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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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denn heute?«
    »Nein, es ist wegen der Morde, ich muss mit Jeanneaux sprechen.«
    »Gibt's was Neues?«
    »Ich darf nicht darüber reden, verstehst du, entschuldige …«
    »Ja, ja, ist doch klar. Also, dann bis morgen.«
    »Bis morgen! Und noch mal danke!«
    »Nicht der Rede wert, wir Männer müssen doch zusammenhalten, was?«
    Die Tür schloss sich vor dem breiten Lächeln des kleinen Mannes.
    »Wir Männer müssen doch zusammenhalten.« Diese Bemerkung ging Marcel durch den Kopf. Er hätte ihm gerne einen ähnlichen Dienst erwiesen, aber seit er ihn kannte, hatte er ihn nie mit einem Mädchen gesehen. Man hätte meinen können, er hätte ein Problem mit Frauen. Allerdings sah er mit seiner Sonnenbrille und seinem hageren Gesicht auch nicht eben anziehend aus. Eine eigenartige Idee, übrigens, am helllichten Tag in einem dunklen Zimmer eine Sonnenbrille zu tragen . Marcel war am Revier angekommen und grüßte den Wachposten.
    »Ist Jeanneaux da?«
    »Oh! Marcellino! Machst du Überstunden oder was? Ja, er ist da.«
    Kaum hatte sich die Tür geschlossen, war das Lächeln des kleinen Mannes erloschen. Ein Nerv ließ seine Wange zucken, und Schweiß rann ihm die Schläfen hinunter. Er ging ins Badezimmer, das mit nackten Mädchen tapeziert war, um sich Wasser ins Gesicht zu spritzen. Sein Spiegelbild über dem Waschbecken war bleich. Er stellte fest, dass er vergessen hatte, seine Sonnenbrille abzunehmen. Er gefiel sich so, mit dem metallisch glänzenden Balken quer über dem Gesicht - wie der Widerschein einer Messerklinge.
    »Mon Capitaine?«
    »Kommen Sie rein, Blanc.«
    »Entschuldigen Sie die Störung, aber ich muss mit Ihnen sprechen …«
    »Das tun Sie doch schon, oder?«
    Jean-Jean zündete sich eine Zigarette an, setzte sich auf die Schreibtischkante und fixierte Marcel übel gelaunt.
    »Es ist wegen der Morde. Und dem Kind in der Röhre …«
    »Der Sohn Ihrer … Freundin?«, bemerkte Jean-Jean mit verächtlicher Miene.
    »Freundin oder nicht, man hat wirklich versucht, das Kind umzubringen«, fuhr Marcel unerschüttert fort, »dessen bin ich mir ganz sicher, und ich bin auch sicher, dass es unser Verrückter war.«
    »Ich bewundere Ihre Sicherheit, Blanc. Was soll ich denn auf meinem nächsten Lottoschein ankreuzen?«
    »Das Kind hat die Automarke seines Angreifers erkannt. Ein marineblauer Renault Express.«
    Jean-Jean erhob sich und streckte sich, Schmerzen in den Lendenwirbeln, zu viel Anspannung.
    »Hören Sie, Blanc, Sie sind nicht mit den Morden betraut, sondern mit dem Verkehr, nicht wahr? Ich werde mich um den Express kümmern, aber wenn Sie mich meine Zeit mit Blödsinn vergeuden lassen, versetze ich Sie in irgendein Dorf, in dem es mindestens dreihundert Tage pro Jahr regnet!«
    Marcel bedankte sich, grüßte und ging. Das Erste, was er als frisch gebackener Lieutenant tun würde, wäre, Jean-Jean eine reinhauen. Durch diesen Gedanken getröstet, machte er sich gut gelaunt auf den Weg nach Hause. Madeleine erwartete ihn, das Essen war fertig, die Kinder brüllten.

KAPITEL 10
    Gepeinigt von Albträumen mit zerstückelten, entstellten Körpern, die unvermutet hinter ihm auftauchten, hatte Jean-Jean fast die ganze Nacht kein Auge zugetan. Die Besessenheit des Mörders, in seinem Bezirk zu agieren, brachte ihn noch mehr auf als die Grausamkeit der Verbrechen. Nach dem Beispiel der Kopfjäger, die er bewunderte, jagte Jean-Jean Verbrecher, ein hartnäckiger, unnachgiebiger Polizist, doch die Beweggründe derer, die er verfolgte, waren nicht sein Hauptinteresse.
    Sobald er auf dem Revier war, hatte er Ramirez und Costello kommen lassen und ihnen präzise Aufgaben zugeteilt -eigentlich eher, um sich zu beschäftigen, als aus Überzeugung, denn im Augenblick war seine einzige Überzeugung, dass er im Dunkeln tappte. Bei der Aussicht, nicht in Urlaub fahren zu können, platzte ihm plötzlich der Kragen:
    »Ramirez, du gehst zur Zulassungsstelle und lässt dir von dem Computertypen die Namen aller Fahrzeughalter nennen, die einen marineblauen Express haben, der mehr als drei Jahre alt ist. Costello, hast du Erkundigungen über Martin eingezogen?«
    »Martin hat nie in einem Labor gearbeitet. Ehe er im Tierheim angestellt wurde, war er im Schlachthaus tätig.«
    »Er schien ja eine wahre Berufung zu haben. Gut, mach mir die Kerle ausfindig, die auf deiner Liste aus dem Labor stehen, alle, die rausgeflogen sind und noch in der Gegend wohnen. Sieh auch beim Finanzamt nach. Dann legt ihr mir die Ergebnisse

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