Der Protektor von Calderon
murmelte er. »Wer dann?«
59
Valiar Marcus stand auf dem südlichen Wehrgang bei seinen Männern und schaute zu, wie der Princeps aus der Ruine ritt. Auf einem zweiten Pferd, das er an der Leine führte, war die Leiche von Senator Arnos festgebunden. Die Sonne ging auf, Licht breitete sich über das Land.
Das Balestrum war auf dem gleichen Weg verschwunden wie die Gefäße mit dem Gift. Einige Augenblicke lang war die Sache heikel gewesen, als die Marat nach dem versteckten Schützen gesucht hatten, doch sein holzgewirkter Schleier hatte ihm geholfen, ihnen zu entgehen.
Die ganze Angelegenheit hatten die Krähen geholt, wie das häufig bei solchen Plänen geschieht. Marcus war gezwungen gewesen, seinen Standort zu wechseln, als der Senator floh. Natürlich hatte er damit gerechnet, dass der Mann zu Fürstin Aquitania laufen würde, sobald er die Gelegenheit bekäme, doch er war bereits verschwunden, ehe das Duell ganz zu Ende war, und deshalb hatte Marcus ihn beschatten müssen.
Glücklicherweise war es nicht schwierig gewesen, in dem Tumult nicht weiter aufzufallen, und er hatte sich bei der Verfolgung
des Senators an die Marat gehalten, die ihn führten. Die doppelte Gelegenheit, die sich ihm schließlich bot, war ein Glücksfall gewesen, den er ohne zu überlegen sofort ausgenutzt hatte. Solche Momente konnte man nicht vorhersagen, und sie dauerten nicht lange an. Wenn man auch nur kurz zögerte, konnte der Augenblick vorüber sein.
Er hatte gehört, »Daria«, eine Dienerin in der Legion, sei in der Heilwanne gestorben, da das Gift am Bolzen ihr Herz zum Rasen gebracht hatte, wodurch das tödliche Garic-Öl sich mit unfassbarer Geschwindigkeit in ihrem Körper ausgebreitet hatte. Das hatte schließlich zum Tod geführt.
Schade, dachte Marcus. Die Frau hatte unbestritten über immense Fähigkeiten verfügt. Sie hätte für das Reich von großem Wert sein können, wenn man sie umsichtig eingesetzt hätte, und der Verlust war für die Krone bedauerlich. Andererseits war sie eine so überaus sture Person gewesen. Vermutlich hätte sie sich nicht so leicht zu einer Zusammenarbeit bereit erklärt. Sicherlich hätte er jedenfalls die Folgen nicht überlebt, gleichgültig, für welche Seite sie sich entschieden hätte.
Dennoch. Die Fähigkeiten der mächtigen Geschlechter von Alera waren auf lange Sicht ausgesprochen wichtig für das Überleben des Reiches, und …
Er musste über sich selbst grinsen. Einen Moment lang hatte er gedacht wie ein Kursor.
»Was denkst du, Erster Speer?«, fragte Tribun Kellus. Der lästige junge Offizier hatte die Schlacht überlebt und nun natürlich seinen Posten wieder verlassen, um mit Marcus zu plaudern.
»Tribun?«, fragte Marcus höflich.
Kellus deutete mit dem Kopf hinüber zur Canim-Armee, die die Ruinen umzingelt hatte. »Glaubst du, der Hauptmann haut uns hier heraus?«
»Schwer zu sagen, Tribun«, antwortete Marcus.
»Ich hoffe es jedenfalls«, murmelte Kellus.
Marcus holte tief Luft und zählte leise bis drei. »Ja, Tribun.«
Der Princeps hielt an, als eine Gruppe Canim mit zwei oder drei Aleranern, vermutlich früheren Sklaven, ihm aus den feindlichen Reihen entgegenkamen. Sie blieben zehn Fuß voneinander entfernt stehen, und dann traten zwei der Sklaven vor, ein Legionare in Rüstung und eine schwarzhaarige Frau in grauem Kleid, und untersuchten die Leiche. Die Frau blickte sich das Gesicht an und nickte, und dann zog sich die feindliche Abordnung zurück - alle bis auf einen Cane, ein riesiges, narbiges schwarzes Tier, der vor dem Princeps stehen blieb.
Der Princeps stieg ab und trat dem Cane entgegen, der ihn um gute drei Fuß überragte.
Der Cane zog ein schweres Schwert aus dem Gurt.
Der Princeps tat das Gleiche.
Der Cane drehte die Waffe um und hielt den Griff nach vorn. Der Princeps folgte seinem Beispiel. Dann, langsam, fast wie bei einem Ritual, tauschten sie die Waffen und traten zurück. Der Cane schob sich den Legions-Gladius in den Gurt wie einen Dolch. Der Princeps musste die riesige Canim-Waffe in eine Schlaufe am Pferdesattel hängen.
Nun stieg der Princeps wieder auf. Die beiden sahen sich an und sprachen vermutlich miteinander. Daraufhin legte der Princeps den Kopf leicht zur Seite. Der Cane hob eine Faust vor die Brust, als würde er auf aleranische Art salutieren, dann neigte er den Kopf ebenfalls, aber tiefer. Schließlich drehte er sich um und ging davon.
Hörner ertönten, und binnen einer Minute war die Canim-Armee im Abmarsch
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