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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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können«, entgegnete sie. »Warum hier?«
    Marcus hob den Blick und sah ihr in die Augen. »Vielleicht wollte ich es dir zeigen.«
    Die Waschfrau legte den Kopf schief. »Was zeigen?«
    Er umfasste das Zelt mit einer Geste. »Die Folgen.«
    Empört zog sie die Augenbrauen hoch.
    »Oft haben die Menschen, welche die großen Entscheidungen treffen, niemals Gelegenheit, das zu sehen, was eigentlich passiert. All dies hier … und noch viel Schlimmeres sind die Folgen solcher Entscheidungen.«
    Ausdruckslos starrte sie ihn eine Weile an. »Willst du mich damit beeindrucken?«
    »Hiermit? Das hier ist nichts«, gab Marcus zurück. »Dies ist nur das Ergebnis einer höflichen Meinungsverschiedenheit, die wir mit den Canim haben. Es ist eine Situation, in der jeder den Gürtel ein wenig enger schnallen muss, aber es gibt immer noch genug zu essen. Im Süden ist es schlimmer. Da grassieren die Krankheiten, der Hunger. Es gibt Räuber, Plünderer, Söldner. Männer, die sich Freiheiten erlauben. Männer, die aus dem gleichen Grund Rache suchen.« Er deutete auf die Schenke. Außerhalb der feuchten, stinkenden Leinwand schnappte jemand nach einem entsetzlichen Hustenanfall nach Luft. »Das ist Sonnenschein und Süßbrot im Vergleich zu dem, was geschehen könnte.«
    Die Fürstin kniff die Augen zusammen. »Wenn mein Gemahl und ich unsere Pläne weiterverfolgen, meinst du.«
    »Dazu müsste ich sie alle kennen«, erwiderte Marcus. »Aber bestimmt kenne ich nicht alle. Also musst du die Antwort geben.«
    »Weißt du, was ich immer an dir bewundert habe? Deine Sachlichkeit. Dies sieht dir gar nicht ähnlich.«

    Marcus zuckte mit den Schultern. »Dieser Treffpunkt ist überaus sicher. Ich hatte dir etwas zu sagen. Ich habe es vorgebracht. Was du damit anfängst, liegt bei dir.«
    Fürstin Aquitania runzelte die Stirn. Einige Sekunden lang blickte sie sich in der schäbigen Schenke um. Dann schüttelte sie den Kopf, nahm den Krug und leerte den Inhalt auf den Boden. Sie donnerte den Krug auf den Tisch. »Konzentrier dich auf das, weswegen wir hier sind.«
    »Das würde ich - wenn man ihn dazu bringen könnte, rechtzeitig einzutreffen.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Er ist daran gewöhnt, die Hauptperson zu sein. Wichtige Leute kommen immer zu spät zu Versammlungen.«
    »Warum müssen wir ihn ertragen?«, fragte Marcus.
    »Ich brauche ihn«, sagte sie schlicht.
    »Was passiert, wenn du ihn nicht mehr brauchst?«
    Sie schenkte ihm ein schmales Lächeln. »Dann bekommt er die Gelegenheit, sich eine bessere Arbeitsmoral anzugewöhnen.«
    Genau in diesem Moment wurde der Zelteingang aufgerissen, und ein halbes Dutzend Gäste trat ein, alle in Kapuzenmänteln. Offensichtlich gehörten sie zusammen, und ganz eindeutig waren sie zu gut für die Umgebung gekleidet. Marcus seufzte. Was ihm am meisten zusetzte, seit er die Kursoren verlassen hatte, war der Mangel an fähigen Mitarbeitern.
    Eine der verhüllten Gestalten wandte sich dem mürrischen Kerl hinter dem billigen Holztisch zu, der als Tresen diente. Sie hob die Hände an die Kapuze, streifte sie nach hinten und enthüllte ihr Gesicht. Marcus zuckte leicht zusammen, als er Phrygiar Navaris erkannte.
    Navaris warf dem Wirt einen kleinen Lederbeutel vor die Brust. Er prallte ab und landete auf dem schmierigen Tisch. Sie starrte den Mann mit flachen grauen Augen an und sagte: »Raus!«
    Marcus hätte es genauso bedrohlich sagen können, trotzdem hätte der Kerl zuerst sein Geld gezählt. Aber Marcus konnte es
dem Mann nicht verübeln, dass er den Beutel nahm und verschwand, ohne auch nur einen Blick hineinzuwerfen.
    Die kleinste der Gestalten blickte sich kurz um, eilte daraufhin zu ihrem Tisch und nahm der Fürstin gegenüber Platz. Der Mann setzte sich dabei auf seinen Mantel, zog die Kapuze straff, murmelte gereizt vor sich hin und schaute sich erneut um, ehe er sie abnahm. »Es gibt Umsicht«, schnaubte Senator Arnos, »und es gibt Überängstlichkeit. Müssen wir uns in so einem Schweinestall treffen?«
    »Aber, aber, Arnos, wer wird denn gleich so harte Worte wählen?«, sagte Fürstin Aquitania. »Auf deiner Seite des Tisches riecht es genauso übel wie auf meiner, das kann ich dir versichern.«
    Marcus beobachtete die Singulares des Senators. Navaris blieb am Eingang, schaute ins Leere und verströmte die Emotionen eines Granitfelsens. Die anderen vier verteilten sich im Raum und richteten ihre Aufmerksamkeit entweder auf die Zeltwände oder auf die Personen, die am Tisch

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