Der Protektor von Calderon
betrachtete stirnrunzelnd die gezeichnete Karte, während
der Senator eine kleine Rede hielt, dass man Alera gegen die Geißel der Canim verteidigen müsse.
Ein Schauer lief Tavi den Rücken hinunter, und er sah an Nalus vorbei zu Navaris, die ihn mit leerem Blick anstarrte. Die Stecherin sah ihn einen Moment lang an, ehe sie den Mund zu einem beunruhigenden Lächeln verzog.
Tavi wandte sich wieder nach vorn und unterdrückte sein Unbehagen.
»Meine Herren«, sagte Arnos gerade, »wir haben uns viel zu lange auf die Verteidigung beschränkt. Wir haben viel zu lange auf Mauern und Brücken gestanden. Es ist höchste Zeit voranzuschreiten, sich der Bedrohung zu stellen und zu zeigen, was es bedeutet, sich mit den Legionen Aleras anzulegen.«
Damit gewann er eine Menge Zustimmung, wie sich in dem Murmeln ausdrückte, das sich nun erhob - allerdings wieder nicht von Offizieren der Ersten Aleranischen.
»Und so beginnt in diesem Augenblick«, fuhr er fort, »unsere große Offensive.« Er drehte sich um und zog einen verwegenen Strich auf die Schiefertafel, von der Elinarcus bis unten nach Werftstadt. »Wir zwingen ihre Hauptarmee in die Schlacht und fegen sie hinfort, ehe sie diese Schiffe bauen können. Abmarsch bei Sonnenaufgang in zwei Tagen. Weggetreten.«
Im Raum wurde es laut, als die Männer sich erhoben, sich unterhielten und zur Tür gingen. Kurz darauf saßen Tavi und Cyril allein da.
Cyril betrachtete die Karte auf der Tafel einen Moment lang und verdrehte dann die Augen. »Natürlich. Wir marschieren in gerader Linie auf das Ziel zu.« Er seufzte. »Wie viele Stützpunkte muss Nasaug einrichten entlang dieses Wegs?«
»Drei, vielleicht vier«, sagte Tavi. »Außerdem ergeben sich für ihn viele Möglichkeiten, uns von unserem Nachschub abzuschneiden, während wir unterwegs sind. Und dann die Stadt selbst.«
»Können wir uns durchschlagen?«
»Hängt davon ab«, sagte Tavi. »Wenn Nasaug bereit ist, schwere Verluste hinzunehmen, könnte er uns leicht aufhalten.«
Cyril schüttelte den Kopf. »Nein, dazu ist er nicht bereit. Er wird uns so großen Schaden zufügen, wie er kann, aber seine eigenen Verluste so klein wie möglich halten.«
Tavi nickte. »Er wird uns auf dem ganzen Weg nach Werftstadt bluten lassen. Und uns dann niedermachen.«
»Wie lange wird das dauern?«
Tavi begann zu rechnen. Dank Ehrens harter Arbeit verfügte er über gute Karten, so dass er seine eigenen Pläne schmieden konnte, und er war mit dem Gebiet vertraut, durch das sie sich kämpfen mussten. »Zehn Wochen, es sei denn, wir haben Glück.« Tavi schaute zur Karte. »Und ich habe nicht das Gefühl, dass wir Glück haben werden.«
»In zehn Wochen kann eine Menge geschehen«, erwiderte Cyril.
»Ich sollte noch einmal mit ihm reden«, meinte Tavi. »Unter vier Augen. Vielleicht ist er zugänglicher für den Verhandlungsvorschlag, wenn nicht so viele Leute dabei sind.«
»Es sind immer Leute dabei«, sagte Cyril. »Und es wird auch nichts nützen, Hauptmann.«
»Aber es ist so dumm. Nasaug ist bereit zu reden.«
»Das kannst du nicht wissen«, entgegnete Cyril. »Schließlich hat er nie einen Boten geschickt, der Gespräche vorgeschlagen hätte.«
»Das ist nicht ihre Art«, antwortete Tavi. »Für einen Cane ist Reden Silber und Handeln Gold. Und Nasaugs Handeln zeigt deutlich seine Absichten. Er ist bereit, mit Aleranern zusammenzuarbeiten, er will sie nicht einfach nur abschlachten - und er will fort von hier.«
»Vielleicht«, sagte Cyril. »Vielleicht hast du recht. Wenn ich den Befehl hätte, würde ich mir deine Worte ernsthaft durch den Sinn gehen lassen. Das hast du dir verdient.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich bin nicht der Befehlshaber, und du auch nicht.
Wenn du noch einmal darauf zu sprechen kommst, hat er einen Vorwand, dich deines Postens zu entheben. Den solltest du ihm nicht liefern.«
Tavi atmete durch die Zähne aus. »Es muss doch einen Ausweg geben.«
»Dann finde ihn«, sagte Cyril und drückte sich aus dem Stuhl hoch. »Doch beeil dich, uns bleibt nicht viel Zeit. Denke vor allem an das Hier und Jetzt. Auch wenn sie es vielleicht nicht wissen, so liegt doch das Leben vieler Menschen in deinen Händen.«
»Ja, Ritter«, sagte Tavi.
Sie salutierten, und Cyril humpelte auf seinen Stock gestützt hinaus. Einen Moment später steckte Maximus seinen Kopf zur Tür hinein. »Hallo, Hauptmann. Wie sieht es aus?«
»Wir marschieren ab«, antwortete Tavi, erhob sich und ging zur Tür. »Hol
Weitere Kostenlose Bücher