Der Protektor von Calderon
zugestoßen ist, der für die Erste Senatslegion ernannt wurde. Ich glaube, er hieß Argavus. Eigenartig, dass er in der Nacht vor dem Abmarsch verschwand.« Der Blick der Fürstin suchte Navaris’.
»Es wäre doch eine Schande, wenn jemand den Ort der Leiche an die Civis- Legionares verraten würde. Bei einer Untersuchung des Falles könnten gewisse unangenehme Tatsachen ans Licht kommen.«
Arnos zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Solche Untersuchungen habe ich früher schon überstanden. Ermüdend, aber keine Herausforderung.«
»Ja. Es gibt angenehmere Arten des Zeitvertreibs, wenn man so viele Begierden zu befriedigen hat.« Ihr Blick wanderte wieder zu Arnos, und ganz im Gegensatz zu ihrem schäbigen Äußeren war ihr Lächeln sinnlich und raubtierhaft. »Ich muss mich doch unwillkürlich fragen, wie oft du schon den Zorn eines eifersüchtigen Ehemanns ertragen musstest. Erinnerst du dich an das Wrack im Hafen vor vier Jahren?«
Das Blut wich aus Arnos’ Gesicht. »Das würdest du nicht tun.«
»Es ist eine Karte, die ich nur einmal ausspielen kann. Mir wäre es lieber, sie auf der Hand zu behalten, lieber Arnos.« Ihr Blick wankte nicht. »Natürlich kannst du deine Hunde von der Leine lassen, wenn du glaubst, es würde dir weiterhelfen.«
Marcus hielt unter dem Mantel bereits in jeder Hand ein Messer. Er würde den Senator übernehmen und dann Armenius, den Stecher, der dem Tisch am nächsten stand. Was auch immer die Fürstin vorhatte, sie würde mit brutaler Gewalt vorgehen und sich deshalb vermutlich die entfernteren Gegner vorknöpfen. Bestimmt dachte sie ebenso.
Gut, er war nicht mehr so schnell wie früher. Arnos war kein Problem, doch der junge Zweikämpfer würde sich wacker schlagen. In einem ehrlichen Kampf hätte Fidelias kaum eine Chance gegen den jungen Stecher. Das war der Hauptgrund, weshalb er solchen Auseinandersetzungen aus dem Weg ging, wann immer möglich.
Arnos schwieg eine Weile, auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen, und die Anspannung im Zelt wuchs. Dann wandte der Senator den Blick ab und hob hochmütig das Kinn.
»Es ist doch sinnlos, sich jetzt zu streiten, liebe Invidia, wo wir so viel Arbeit zu erledigen haben.«
Ein kleines Lächeln zierte ihren Mund. »Ach, wie schön, dass wir uns so einig sind.«
Marcus musste sich zusammenreißen, sonst hätte er vor Erleichterung hörbar aufgeatmet. Er steckte die Messer wieder ein.
»Ich habe den Legionen Befehl erteilt, gegen die Canim zu marschieren. Worin sollte unser nächster Schritt bestehen?«
»Rufus Scipio«, sagte sie. »Er ist gefährlich.«
Arnos zog eine Augenbraue hoch. »Das meinst du nicht im Ernst. Er ist doch noch ein Junge. Ein guter Selbstdarsteller vor seinen Männern, der zur rechten Zeit am rechten Ort war. Mehr nicht.«
»Mir bereitet weniger Sorgen, was er ist, als vielmehr, was er einmal werden könnte. Fehler können immer mal passieren, Arnos, aber es wäre besser, er ist verschwunden, ehe sich die Legionen in Marsch setzen. Kannst du dich diesmal darum kümmern?«
Am schmierigen Tresen schob Navaris die Hand Richtung Waffe und liebkoste den Griff ihres Schwertes mit den Fingern.
»Fürstin«, sagte Marcus, »wenn ich mir ein Wort erlauben dürfte.«
Sie blickte ihn an und zog abermals die Augenbrauen hoch. »Sprich.«
»Es ist zu spät für eine solch drastische Maßnahme«, sagte Marcus. »Den Versuch hat man ja schon unternommen. Er ist gescheitert. Der Hauptmann ist auf der Hut und seine Männer genauso. Ein zweiter Mordanschlag könnte sich zu unseren Ungunsten auswirken.«
Die Fürstin Aquitania verzog das Gesicht und nickte. »Was schlägst du also vor?«
Marcus sprach vorsichtig und achtete darauf, dass keine Gefühle wahrnehmbar wurden. »Die Treue der Legion macht ihn zur Bedrohung für deine Pläne. Entferne ihn aus der Legion, und du
beraubst ihn aller Möglichkeiten, dir in irgendeiner Form in die Quere zu kommen.«
»Ich kann ihn nicht einfach seines Postens entheben«, erwiderte Arnos. »Nicht ohne Grund.«
»Bislang war er stets klug genug, sich allen Machenschaften zu entziehen«, wandte Fürstin Aquitania ein.
»Es wird nicht schwierig sein«, meinte Marcus. »Es ist letztlich nur die Frage, wo man den Hebel ansetzt.«
8
Amara war niemals in den Sinn gekommen, dass sie eines Tages Schwierigkeiten haben könnte, mit irgendwem beim Fliegen mitzuhalten. Schließlich hatte sich bisher niemand, den sie kennen gelernt hatte, nicht einmal die Hohe Fürstin
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