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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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– so hatte es auch die Kinderpsychologin genannt, zu der ihn Andrea nach Jakobs Tod geschleppt hatte. Um das Erlebnis und seine Albträume in einem Gespräch aufzuarbeiten. Schöner Mist. Die gute Frau hatte ihn vollgeschwafelt und Matteo hatte geschwiegen und sich gefragt, ob sie auch nur im Entferntesten ahnte, wie er sich fühlte. Wie sie wohl seine derzeitige Situation betiteln würde? Posttraumatische Belastungsstörung mit beginnender Persönlichkeitsveränderung?
    »Es war … schwierig«, sagte Matteo. »Schließlich ist Khor in Wahrheit tot. Und ich auch.« Kurz kniff er die Augen zusammen, um seine Beklommenheit zu vertreiben. »Bitte«, sagte er dann und schaute den Arzt eindringlich an, »können wir das lassen? Ich werde noch verrückt, wenn ich weiter darüber nachdenke. Für mich zählt nur eines: wieder nach Hause zu kommen. Und dazu brauche ich Lith. Wie können wir sie aus dem Tempel befreien?«
    »Also schön.« Sebastján nickte bedächtig. »Auch wenn ich der Meinung bin, dass dich diese Lith nach Strich und Faden belügt. Aber bitte, es ist deine Entscheidung. Zunächst einmal: Wir können gar nichts. Du wirst es allein tun müssen. Ich darf den Tempel nicht betreten, denn ich habe keinen Soplex. Wenn das rauskommt, bin ich erledigt. Vermutlich würden sie mich hängen.«
    »Hängen?«, fragte Matteo bestürzt. »Bloß, weil Sie anders sind?«
    »Das Rechtssystem Jandurs entspricht in etwa dem des Mittelalters und ist zum Teil sehr willkürlich. Soll heißen, falls der Richter gute Laune hat, werfen Sie mich in den Kerker, falls nicht …« Er machte eine eindeutige Geste – der Galgen. »Mayki kann ich dir ebenso wenig mitschicken, das musst du verstehen, die Gefahr ist zu groß, dass sie ausgewählt wird. Ich liebe meine Frau und unsere Tochter braucht eine Mutter.«
    »Was bedeutet ausgewählt? «
    »Die Menschen kommen nicht nur zum Beten in den Tempel«, sagte Aduka. »Sie bitten um Aufnahme in das Quellparadies. Bei jeder Zeremonie wird die Energie der Pulse geprüft und der Squirre wählt die fünf stärksten aus.«
    Ihre Stimme war leiser und leiser geworden und Matteo spürte, wie das Entsetzen seinen Rücken hochwanderte. Alle Muskeln verhärteten sich wie auf Kommando. »Und was heißt das genau?«
    »Sie werden weggebracht«, stieß Sebastján hervor, »in den Quelltempel Eznar . Dort werden ihre Pulse dem Quell zugeführt.«
    Matteo wagte kaum nachzuhaken. »Zugeführt?«
    »Sie sterben«, wisperte Aduka. Ihr zerfurchtes Gesicht spiegelte ihr Inneres wider. Ihr ganzes Elend, ihren Schmerz. »Sie sterben, weil wir sie dazu verdammen.«
    Das Schweigen war so dicht, dass es Matteo den Atem nahm. Sie sterben , wiederholte eine Stimme in seinem Kopf und er sah Lith vor sich. Lith, am Bach. Lith, die schluchzte und schrie: »Wir sind dir doch egal! Wir sterben und es ist dir egal!«
    Mit einem Schnaufen holte er Luft, sein Brustkorb war hart wie ein Brett.
    Nein, es war ihm nicht egal. Nicht mehr.
    In diesem Augenblick wurde ihm das klar. Hatte er nicht eben verkündet, er wolle nur nach Hause? Das war nicht länger zutreffend. Das war nur das, was er sich die ganze Zeit eingeredet hatte. Beharrlich hatte er sich die Worte vorgebetet, wieder und wieder: Ich will nach Hause, sonst nichts.
    Doch langsam und klammheimlich hatten sich da noch andere Wünsche dazugeschlichen, die nun wie ein aufgeregter Bienenschwarm in seinem Kopf umherschwirrten: Er wollte Lith befreien, er wollte Nador wiedersehen, er wollte die Kaiserin kennenlernen, wollte wissen, was sie für ein Mensch war und aus welchem Grund sie diesen Krieg gegen den Lord führte. Er wollte mehr über Khor erfahren, dessen Körper ihm neues Leben geschenkt hatte. Er wollte seinen Puls beherrschen lernen, diesen mysteriösen Energiestrom, der ihm bereits mehrmals aus der Patsche geholfen hatte. Er wollte Antworten auf seine Fragen, wollte verstehen.
    Natürlich wollte er auch zurück nach Hause, aber da waren so viele Kleinigkeiten, die plötzlich eine Bedeutung bekommen hatten, die ihm wichtig geworden waren. Eigentlich, erkannte Matteo, war ihm das erste Mal seit langem überhaupt etwas wichtig. Und bei aller Angst vor dem, was ihm noch bevorstand, war dies ein unglaublich schönes Gefühl.
    Mayki schürte das Feuer im Kamin. Funken stoben auf, das Holz knisterte.
    »Das ist Mord«, hörte sich Matteo endlich sagen.
    »Genau genommen, folgen sie ihrem Glauben«, erläuterte Sebastján. »Sie gehen freiwillig in den Tod.«
    »Was

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