicht mehr den Hohn in seiner Stimme.
»Es sind Aleraner«, fauchte Tavi. »Viele von denen, die geblieben sind, haben das vermutlich nur getan, weil sie keinen Ort hatten, wo …«
»Belanglos«, sagte Arnos und zog eine Augenbraue hoch. »Wie du selbst dargelegt hast, haben alle dem Reiche treu ergebenen Aleraner die besetzten Gebiete inzwischen verlassen.«
»Das wollte ich gar nicht …, setzte Tavi an.
Arnos übertönte ihn mühelos mit seinem Bariton. »Wer dort geblieben ist - sei es nun, um die Waffen gegen das Reich zu erheben oder die Canim zum eigenen Vorteil zu unterstützen -, ist ein Verräter.« Er lächelte grausam. »Und er hat nichts anderes als den Tod des Verräters verdient.«
An dieser Stelle erhoben mehrere Männer gleichzeitig die Stimmen. Tavi wollte ebenfalls etwas rufen, doch spürte er plötzlich jemanden neben sich, und als er sich umdrehte, stand dort der Erste Fürst.
»Still«, sagte Gaius leise.
»Aber, Majestät«, begann Tavi.
»Still«, zischte der Erste Fürst. Er warf Tavi einen kurzen, harten Blick zu, der so streng war, dass der junge Kursor gar nicht auf den Gedanken kam, noch etwas zu sagen.
»Ja, Majestät.«
Gaius nickte, während die ungeduldigen Stimmen noch an Lautstärke zunahmen. »Ich brauche dich genau an der
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