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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sie losgeschickt hast, als der Kampf begann.«
    Offensichtlich, dachte Tavi. Aber eine solche Bemerkung behielt man besser für sich, wenn man seinen vorgesetzten Offizier nicht als Dummkopf hinstellen wollte. Tavi hielt den Mund.
    Arnos schnaubte. »Gut, gut. Ich bin froh, dass die Männer dort waren, als wir sie brauchten. Aber ich hatte natürlich darauf gezählt, dass deine Truppe als Unterstützung zur Verfügung steht. Wenn der Feind in größerer Zahl angegriffen hätte, zum Beispiel, hätte ich die Erste Aleranische als Verstärkung gebraucht.«
    »Und die Erste Aleranische wäre zur Stelle gewesen, Senator«, sagte Tavi. »Nur mit zwei Auxiliar-Truppen und einer Infanterie-Einheit weniger.«
    Arnos legte den Kopf schief. »Deine heulenden Barbaren, meinst du?«

    Tavi ermahnte sich, sich durch solch unverhohlene Verachtung nicht zu unüberlegten Bemerkungen verleiten zu lassen. »Die Reiterei der Marat, ja, Senator.«
    Arnos legte die Fingerspitzen aneinander und bildete ein Zelt mit den Händen. Er blickte Tavi stirnrunzelnd an. »Mir wurde zu verstehen gegeben, dass sie für gewöhnlich beinahe vollkommen nackt in die Schlacht ziehen. Männer und Frauen gleichermaßen.«
    »Marat sind nicht so empfindlich, was selbst größere Temperaturunterschiede angeht, Senator. In ihrer Heimat tragen sie für gewöhnlich einen Lendenschurz und halten das für ausreichend.«
    »Hm«, sagte Arnos und ließ in dem Laut eine gehörige Portion Skepsis mitschwingen. »Wie hast du sie davon überzeugt, Uniformen anzulegen?«
    »Die Marat haben sehr strikte Regeln, wenn es um Geschenke geht, Senator. Wenn jemand ein Geschenk bekommt und es nicht verwendet, gilt das als eine Art Beleidigung gegenüber dem Schenkenden. Also bin ich zu jedem Marat gegangen, der gekommen war, um die Erste Aleranische zu unterstützen, und habe jedem persönlich die Uniform und die Rüstung überreicht.« Er zuckte mit den Achseln. »Jetzt müssen sie beides tragen, sonst würden sie mich beleidigen. Dafür sind sie aber zu höflich.«
    Arnos schüttelte erneut den Kopf. »Da kommt man in Versuchung, dein Urteilsvermögen in Zweifel zu ziehen, Hauptmann, wenn du einer Horde Wilder eine solch wichtige Aufgabe anvertraust.«
    »Man könnte mein Urteilsvermögen schon deshalb in Zweifel ziehen, weil ich meinen Befehlen zum Trotz überhaupt jemanden losgeschickt habe, Senator. Ich war überzeugt, dass sie ihre Arbeit tun würden. Und das haben sie ja auch.«
    Der Senator blickte ihn einen Moment lang ausdruckslos an, dann bewegte er die Hand, als wollte er einen Rauchfaden oder ein lästiges Insekt vertreiben. »Die Infanterie-Kohorte, die
du auf die Anhöhe geschickt hast, wie hat die ihr Ziel so rasch erreicht?«
    »Es war unsere berittene Infanterie-Kohorte, Senator«, sagte Tavi. »Die ich bei unserer Versammlung erwähnt habe.«
    »Ach«, sagte Arnos. »Nun ja, ich muss zugeben, heute hat sich diese Einrichtung als durchaus nützlich erwiesen.«
    »Aus diesem Grund haben wir sie aufgestellt, Senator«, erwiderte Tavi. »Erweiterte taktische Möglichkeiten.«
    Arnos verzog das Gesicht. »Ich bin kein Freund von solch … unüblichen Kriegslisten, Hauptmann. Die Legionen sorgen seit über tausend Jahren für Sicherheit und Wohlstand in Alera. Ihre Methoden wurden im Laufe der Zeiten häufig erprobt und haben sich immer wieder als die richtigen erwiesen. Versteh mich nicht falsch, ich bin kein Gegner von vorsichtigen Verbesserungen, aber es ist doch eine unglaubliche Arroganz, Methoden, die seit tausend Jahren Bestand haben, für unzureichend zu erklären und sich dann auf unerprobte Lehren zu verlassen, bei denen jede Schwäche Männer das Leben kosten kann.«
    Tavi musste sich arg beherrschen, um nicht zurückzugeben, dass diese »unerprobten« Lehren ihm geholfen hatten, die Stellung hier über zwei Jahre lang zu halten, und dass seine Truppe am heutigen Tag nur sieben Verwundete zu verzeichnen hatte, während die Garde-Legionen beinahe sieben Hundertstel ihrer Gesamtzahl verloren hatten. »Ja, Senator«, sagte er.
    »Außerdem ist es ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften, sich über Befehle hinwegzusetzen. Die Befehlskette muss um jeden Preis beachtet werden. Wenn die Offiziere die Disziplin vernachlässigen und sich aussuchen, welchen Befehlen sie gehorchen und welchen nicht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das in die unteren Ränge fortsetzt - und dann haben wir keine Legion mehr. Sondern einen Haufen von Banditen.

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